Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
hat doch Pedros Sohn als Geisel! Glaubt er, sich nicht länger an sein Wort halten zu müssen? Nun, eines steht für mich fest: Ich reite nicht wieder nach Zaragoza!“
„Beruhige dich, Sancha!“, Roç fasste sie ungewohnt sanft beim Arm. „Wir sind gerüstet. Vermutlich ist alles so schnell vorbei wie beim letzten Mal. Vierzig Tore, starke Mauern und tapfere Herzen in großer Zahl! Was ist dem schon entgegenzusetzen? Dennoch ist es zu gefährlich für euch Frauen. Der treue Miraval hat uns abermals gewarnt. Er schreibt, Montfort hätte sich eine neue Taktik ausgedacht, um uns zu zermürben. Eine rasche Abfolge von Angriffen. Ich habe mich vor meinem Ritt hierher mit Vater besprochen. Er bietet dir und deinen Damen als Zufluchtsort die abgelegene Burg Servian an. Die dortige Kastellanin ist Toulouse ergeben und es besteht kaum Gefahr, dass Montforts Horden an ihrer Burg vorüberziehen.“
In Sanchas Kopf überschlugen sich die Gedanken.
„Servian? Wo liegt denn diese Burg?“
„Im Osten von Béziers, auf dem halben Weg nach Montpellier.“
Sancha merkte auf. „Nun, wenn es denn sein muss, reiten wir eben dorthin. Aber ich bedinge mir Hagelstein und die beiden Knappen aus.“
„Die Knappen?“ Roç zog die Brauen hoch. "Aber nein, das geht nicht!"
„Weshalb denn nicht? Sie sind noch lange nicht kampferprobt. Und vielleicht ergibt sich die Gelegenheit, nach diesem Tor zu suchen. Es muss in Montpellier sein, sagt der Junge.“
Roç stutzte. Dann setzte er sich, verschmutzt wie er war, aufs Bett und starrte eine ganze Weile durch Sancha hindurch.
„Findet ... mein Vorschlag keine Zustimmung?“
„Ja. Nein. Doch, natürlich. An das Tor hab ich nicht gedacht, denn ...“ Er rieb sich das rechte Ohrläppchen. „Also, da gibt es noch etwas zu besprechen. Ich muss dich um einen Gefallen ersuchen, liebe Sancha. Es handelt sich um einen persönlichen Dienst, und ich hoffe, dass du mir deswegen nicht deine Gunst entziehst. Ich“, er stand auf und reichte ihr feierlich die Hand, „nun, ich verspreche dir, für immer und ewig der Deine zu sein!"
Sanchas Herz begann schneller zu klopfen. „Für immer der Meine?“, fragte sie spöttisch. „Bist du das als mein Gemahl denn nicht?“
Roçs Mund war ein dünner Strich. Er errötete bis unter die Haarspitzen, wich ihrem Blick aus.
Sancha war verblüfft. So hatte sie ihn bisher noch nicht erlebt. "Du hast keine Antwort auf meine Frage?“
„Doch!“ So schnell die Verlegenheit gekommen war, so rasch war sie vorüber. „In Anbetracht der Gefahr, in der sich Toulouse erneut befindet“, sagte er wie auswendig gelernt, „sollten wir uns das Leben nicht unnötig schwer machen. Ich achte Euch, aber ich werde mich nicht vor Euch erniedrigen, Sancha. Andererseits würde ich Euch in dieser heiklen Angelegenheit, die mich beschäftigt, nur ungern einen Befehl erteilen.“
Die heikle Angelegenheit? Mit einem Mal wusste Sancha, was los war. „So rede nicht länger um den heißen Brei herum. Geht es um Rosaire?“
„Du weißt von ihrem ... Zustand?“
Sancha nickte. Nur einmal und ganz kurz.
„Dann nimm sie mit dir, Sancha. Bitte! Sie könnte in einer der Pferdesänften deiner Schwester reisen. Mein Vater und Balthus ... nun, sie haben schriftlich festgelegt, dass Rosaire bei der Kastellanin niederkommen und dort auch bleiben soll. Aber nun drängt die Zeit ...“
In Sancha hingegen drängte alles, gegen Roçs Bitte aufzubegehren. Was mutete man ihr da zu? Sie, die Gräfin von Toulouse, sollte seine Hure und ihr ungeborenes Balg in Sicherheit bringen? Bei Gott, war die Welt denn auf den Kopf gestellt?
Sancha bemühte sich um Haltung. Gott erhöht den, der Güte zeigt, aber der Hochmut wird gebeugt , lief es Hagelstein oft über die Lippen. Aber so einfach war die Sache auch mit Gott nicht.
Sie hob den Kopf. „Ich werde deiner Bitte nachkommen, ohne Klage, ohne Vorwurf. Auch Rosaire wird keinen Grund zur Beschwerde haben, das verspreche ich dir. Doch du, Ro ç , vergiss diesen Tag und diese Stunde nicht! Niemals! Denn es könnte sein, dass ich dich irgendwann ebenfalls um einen großen Gefallen ersuche.“
Sie beobachtete wie Roç ebenfalls knapp den Kopf senkte. Konnte sie das als Zusicherung verstehen?
Als er ihr abermals die Hand reichte, lag ein triumphierendes Lächeln auf seinem schönen Mund. Er nahm sie in die Arme und zog sie fest an sich. „Einen besseren Freund als dich hätte ich auf der ganzen Welt nicht finden können“, stieß er hervor,
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