Sanctus Satanas - Das 5. Gebot: Thriller (German Edition)
menschliche Schatten, der
links neben ihr aufgetaucht war, rief sie in die Realität zurück. Der
Computerbildschirm vor ihr auf ihrem Schreibtisch materialisierte sich. Regen
prasselte gegen das Fenster zu ihrer Rechten.
»Du siehst beschissen aus, Lena.«
Worte aus dem Mund ihres Kollegen Kommissar Peter
Stolberg, der neben ihr stand und auf sie hinabblickte, vierundvierzig Jahre
alt, groß, schlank, kurzes dunkles Haar, glücklich verheiratet, zwei Kinder.
Wie er sich trotz der harten Arbeit in der Mordkommission des Berliner
Landeskriminalamtes sein sonniges Gemüt hatte bewahren können, war ihr ein
Rätsel.
Peters breites Lächeln, das hinsichtlich der
Akkuratheit und dem Weiß seiner Zähne den Idealstatus für jede Zahnpastawerbung
erfüllte, entlockte ihr nur ein müdes »So?«
»Du solltest mal Urlaub machen, Lena. Das predige ich
dir doch schon seit Wochen. Im Moment ist es hier doch ruhig. Seit Tagen kein
Mord.« Peters Blick fiel auf den Artikel über den Mord in Rom auf Lenas
Computerbildschirm. »Davon hab' ich gelesen.« Er zuckte mit den Schultern.
»Irgendein Irrer, sage ich. Nicht unser Problem.«
Möglich, dachte Lena. »Vielleicht hast du recht«, sagte sie laut. »Urlaub.« Sie seufzte.
»Würde mir guttun.«
Peter lächelte nicht, als er sich auf seinen Bürostuhl
an den Schreibtisch gegenüber von ihr setzte. »Natürlich. Die beste Art,
Beziehungsstress abzubauen.«
Lenas Miene verdüsterte sich. Sie klickte den Artikel
über den Mord in Rom weg. »Das ist vorbei. Marc ist ausgezogen.«
»Jetzt behaupte bloß nicht, du wärst drüber hinweg.
Dein Blick, als ich reinkam, sagte alles.«
»Das hatte nichts damit zu tun.«
Peter lächelte wieder. »Natürlich nicht. Take ist
easy, Baby. Du bist noch jung. Kaum über dreißig, oder? Und bei deinem Äußeren
kannst du 'ne Menge haben.«
Lena beurteilte ihr Aussehen eher durchschnittlich,
1,75 Meter groß, schlank, dunkelblondes schulterlanges Haar, blaue Augen,
nichts, was sie beeindruckte, wenn sie in den Spiegel sah. Sie stand auf. Peter
meinte es gut, aber sein Gequatsche nervte. Dennoch zwang sie sich zu einem
Lächeln. »Mal sehen, was der Chef zu ein paar Tagen Urlaub sagt.«
»So beschissen, wie du aussiehst, wundert es mich,
dass er dir den nicht schon längst verordnet hat.«
»Danke.«
»Du weißt, wie ich das meine.«
»Warum suche ich mir eigentlich immer die falschen
Männer aus, Peter. Ich mein, sieh dich an. Du trägst deine Frau auf Händen,
bist ein toller Papa …«
»Das solltest du mal Ilona sagen. Die sieht das ganz
anders. Ich arbeite zu viel, kümmere mich zu wenig um die Kinder und um sie
natürlich.«
»Sie wusste, dass sie einen Polizisten heiratet.«
»Deswegen erträgt sie es ja auch.«
Lena ging aus dem Büro in den Flur. Draußen fielen die
letzten Tropfen Regen. Eines der Fenster stand offen und sie schloss es.
Der Mord auf der Engelsbrücke in Rom, das Rosenkreuz,
das bei der Leiche gefunden worden war. Eigentlich hatte sie damit nichts zu
tun. Eigentlich. Aber ihr Gefühl und ihr Herz sagten etwas anderes.
Was war an dem goldenen Kreuz, auf dessen Schnittpunkt
eine Rose abgebildet war, schon so besonders? Wahrscheinlicher, dass sie einem
Hirngespenst hinterherjagte, als dass an der Sache etwas dran war. Und dennoch
würde sie jetzt etwas tun, das sie schon seit Jahren hatte tun wollen, etwas,
das sie in sich verbarrikadiert hatte, als sei es etwas Verderbtes. Hilf
mir, Lena! Diese Stimme war nur in ihrem Schädel, aber sie ließ sich nicht
löschen, seit Jahren.
Alice blickte von ihrem Schreibtisch zu ihr auf,
als Lena das Vorzimmer ihres Chefs betrat. Alices Mund zeigte ein Lächeln, doch
in ihren Augen stand Besorgnis. »Ist dir nicht gut, Lena? Du bist so blass.«
»Ja, schon gut. Kannst du mir sagen, wie viele
Überstunden ich habe, die ich noch abbauen kann?«
5
»Tun
Sie, was ich sage. Sonst stirbt sie«, sagte währenddessen ein anonymer Anrufer
im Vatikan in Rom zu Kardinal Paul Simon Martinez.
Der Mann am Telefon sprach mit verstellter Stimme. Der
Anruf in seiner Kardinalswohnung in der Via di Porta Angelica unweit des
Petersplatzes überraschte Kardinal Martinez so sehr, dass er zu fragen vergaß,
wer sterben würde. Stattdessen setzt er sich auf einen der mit rotem Samt
bezogenen Stühle in seinem Esszimmer, als ihm die Knie weich wurden.
»Wer sind Sie?« Er schluckte.
»Hören Sie einfach zu. Sonst stirbt Ihre Tochter.«
»Meine Tochter?« Martinez' schwaches krankes Herz
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