Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sarahs Moerder

Sarahs Moerder

Titel: Sarahs Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Longo
Vom Netzwerk:
das?«
    »Hat er mir nicht verraten.«
    »Na gut, schauen wir mal. Und auf den anderen Stockwerken?«
    »Weiß nicht so genau, der Pförtner ist in Urlaub. Insgesamt sind es aber acht Wohnungen, mit der vom Pförtner im Erdgeschoss. Cipriani versucht, eine Liste von allen zu machen, die hier wohnen, wer hier war, als wir gekommen sind, wer nicht da war und wer verreist ist.«
    »Sehr gut. Wohin kommt man durch den Bogen da hinter dem Brunnen?«
    »In einen kleinen Innengarten, der keinen Ausgang zur Straße hat. Und dann noch was, Commissario.«
    »Schieß los.«
    »Als ich kam, war die Haustür angelehnt. Mir ist aufgefallen, dass sie kaputt ist, von alleine geht die nicht zu, man muss richtig drücken.«
    Er nickte und dachte eine Weile nach. Dann ging er zu der Leiche, beugte sich über sie und schaute sie einen Moment lang an.
    »Sie hat eine Wunde auf der Stirn. Ich glaub, die stammt von dem Eisenrohr da neben der Treppe.«
    Der Commissario nahm ein Taschentuch und hob damit den Kopf von dem Mädchen an, um es zu betrachten.
    »Hast du sie wieder so hingelegt wie vorher?«
    »Klar, genau so.«
    »Und hast du ein Taschentuch benutzt?«
    Ich kam mir wie ein Idiot vor.
    »Hab nicht dran gedacht.«
    Der Commissario seufzte, sagte aber nichts. Er ging zur Treppe und nahm mit dem Taschentuch das Eisenrohr. Als er es hochhob, sah ich, dass es schwarz war. Ich ging zum Brunnen, und auch die, die dort drin lagen, waren voll mit schwarzem Staub.
    »Auf ihren Händen und auf den Rohren hier ist auch dieser schwarze Staub.«
    Er antwortete nicht, das hatte er bestimmt längst gesehen. Er legte das Rohr zurück und ging zur Wand, dorthin, wo die Treppe begann. Erst mal verstand ich nicht, was er da wollte, dann entdeckte ich die beiden Handabdrücke an der Wand. Man sah deutlich, dass die auch schwarz waren.
    Der Commissario war ganz damit beschäftigt, herauszufinden, was passiert war. Er starrte auf die Abdrücke an der Wand, das schwarze Eisenrohr, auf die Treppe und dann zu Sarah. Deshalb erschrak ich, als er fragte:
    »Ist das die Erste, die du siehst?«
    Ich dachte, ich hätte mir nichts anmerken lassen, aber ihm war es wohl doch aufgefallen. Trotzdem wollte ich es nicht zeigen.
    »Nee, auf keinen Fall. Mein Vater, mein Opa, ein paar Tanten.«
    Dann konnte ich nicht mehr und sagte leise:
    »Nicht so jung.«
    »Man gewöhnt sich dran.«
    Das kam hart, wie ein Befehl.
    Ich nickte und versuchte, ruhig zu bleiben.
    »Wer hat sie umgebracht, Commissario?«
    Dämliche Frage, dachte ich.
    Er antwortete nicht.
    Einen Augenblick später hörte man von oben eine Männerstimme, heiser vom Rauchen.
    »Ich glaube, ich weiß, wer es war.«
    Wir schauten nach oben, und auf dem Treppenabsatz der ersten Etage stand der Lehrer, der nicht mit mir, sondern nur mit dem Einsatzleiter sprechen wollte. In Shorts und Polo, Zigarre im Mund.
    »Das ist der Lehrer«, sagte ich leise.
    »Kommen Sie, Commissario, kommen Sie, ich habe eine Aussage zu machen.«
    Lächelnd zog er an seiner Zigarre und wartete, dass wir hochkamen.

4.
    Von der Wohnungstür kam man gleich in ein großes Wohnzimmer. Erst mal fiel mir der Zigarrengestank auf und dann das irre Chaos.
    Der Fernseher lief, ein Film über Krokodile. Ziemlich laut, und der Commissario fragte, ob er leiser stellen könnte. Mit der Fernbedienung schaltete der Lehrer den Ton ab. Vor dem Fernseher standen ein Sofa und ein niedriges Tischchen. Darauf ein Glas, ein Teller mit Nüssen und eine halbvolle Flasche Wein. Auf einem anderen Tisch ein Haufen Zeitungsausschnitte, auf jedem stand was mit Kuli geschrieben. Aber so klein, dass man zum Lesen eine Lupe gebraucht hätte. Dann links an der gesamten Wand ein Bücherregal aus Holz, in dem ein Teil der Bücher normal stand und andere kreuz und quer gestapelt waren. Dahinter eine geschlossene Tür. Rechts die Kochecke mit dreckigen Tellern in der Spüle und auf der Marmorplatte eine Pfanne, in der Pastasauce klebte. Dann noch ein offenes Fenster zur Straße hin.
    Der Commissario hustete, weil ihn der Rauch störte. Der Lehrer raffte das und machte die Zigarre aus. Er war vielleicht fünfzig Jahre alt. Ein wenig größer als normal, schwer, aber nicht fett, als würde er Sport machen, die Haare kurz geschoren, ein gepflegter Kinnbart. Er lächelte unentwegt, aber es war ein komisches Lächeln, künstlich. Mit den Augen stimmte auch was nicht, aber vielleicht bildete ich mir das nur ein, weil er mir unsympathisch war.
    Nachdem er die Zigarre weggelegt

Weitere Kostenlose Bücher