Sautanz (German Edition)
kürzester Zeit zog sie alleine los und ließ sich von fremden Männern einladen. Oft kehrte sie erst am Morgen nach Hause zurück, als Lupo längst wieder zur Arbeit war.«
»Oh Mann. Und wie hat er das aufgenommen?«
»Stoisch. Ich denke, es war ihm bald klar, dass diese Frau sich selbst am meisten liebte und an zweiter Stelle Geld und Tand. Da sie dies mit Lupo nicht erreichen konnte, kam es, wie es kommen musste. Sie lernte einen reichen Schnösel kennen, der ihr das Blaue vom Himmel versprach. Da ließ sie Lupo sitzen. Eines Abends, als er heimkam, stand sein Zeug vor der Tür, und das Schloss war ausgewechselt. Zu guter Letzt hatte sie noch den Nerv, bei der Scheidung Unterhalt zu verlangen. Aber da ist Lupo dann endlich aufgewacht und hat ihr geraten, entweder arbeiten zu gehen oder sich einen anderen Trottel zu suchen, der sie aushält.«
»Da bin ich ja gut davongekommen. Ich war nie verheiratet.«
Hilde grinste. »Nicht alle sind so schrecklich. Ich kenn etliche Paare, die, so wie Peter und ich, seit vielen Jahren verheiratet sind und durchaus gut miteinander auskommen. Aber Lupo und Angie haben wirklich überhaupt nicht zueinander gepasst.«
Sie schwiegen eine Weile und genossen das sanfte Auf und Ab des Schiffes. Dann wandte Hilde sich Dorli zu. »Warum hast du nie geheiratet? Oder ist die Frage zu indiskret?«
»Nein, ist sie nicht. Ich hatte als junges Mädchen einen Freund. Die große Liebe. Wir hatten ein absolut inniges Verhältnis. Doch dann ist Daniel kurz vor der geplanten Hochzeit gestorben. Eine Gehirnblutung aus heiterem Himmel. Er wurde zwar noch notoperiert, aber ein paar Tage drauf ist er gestorben, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Jahrelang hab ich mich dann zurückgezogen und war voll Hass auf Gott und die Welt. Später, als ich langsam wieder begann, am Leben teilzunehmen, waren alle halbwegs passablen Männer vergeben. Also bin ich halt allein geblieben. Ich hab damit nie ein Problem gehabt.«
»Auch eine schlimme Geschichte.« Hilde griff über das Deck, nahm Dorlis Hand und drückte sie. »Aber vielleicht gibt es irgendwann ein Happy End.«
»Wer weiß?« Dorli wälzte sich auf den Bauch. »Schau mal, da drüben schält sich schon das andere Ufer aus dem Dunst.«
»Siehst du den einzelnen Baum? Bei dem werden wir unser Nachtlager aufschlagen. Dort ist eine sanfte Bucht im Schilf, da ist es sicher. Damit wir nicht Angst haben müssen, dass uns nächtens ein Besoffener über den Haufen fährt.«
Als sie den Platz erreichten, zeigte Hilde Dorli, wie man das Tau an den dafür vorgesehenen Klampen belegte , dann warf Peter den Anker in hohem Bogen ins Wasser, während Hilde und Dorli die lose im Wind flatternden Segel bargen.
»Gute Mannschaft, ihr zwei da vorne!«, rief Peter. Und zu Lupo gewandt: »Sei so lieb und hol die Zeisinge aus dem Schwalbennest .«
Lupo starrte ihn an, als sei er ein grünes Marsmännchen.
»Na hopp auf, oder willst du gar nix tun?«
»Äh – was sind bitte die Schwalben im Zweigennest?«
»Lupinski, die bist doch früher schon mit mir segeln gewesen. Hast dein Hirn mit ausgekotzt? Die Zeisinge sind die Gummischnürln mit den Holzkugeln dran zum Auftuchen der Segel am Baum . Und die Schwalbennester sind die Staufächer in Sichthöhe. Die Zeiserln sind auf der rechten Seite, erstes Fach!«
»Und warum kannst dann net Deutsch mit mir reden?«, grantelte Lupo. Er schwankte über die kurze Treppe ins Schiffsinnere. Immerhin brachte er die gewünschten »Zeisinge« mit.
»Da hast deine Vogerln, du feiner Pinkel. Früher hast des Segel einfach mit a paar Schnürln festbunden. So viel zum ›Hirn auskotzt‹.« Er reichte Peter die Gummistropper. »Ihr Segler seid’s genauso deppat wie die Jäger und Fischer. Braucht’s unbedingt jeder a eigene Sprach! Bei dir halt Seglerlatein.«
»Geh komm, du Grantscherm , beruhig di. I häng am Heck die Badeleiter rein.« Peter zog die Leiter aus einer der Backkisten . »Badetag eröffnet!«
Dann prüfte er noch, ob der Anker hielt, und stieg in den Bauch des Bootes, um sich die Badehose anzuziehen.
Dorli und Hilde, die schon in Badekleidung waren, köpfelten umgehend ins Wasser.
»Ma, herrlich! Komm rein, Lupo. Dann stehst du auf solidem Grund. Da wird dir gleich besser.«
»I hab nix!«, maulte er. Es musste seiner gekränkten Männlichkeit richtig wehtun, dass er nicht, wie geplant, den starken Kerl markieren konnte. Doch vermutlich war es mit seiner Mannesehre auch nicht vereinbar, dass er
Weitere Kostenlose Bücher