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Sayers, Dorothy L. - Wimsey 14 - Feuerwerk

Sayers, Dorothy L. - Wimsey 14 - Feuerwerk

Titel: Sayers, Dorothy L. - Wimsey 14 - Feuerwerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L Sayers
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abzugeben: »besondere Idiosynkrasie«, Zeitnot und so weiter. Er mußte diese Erklärung geben oder sich der Nachlässigkeit bezichtigen.
    Niemand konnte nachweisen, daß der Teller bewegt worden war. Walter nicht und der Doktor nicht. Ebensowenig ließ es sich nachweisen, daß er, Scales, es gesehen hatte. Die Annahme, daß er, der durch Drurys Tod so viel verlor, es gesehen und geschwiegen haben könnte, war phantastisch. Es gibt Dinge, die selbst die Vorstellungskraft eines Coroners und das Glaubensvermögen einer Totenschaukommission übersteigen.

Die Moschuskatze
    Es ist wirklich anständig von Ihnen, mich hier aufzusuchen, Harringay. Glauben Sie mir, ich rechne Ihnen das hoch an. Nicht jeder vielbeschäftigte Anwalt würde sich so viel Mühe um einen so hoffnungslosen Klienten machen. Ich wünschte nur, ich könnte Ihnen eine Geschichte erzählen, mit der sich etwas anfangen ließe, aber, offen gestanden, kann ich Ihnen nur das sagen, was Peabody bereits von mir gehört hat. Ich weiß natürlich, daß er kein Wort davon glaubt, und nehme es ihm nicht übel. Er ist der Ansicht, daß ich eine glaubwürdigere Geschichte erfinden könnte – und damit hat er wahrscheinlich recht, aber was hat das für einen Zweck? Man fällt doch irgendwo herein, wenn man sich in Lügen verstrickt. Was ich Ihnen jetzt sage, ist die absolute Wahrheit. Ich habe einen einzigen Schuß abgefeuert, und nur diesen einen. Und zwar auf die Katze. Komisch, daß man gehängt werden soll, weil man auf eine Katze geschossen hat.
    Merridew und ich waren stets die besten Freunde, schon auf der Schule und der Universität. Nach dem Kriege sahen wir nicht viel voneinander, weil wir in entgegengesetzten Teilen des Landes wohnten. Aber wir trafen uns von Zeit zu Zeit in London und schrieben uns gelegentlich; jeder von uns wußte, daß der andere sozusagen im Hintergrund existierte. Vor zwei Jahren schrieb er mir, daß er sich verheiraten würde. Er war gerade vierzig geworden, und das Mädchen war fünfzehn Jahre jünger, und er war maßlos in sie verliebt. Es versetzte mir einen ziemlichen Stoß – Sie wissen ja, wie es ist, wenn Ihre Freunde heiraten. Man hat das Gefühl, daß sie niemals wieder die alten sein werden, und ich hatte mich an den Gedanken gewöhnt, daß Merridew und ich geborene Junggesellen seien. Aber ich gratulierte ihm natürlich, schickte ihm ein Hochzeitsgeschenk und hoffte aufrichtig, daß er glücklich werden würde. Er war offenbar bis über beide Ohren verliebt – gefährlich verliebt –, obwohl es, abgesehen von dem Altersunterschied, anscheinend eine ganz passende Partie war. Er hatte sie ausgerechnet bei der Gartengesellschaft eines Pfarrers in Norfolk kennengelernt, und sie war noch nie aus ihrem Heimatdorf herausgekommen, nicht einmal eine Fahrt in die nächste Stadt. Ihr Vater war ein merkwürdiger Einsiedler – ein Kenner des Mittelalters oder so etwas Ähnliches – schrecklich arm. Er starb kurz nach ihrer Heirat.
    Während des ersten Jahres nach der Hochzeit sah ich nichts von ihnen, Merridew ist nämlich Ingenieur, und er nahm seine Frau nach den Flitterwochen mit nach Liverpool, wo er am Hafen zu tun hatte. Es muß für sie eine große Veränderung gewesen sein nach der Einöde von Norfolk. Ich war damals in Birmingham und steckte bis über die Ohren in Arbeit. Wir tauschten daher nur gelegentliche Briefe aus. Seine Briefe kann ich nur als wahnsinnig glücklich bezeichnen, besonders zuerst. Später schien er sich um die Gesundheit seiner Frau zu sorgen. Sie war ruhelos; das Leben in der Stadt bekam ihr nicht; er war froh, als er seinen Job in Liverpool aufgeben und mit ihr auf dem Lande leben konnte. Wohlverstanden, an ihrem Glück war nicht zu zweifeln. Er war ihr mit Leib und Seele zugetan und sie ihm ebenfalls, soweit ich feststellen konnte. Das möchte ich deutlich hervorheben.
    Kurz und gut, Merridew schrieb mir zu Anfang des vorigen Monats und teilte mir mit, daß er eine neue Arbeit in Somerset angenommen habe. Er fragte an, ob ich mich nicht freimachen und einige Wochen mit ihnen zusammen verbringen könne. Sie hätten Zimmer im Gasthaus des Dorfes. Es sei ein ziemlich abgelegener Flecken, aber landschaftlich reizvoll und ein Anglerparadies, und ich könne Felicitas Gesellschaft leisten, während er am Damm arbeite. Ich hatte damals gerade genug von Birmingham und der Hitze, und der Vorschlag erschien mir verlokkend. Außerdem standen mir Ferien zu. Also ging ich darauf ein. Ich hatte erst noch

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