Schach Mit Einem Vampir
Räumlichkeiten der Polizei gewesen, allein schon, um seine Bekannte dort nicht in Schwierigkeiten zu bringen. Aber das FBI hatte bei Rays Leiche sicher keine solche Akte gefunden. Denn sonst hätte man ihn garantiert darauf angesprochen. War die Mappe also mit ihm verbrannt? Oder hatte der Mörder sie an sich genommen? Steve Fraizer sah wieder auf das Schachbrett und nahm die Visitenkarte auf. Dann las er sie. Es handelte sich um die Karte eines Billardklubs in Harlem. Das zweifelhafte Etablissement hieß: 3 B, Ben Blacks Billardbar. 135 Straße, Harlem . Soweit Fraizer wusste, trieb sich Phelps nie in Harlem herum. Und mit Billard konnte er auch nichts anfangen. Ray hatte in Chelsea und in der West Side seine Freunde gehabt und verbrachte deshalb seine meiste Freizeit dort. Und Ray liebte Baseball und Bowling. Also war die Karte doch ein Hinweis auf den rätselhaften Schachspieler ? Wie auch immer Phelps an diese Information, an diese Visitenkarte, gelangt war, Steve Fraizer würde der Spur nachgehen. Doch zuerst musste er von seinem Partner Abschied nehmen. Er würde in das städtische Leichenschauhaus fahren und seinen Freund Dr. Lewis Goldstein darum bitten, Rays Leichnam sehen zu dürfen. Es würde mit Sicherheit nicht leicht werden, seinen Kumpel Ray entstellt und verbrannt vor sich zu sehen. Doch für Fraizer war es ein wichtiger Teil, seine Trauer in den Griff zu bekommen. Er musste den Toten mit eigenen Augen betrachten, um an dessen Ableben glauben zu können. Außerdem wollte er sich endgültig von seinem Freund verabschieden.
***
Steve Fraizer hatte von seinem langjährigen Freund Doktor Lewis Goldstein einen Arztkittel bekommen, den er sich sogleich überzog. Gemeinsam betraten sie nun den Sektionsraum des gerichtsmedizinischen Instituts von New York.
„Wir müssen sehr vorsichtig sein, Steve. Wenn uns jemand dabei sieht, wie ich dir den noch nicht freigegebenen Leichnam während der laufenden Ermittlungen zeige, und uns dann beim FBI verpfeift, kommen wir in Teufelsküche. Deswegen der Kittel für dich. So wird man dich wenigstens von Weitem für einen Mitarbeiter des Instituts halten.“ Nervös fuhr die Hand des Rechtsmediziners über seinen grauen Kinnbart. Die Edelstahltür schloss sich automatisch hinter den beiden Männern. Der Raum war, bis auf zwei abgedeckte Leichen, leer. „Es ist gerade Mittagszeit. Wir sollten uns beeilen, bevor die Angestellten aus ihrer Pause zurückkehren“, klärte der Mediziner seinen Gast auf und drängte zur Eile. Fraizer nickte nur kurz. Gedankenverloren blickte er auf den mit einem weißen Tuch abgedeckten Toten, der ihnen am nächsten war. Lag dort sein Freund oder vielmehr dessen sterbliche Überreste? Seine Vermutung sollte sich als richtig herausstellen. Goldstein steuerte zielstrebig auf den Sektionstisch mit dem ersten Leichnam zu. Neben dem Tisch nahm der Doktor aus einer Box zwei paar Gummihandschuhe heraus. Eines reichte er Fraizer. Doch dieser lehnte ab. „Und du bist dir ganz sicher, dass du dir den Anblick zumuten willst, Steve? Er war immerhin dein bester Freund. Ich bin kein Psychologe, aber der Anblick könnte bei dir Spuren hinterlassen …“ Einen Moment lang überlegte der Detektiv, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte, hierherzukommen. Der Doc hatte wahrscheinlich mit seiner Fürsorge recht, es würde kein Zuckerschlecken werden. Aber schließlich war er sich sicher.
„Ich muss diesen Schritt gehen, auch wenn es mir sehr schwerfällt, Doc. Nur so kann ich mich vielleicht in meinen Gegner hineinversetzen, ihn verstehen lernen. Wie geht er bei seinen Morden vor? Worauf legt er beim Töten Wert? Was geht in seinem Kopf vor sich, während er mordet? Diese Antworten können mir bloße Fotos von den Opfern nicht geben, das weißt du am besten, Doc. Aber ich will, ich muss dieses Schwein verstehen. Das Erfahren, was ihn antreibt, seine Verbrechen auszuüben. Nur so kann ich ihn schnappen. Und dadurch, dass ich Rays Leiche ansehe, kann er mir eventuell noch dabei helfen, diesen Killer zu fassen. Nämlich dann, wenn ich durch die Betrachtung seines Körpers neue Erkenntnisse über den Verbrecher erlange. Sein Tod soll nicht umsonst gewesen sein!“ Fraizer machte eine kurze Pause. Nachdenklich starrte er vor sich ins Leere. „Ich kann es immer noch nicht richtig glauben. Unter diesem Tuch soll mein Freund Ray liegen? Nur wenn ich seinen Leichnam mit eigenen Augen sehe, begreife ich den endgültigen Verlust …“ Goldstein zögerte
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