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Schängels Schatten

Titel: Schängels Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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hinein. Die Wellen schlagen in regelmäßigem Abstand dagegen, bringen die Zweige zum Schwingen. Ganz leicht nur, aber sie verdecken immer wieder das schwarze Denkmal, das der alte Mann im Visier hat.
    Er legt vorsichtig die Fliegerfaust auf den Kies und zieht den Mantel aus. Er reckt sich und streicht den Stoff der dunkelgrünen Uniform glatt. Die polierten Knöpfe glänzen in der Sonne. Jetzt fühlt er sich freier. Er bückt sich und hebt die Waffe an. Entschlossen geht er ein paar Schritte ins Wasser. Wieder blickt er durch das Visier. Jetzt ist die Bahn zu dem schwarzen Schattenriss frei.
    Das Standbild scheint zu schwanken. Manchmal gerät es aus dem Blickfeld. Wie hat er es nur geschafft, diesen verdammten Kran zu treffen?
    Der alte Mann hält den Atem an, um seine Hand ruhig zu bekommen.
    Er sieht Bewegungen unter dem Denkmal. Da laufen Menschen herum. Zu hören ist nichts, nur das reibende Geräusch der kleinen Wellen, die auf den Kies treffen.
    Doch dann mischt sich etwas anderes dazwischen. Ein Motor nähert sich. Jemand ruft.
    Der alte Mann erschrickt. Er will die Waffe noch einmal senken. Da bemerkt er, dass er den Abzug durchgezogen hat. Hinten in dem Rohr regt sich etwas. Wieder schreit jemand. Und mit ungeheurer Wucht fliegt die Rakete davon. Gestank breitet sich aus. Die Sonne wird plötzlich schwarz.
    »Jetzt haben wir sie am Arsch, First Lieutenant«, sagt der alte Mann. »Schöne Grüße von General Patton.«
    Der Reiter ist unten.
    Touch down.
    Gut gemacht, Nair.
    *
    Was sollte er tun? Den Touristen, die sich um ihn herumdrängelten, erklären, jeden Moment könne eine Rakete in das Denkmal einschlagen? In welcher Sprache sollte er überhaupt sprechen? Da waren Japaner, Franzosen, Holländer, Engländer, Amerikaner und wer weiß was noch. Egal. Er wedelte mit den Armen wie ein Reiseleiter, der seine Truppe in der Menge zusammenrufen will.
    »Listen«, schrie er dazu, und manche drehten sich tatsächlich von dem Rheintalpanorama weg. »Listen – we are in danger! Please leave this place immediately!«
    Die meisten grinsten, manche mitleidig, die anderen wandten sich sofort ab.
    Vielleicht war es besser, wenn er mit gutem Beispiel voranging. Er bahnte sich den Weg hinunter zum Fuß der gewaltigen Treppe und rannte zum Fluss. Er konnte den Schuss auf das Denkmal vielleicht nicht mehr verhindern, aber er musste zumindest Nair festhalten.
    Er blickte sich hektisch um. An der Moselseite kam gerade ein Boot ans Ufer, die kleine Personenfähre, die zwischen dem Campingplatz und dem Deutschen Eck pendelte.
    Mike rannte zur Anlegestelle hinunter. »Fahren Sie sofort zurück«, schrie er den Fährmann an. Der Mann mit gestreiftem T-Shirt und weißer Mütze saß hinter dem Steuerrad und zählte Münzen. Als Mike auf das Boot polterte, sah er erschrocken auf. »Machen Sie schon, da drüben passiert ein Unglück.«
    »Was?«
    Die Geschichte vom Attentat auf das Denkmal war zu kompliziert. »Da ertrinkt jemand«, behauptete Mike einfach.
    »Wo?«
    Die Stelle, wo Nair stand, war von hier aus nicht zu sehen. Sie lag hinter der kleinen Kurve der Moselmündung.
    »Ich habe es von oben gesehen. Ich zeige es Ihnen. Aber fahren Sie um Gottes willen los.«
    Das schien den Fährmann aufzuwecken. Er brachte den Motor, der die ganze Zeit im Leerlauf gewesen war, in Gang und kurbelte am Steuerrad.
    Mike beobachtete nervös den Denkmalvorplatz. Dort hatte sich noch nichts getan. Keine Rakete flog heran. Nichts explodierte.
    Der Fährmann strebte der gegenüberliegenden Anlegestelle zu. Er drehte sich um. »Ich seh nichts«, rief er durch das Geknatter des Motors.
    Mike deutete in Richtung Campingplatz. »Sie müssen ein Stück weiter zum Rhein hin.«
    Der Mann nickte und fuhr parallel zum Ufer weiter. Es ging furchtbar langsam. Auf der linken Seite wanderte das Ufer vorbei. Ein schmaler Streifen Kies. Dahinter reckte sich Gebüsch.
    »Wo denn nun?«
    Mike ging nach vorn. Er wandte sich um; das Denkmal war schon ziemlich weit weg. »Kommt gleich«, schrie er.
    Plötzlich wurde der Kiesabschnitt sehr breit. Er sah aus wie ein kleiner Lagerplatz. Ganz hinten, etwas im Wasser, stand ein Mann in einer Uniform, ein graues Rohr in der Hand.
    »Was will der denn da?«, rief der Fährmann.
    »Mr. Nair!«, schrie Mike und sah, wie der Uniformierte zusammenzuckte. Die Mündung des gewaltigen Rohrs auf seiner Schulter bewegte sich zur Seite, auf die Wasserfläche zu. Dann hob sie sich wieder.
    Plötzlich bewegte sich etwas, und mit

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