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Schalom

Titel: Schalom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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du, wer heute angerufen hat?«
    »Wer?«, fragte er knapp, denn er spürte, dass sie es eilig hatte.
    Vermutlich hatte sie den ganzen Tag darauf gewartet, es ihm zu erzählen.
    Sie rief ihn nie auf dem Handy an. Sie nannte es »Taschentelefon« und es war ihr suspekt. »Ein seltsames Gerät, das nicht nur keine Schnur hat, sondern auch keinen Hörer.« Das hatte sie gesagt, als er ihr die Nummer aufgeschrieben hatte. Es wäre nur normal, wenn sie ihn anriefe, er hatte so viele Dinge zu erledigen und sie war vollkommen frei. Doch was ihm normal erschien, war es für sie ganz und gar nicht.
    »Jaki hat mich heute Morgen angerufen. Hörst du, Avri? Jaki hat mit mir am Telefon gesprochen. Hast du gewusst, dass man es gut hören kann, wenn jemand von dort anruft?«
    »Du weißt doch, dass wir manchmal miteinander telefonieren«, sagte er.
    Mein Gott, hatte sie denn nicht begriffen, warum Jaki sie nicht anrief? Vielleicht wollte sie es nicht verstehen.
    »Du hast mir nie erzählt, dass man es so gut hört.«
    Jaki rief ihn mindestens einmal in der Woche an, um sich nach ihr zu erkundigen, aber das hatte er ihr nie erzählt, und auch jetzt wollte er die Stimmung nicht verderben.
    »Hörst du? Er hat angerufen, um mir zu sagen, dass er seinen Kleinen zu mir schickt.«
    Jaki hatte ihm schon längst erzählt, dass Gil seinen Zivildienst in Israel ableisten wollte, aber er hatte kein Wort davon gesagt, dass er es ihr so früh mitteilen würde. Avri selbst hatte es ja vorgeschlagen. Darauf hatte Jaki zwar keine Antwort gegeben, deshalb war Avri davon ausgegangen, dass Jaki noch eine Weile warten würde. Er hätte ihm wenigstens sagen können, dass er vorhatte, es ihr jetzt schon zu sagen. Wenn er es gewusst hätte, hätte er sie gleich danach angerufen, um sie nicht mit dieser Nachricht den ganzen Tag herumlaufen zu lassen.
    »Mutter, warum hast du mich nicht gleich angerufen?«
    »Das habe ich ja ein paarmal probiert, aber bei euch war niemand zu Hause.«
    Er würde Jaki noch seine Meinung sagen. Wie hatte er so etwas tun können? Er dachte wohl, sie wäre noch dieselbe wie damals, als der Vater ihm verbot, diese Goja zu heiraten, weil er in seiner Familie kein Mitglied jenes Volks dulden würde. Und nun warf er ihr diese Bombe durch das Telefon zu, und er, Avri, würde sie entschärfen müssen. Warum, zum Teufel, hatte er es ihm nicht überlassen, den Boden vorzubereiten?
    »Avri? Bist du noch da?«
    »Ja, Mutter, ich bin im Auto unterwegs.«
    »Wann kommst du?«
    »Das weiß ich noch nicht, Mutter, ich fürchte, diese Woche wird es nicht mehr klappen.«
    Wieder setzten sich die Autos vor ihm in Bewegung. Offenbar ging es endlich weiter. Seine Mutter sagte noch etwas über Cremeschnitten. Aus irgendeinem Grund war sie überzeugt, dass er sie besonders gern aß, und er antwortete unkonzentriert, aber ohne die Geduld zu verlieren. Er legte einen Gang ein und fuhr an. Er vergaß auch nicht, ihr eine gute Gesundheit zu wünschen, und versprach, am nächsten Tag wieder anzurufen. Es war nicht möglich, herauszufinden, warum es diesen Stau gegeben hatte. Nichts deutete auf einen Unfall hin und die Sperre vor dem Kibbuz 5 Eilot war offen, wie immer.
    Gleich als er das Gespräch mit seiner Mutter beendet hatte, rief Vicky an, besorgt, weil sie schon ein paarmal versucht hatte, ihn zu erreichen. Bei der Polizei gab es Gerüchte über eine erhöhte Alarmbereitschaft. Vielleicht war das die Erklärung für diesen Stau. Er erzählte ihr von dem Gespräch mit seiner Mutter und beschwerte sich über Jaki, aber Vicky wollte das Gespräch beenden.
    »Komm nach Hause, da reden wir dann darüber«, sagte sie.
    Als sie aufgelegt hatte, fiel ihm ein, dass er vergessen hatte, ihr von dem Termin heute Abend zu berichten, aber er würde ohnehin gleich zu Hause sein.
    War das jetzt schon fünf Jahre her? Gil war damals dreizehn gewesen. Vicky hatte Anna damals das erste Mal getroffen und war überrascht gewesen, wie gut sie Hebräisch sprach.
    »Warum hast du mir nicht erzählt, dass sie so gut Hebräisch spricht?«
    Jaki hatte Anna in Israel kennengelernt, sie konnte bereits Hebräisch, als sie sich trafen. Für Avri war das so selbstverständlich, dass es ihm nicht in den Sinn gekommen war, diese einfache Tatsache besonders zu erwähnen.
    Schon am Flughafen in München hatte Avri bemerkt, dass Jaki ihrem Vater ähnlicher sah, als er es in Erinnerung hatte. Seine hohe Stirn war noch höher geworden und seine Augenbrauen dicker. Auch sein Kinn war

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