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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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Makel der Unehrlichkeit aufdrückt. Es widerstrebt mir, ihn zu verdächtigen.«
    »Aber sein Knecht fand und pflegte Euch. Mag er es aus schlechtem Gewissen getan haben?«
    Wrangel schloss müde die Augen und seufzte leise. »Ich will es nicht hoffen. Doch nicht nur er hätte einen Nutzen. Ein geklärter Mord bringt auch dem amtierenden Prätor einiges.«
    »Ihr verdächtigt Wilken? Seid vorsichtig mit dem, was Ihr laut über die Wilkens sagt. Die Familie ist mächtig und ihre Ehre ist unantastbar.« Claussen schaute schnell um sich, um eventuell unerwünschte Zuhörer zu entdecken. Aber niemand schien auf die beiden Männer in der Ecke zu achten.
    »Deshalb sind sie aber noch nicht unbedingt über jeden Zweifel erhaben«, entgegnete Wrangel. »Kurz bevor ich aus Wandsbek losfuhr, hörte ich ein Gespräch zwischen zwei Männern, die sich schon geifernd auf eine grandiose Hinrichtung meiner Mandantin freuten. Für sie war sie zweifelsfrei eine Hexe, und sie hielten es für die Pflicht und Schuldigkeit des Niedergerichtes, sie auf den Scheiterhaufen zu bringen. Der Druck auf Wilken istalso groß. Hättet Ihr ihn heute früh im Niedergericht erlebt, als ich ihm meine Erkenntnisse zur Unschuld meiner Mandantin am Mord mitteilte, stimmtet Ihr mir ohne Zweifel zu. Er hat mich kurzerhand wegen meines Gesundheitszustandes als Prokurator für zwei Wochen suspendiert.«
    »Daran hat er gut getan. Ihr gehört ins Bett, Wrangel, und nicht in den Gerichtssaal. Ihr nützt niemandem in Eurem derzeitigen Zustand.«
    »Nun, dem Schuhmacher und dem Schneider schon«, grinste Wrangel herausfordernd. »Zumindest hat Wilken mit seiner Suspendierung nicht verhindern können, dass Bunk ihr Geständnis und all ihre Beschuldigungen widerrief. Als der Prätor das hörte, wurde er so weiß wie seine antiquierte Perücke. Nichts erinnerte da mehr an den liebenswürdigen väterlichen Gastgeber, den er mir ein paar Tage zuvor geboten hatte. Und mir bleiben jetzt zwei Wochen, in denen ich mich zum einen auskurieren, zum anderen aber vollends auf eine messerscharfe Verteidigungsschrift konzentrieren kann.«
    »Mit Eurer Bemerkung über den Prätor gebt Ihr mir den Einsatz zu einer Frage, die mir schon die ganze Zeit auf der Zunge brennt: Wie war das Treffen mit Eurem Bruder?«
    Wrangel schaute seinen Freund resigniert an und nahm zwei Schluck des fast schon kalten Kaffees, bevor er antwortete. »Es war fürchterlich. Nur die danach auf mich einstürzenden Ereignisse haben mich bisher davon abgehalten, genauer darüber nachzudenken.«
    Nicht nur Ereignisse, auch Gefühle waren es, dachte Wrangel, behielt diese kleine Nuance aber für sich.
    »Wenn Ihr mögt, so erzählt mir davon.«
    »Elisabeth ist schwanger.«
    Claussen holte tief Luft. »Das ist nicht ungewöhnlich für einejunge und gesunde verheiratete Frau. Aber ich verstehe Eure Gefühle. Der Anblick der Schwangeren machte Euch wohl erst richtig bewusst, was Ihr verlort.«
    Wrangel lächelte bitter. Seine Wange schmerzte. Claussen hatte recht und zugleich nicht, denn er hatte auch gewonnen. Nämlich durch den Verlust Elisabeths die Freiheit, andere Frauen zu sehen und sich sogar zu nehmen. »Nicht nur verloren habe ich, mein Freund, sondern auch etwas erlangt, was ich mir nie zu erlangen wünschte. Man trug mir die Patenschaft für das Kind an.«
    »Nein!«
    »Doch. Es war ein Vorschlag der Wilken-Brüder. Sie redeten irgendwas von Traditionen in ihrer Familie und der Stärkung des familiären Zusammenhalts. Albrecht schien nicht wirklich von der Idee begeistert. Vielleicht hatte er gehofft, Michel Wilken als Paten zu gewinnen, was für ihn geschäftlich sicherlich von Vorteil gewesen wäre. Aber dann bat mich Elisabeth, die Patenschaft zu übernehmen. Ich konnte es ihr nicht abschlagen.«
    Die Männer schwiegen eine Weile.
    »Wie fühlt Ihr Euch mit dieser Verantwortung? Ein Pate spielt schließlich eine wichtige Rolle im Leben eines Menschen.«
    »Um ehrlich zu sein, habe ich darüber bislang nicht nachdenken können. Schließlich ist das Kind noch nicht geboren, und wer weiß, vielleicht überlegt mein Bruder es sich bald anders. Zuzutrauen wäre es ihm.«
    »Wohl nicht gegen den Willen seiner Frau.«
    Wrangel machte eine wegwerfende Geste mit dem Kopf und stützte diesen dann auf seinen Arm. »Zumindest lullte mich das joviale Geplänkel des Prätors und die ganze Atmosphäre ausreichend ein, dass ich meinen Verstand nicht rechtzeitig einsetzen konnte.«
    »Ihr hattet keine Chance,

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