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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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sitzt, dann ist der Schrei nach Schuldigen für das Unglück nicht fern. Was bietet sich da schon Besseres an als eine Hexe? Was kommt da gelegener, als wenn Wilken dieses Mannweib – allein schon durch seinen liederlichen Lebenswandel beleidigt es jeden ehrbaren Bürger – eines solchen grausamen Mordes überführen kann? Dann wird er nicht nur die Gemüter der Leute beruhigen, sondern ihnen auch Hoffnung geben, dass sich das Unglücksblatt wendet. Und nicht zuletzt weist er sich damit auch als hervorragender Kandidat für das Bürgermeisteramt aus.«
    »Hm. Aber die Frau ohne Kopf kann nicht die Frau sein, die mit meiner Mandantin zusammen verschwunden ist. Ich habe eine Zeugin befragt, die bestätigen kann, dass die Frau, mit der meine Mandantin zusammen war, zu Lichtmess noch gelebt hat. Die Tote aber wurde bereits am 26.  Januar gefunden.«
    »Wie ich sehe, habt Ihr Euch inzwischen ganz und gar auf Euer Mandat eingelassen. Ihr seid eben durch und durch Jurist.«
    Der Wirt stellte zwei neue Tassen Kaffee auf den kleinen Tisch.Wrangel griff nach dem Löffel und rührte ein wenig Zucker in das schwarzbraune Getränk. »Ja, natürlich bin ich mit Leib und Seele Jurist. Aber darf ich Euch etwas als Freund anvertrauen?«
    »Selbstverständlich.«
    »Ich glaube, es geht hier um mehr. Natürlich ist dieses Weib ein liederlicher Mensch. Gott straft sie dafür schließlich mit einem ehrlosen Leben ohne Schutz und Halt. Aber darf man ihr deshalb noch mehr Unglück aufladen, für das sie gar nichts kann?«
    »Was meint Ihr damit?«
    »Ich meine, diese Frau hat gesündigt und sich an den Gesetzen Gottes vergangen. Dafür mag Gott sie strafen. Aber  ich weiß nicht.«
    »Wrangel, mein Freund, was quält Euch? Ich spüre doch, dass in Euch etwas aufgebrochen ist, etwas «
    Wrangel rührte erneut in seinem Kaffee. Die dunkle Flüssigkeit glänzte wie die Haare von Ruth. Ruckartig setzte er sich auf und schaute den Vikar eindringlich an. »Claussen, mein Freund, Eure Worte vor zwei Wochen über die Liebe sind mir sehr nahegegangen.«
    »Ich wollte Euch nicht verletzen, ich «
    »Nein, entschuldigt Euch nicht, sondern freut Euch. Ihr habt mir die Augen geöffnet. Ich glaube verstanden zu haben, was der Herr von mir will.«
    Claussen schaute Wrangel verständnislos, aber höchst aufmerksam an.
    »Ich muss dieser Frau helfen, dass ihr Gerechtigkeit widerfährt, nur dann wird mir Gerechtigkeit widerfahren.«
    »Wrangel, verrennt Ihr Euch da nicht? Selten gibt der Herr solch klare Aufträge an seine Kinder. Gott möchte, dass wir uns prüfen in unserem Tun und Lassen, auf dass wir ihm gefällig sind. Aber er stellt uns keine Aufgaben wie ein Lehrer in der Schule.«
    »Das ist mir wohl bewusst, aber doch stellt er uns vor Aufgaben, an denen wir uns selbst erkennen, oder?«
    »Woran erkennt Ihr Euch bei diesem Mannweib? Wrangel, ich bitte Euch «
    »Keine Sorge, mein Freund, ich bin nicht verrückt. Ich glaube nur zu spüren, dass Gott mich prüfen will.«
    »Der Prüfungen gibt es viele. Zum Beispiel die schöne Ruth Abelson. Sie ist Euch aufgefallen, nicht wahr?«
    Wrangel schoss das Blut in die Wangen. »Ja, natürlich, schließlich saß sie mit uns zusammen bei Tisch, Claussen. Sie da zu übersehen ist schon denkbar schwer.«
    Claussen schmunzelte und nahm einen Schluck Kaffee. »Moses Abelson ist ein langjähriger Geschäftspartner meines Oheims. Vor gut dreißig Jahren hat er sich in Hamburg eingekauft. Geld ist sein Geschäft. Man sagt, er gehöre zu den Besten. Aber er ist ein gottesfürchtiger und guter Mann. Und Gott hat ihn hart geprüft. Fünf Kinder hat ihm seine Frau geschenkt. Bis auf Ruth hat der Herr sie ihm alle genommen. Zwei seiner Söhne verlor er schon als Kinder, zwei kehrten nie von ihren Reisen zurück. Ariel, sein ältester Sohn, kam bei einem Schiffsunglück ums Leben, Daniel, seinen dritten, erschlugen besoffene Kerle in Amsterdam. Er war dort bei seinem Onkel in der Lehre. Abelsons Frau starb vor drei Jahren am Fieber. Seitdem führt Ruth ihm den Haushalt. Sie ist sein jüngstes Kind. Er hütet sie wie seinen Augapfel. Die beste Ausbildung lässt er ihr angedeihen. Sie ist belesen in der antiken Philosophie, hat Mathematik und Astronomie zu Hause bei einem Privatgelehrten studiert und übt sich seit Kindesbeinen in Klavierspiel und Gesang.«
    »Das ist sehr beeindruckend. Aber warum erzählt Ihr mir das?«
    »Weil ich sah, mit welcher Inbrunst Ihr ihrem Cembalospiel lauschtet.«
    »Ich liebe

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