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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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schmeckte schon die Magensäure im Mund. Das war nun also der Preis für ihre Rache an Cäcilie und Jähner. Sie versuchte ruhig und tief zu atmen, um der Übelkeit entgegenzuwirken. Das Rauschen in ihren Ohren nahm zu. Nur schemenhaft konnte sie dem Spektakel im Gerichtsaal folgen.
    Die Reihe schien jetzt an den Prätoren zu sein, ihre Mandanten zu verteidigen. Sie wollte gar nicht hören, welche Hässlichkeiten Jähner und Cäcilie ihren Advokaten über sie erzählt hatten. Aber … hatten sie nicht eben auch die Urgicht abgelegt? Doch! Wozu dann noch verteidigen?
    Bunk schaute zu dem dicklichen Prätor mit dem weichen Gesicht, der gerade auf eine kleine, in sich zusammengesunkene Frau auf der Zeugenbank zeigte: Maria Jähner.
    »… und bitte darum, das Gnadengesuch der angetrauten Ehefrau meines Mandanten, Maria Jähner, verlesen zu dürfen …«
    Bunk reckte den Hals, um sie besser sehen zu können. Sie hatte nur wenig mit ihr zu tun gehabt, als sie noch für Jähner Kräuter sammelte. Manchmal kam die kleine Alte in die Kräuterküche und stellte eine paar knappe Fragen. Aber meistens hielt sie sich aus den Geschäften ihres Mannes raus. Schließlich hatte sie ihn wohl nur dafür geheiratet, dass er sie anständig versorgte. Bunk hatte nicht bedacht, dass Jähners Lage auch ihr den Boden unter den Füßen wegziehen würde. Mit ihm würde sie in Unehre fallen, das Geschäft würde eingehen. Dann bliebe ihr wohl kaum noch etwas zum Leben. Auch einen anderen Mannwürde sie als Frau eines Mörders nicht mehr finden. Außerdem war sie dafür schon zu alt. Die Armut und Unehre würden sie verzehren.
    »… so fühlt sich Frau Jähner gemüßigt, demütigst anzuzeigen, dass ihr Mann Johann Friedrich Jähner an dem Riek’schen Mord so wenig schuldig sei und sein könnte und dass alles nur auf den verlogenen Aussagen der Angeklagten Ilsabe Bunk beruhe, die eine Schandvettel und der nicht zu trauen sei, da sie schon immer alle Welt belogen habe als Herr Hinrich …«
    Mit grimmiger Genugtuung schluckte Bunk ihren bitteren Speichel hinunter. Sollte die Alte nur über sie hetzen. Es würde ihr doch nichts nützen. Sie hätte sich eben einen besseren Mann für ihr Geschäft suchen sollen. Stattdessen nahm sie diesen alten geilen Bock in der Hoffnung, dass er ihren Lebensabend wirtschaftlich sicherte. Das hatte sie nun davon. Nun entehrte er sie nicht nur im Verborgenen, wenn er zu den Huren ging, sondern vor aller Welt und für alle Zeit. Wer wohl dann die größere Schandvettel war!
    »… seine Eidschwüre hier vor Gericht nur auf die schreckliche Tortur zurückzuführen ist und er anders niemals hätte zu so einer Aussage gebracht werden können. Auch ist sein Gesundheitszustand ohnehin schwächlich, und schon deshalb hätte er nicht so hart gefoltert werden sollen, dass nun sein linker Arm lahm geworden und man ihn auf Wochen wie ein Kind füttern und kleiden müsse …«
    Bunk spähte neugierig zu Jähner herüber. Sein linker Arm hing schlaff herunter, die Finger krampfhaft ineinander verkrallt, so als wollten sie in sich selbst eine Stütze vor dem Fall suchen.
    »… Darum möchte sie hier Folgendes schwören, damit ihr unschuldiger Mann möge gerettet werden, weil er den Mord nicht hat begehen können.«
    Die kleine Frau stand mühsam auf und trat nach vorn in den Zeugenstand. »Ich schwöre, ich habe keinen toten Rumpf in meinem Haus oder gar in meiner Küche gehabt, denn sonst hätte ich darum gewusst, weil ich weiß, was in meiner Küche geschieht. Mein Mann hat keinen Menschenkopf destilliert, denn sonst wüsste ich davon, da ich ihm immer beim Destillieren geholfen habe. Mein Mann ist zwischen Weihnachten und Fastnacht weder eine Nacht noch einen Abend spät nach Haus gekommen. An dem Tag des Mordes ist er den ganzen Tag und die ganze Nacht bei mir zu Hause geblieben.«
    Wenn er auch nur halb so viel bei seiner Frau geblieben wäre, wie sie hier schwört, dachte Bunk, wann hätte er dann bloß all die kleinen Huren vernaschen sollen, die sie ihm vermittelt hatte? Und obendrein auch noch Cäcilie schwängern sollen? Beißende Häme kroch in ihr hoch.
    »… Darum bittet Frau Maria Jähner demütigst, die Unschuld ihres Mannes in Betracht zu ziehen und die von ihr vorgeschlagenen Zeugen vernehmen zu lassen.«
    Ohne ein weiteres Wort nahm der dickliche Prätor wieder Platz, und Maria Jähner ging zurück zur Zeugenbank. Der Präses erteilte dem Nächsten das Wort. Wrangel erhob sich und begann mit ruhiger klarer

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