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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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bereiten, von denen du noch nicht ahntest, dass es sie gibt. Jähner haben wir auf der Streckbank fast entzweigerissen.«
    Bunk schloss die Augen und schwieg.
    »Denke ruhig einen Augenblick nach. Du wirst aus dieser Sache nicht mehr herauskommen. Allerdings liegt es in deiner Hand, wie viel Schmerz und Leid du noch bis zu deinem Ende ertragen musst.«
    »Ich will auch Bier und Fleisch.«
    Asthusen atmete erleichtert aus. »Das wird sich machen lassen. Genauso wie ein Kübel Waschwasser und ein sauberes Hemd, damit du nicht in diesem Zustand vor die hohen Herren treten musst.«
    Damit drehte er sich um und ging zur Tür. »Meine Knechte werden dir die Sachen bringen und deine Verbände wechseln. Dann führen sie dich zum Niedergericht.«
    Eine knappe Stunde später schoben zwei Gerichtsdiener Bunk durch die Tür in den Gerichtssaal. Sie fröstelte in dem langen gebleichten Hemd aus Hanf. Aber es war eine Wohltat gewesen, die schmutzigen, zerfetzten Kleider abzulegen und sich den gröbsten Dreck vom Körper waschen zu können. Das Wasser war sogar lauwarm gewesen. Jürgen hatte ihre Wunden mit sauberen Bandagen frisch verbunden und ihr ein kurzes Band mitgebracht, mit dem sie ihr Haar notdürftig zu einem Zopf zusammenbinden konnte. Auf dem Weg hierher hatte er ihr eine alte Decke über die Schultern gelegt, sie ihr aber kurz vor dem Gericht wieder abgenommen, als er sie den Gerichtsdienern übergab. Die ganze Zeit hatte er kein Wort mit ihr gesprochen, noch nicht einmal eine seiner sonst üblichen Beleidigungen ausgestoßen.
    Der kleine Saal war voll mit Menschen. An der rechten Seite auf den Zeugenbänken erkannte Bunk den Bauern aus Neuengamme, den Vater von Maria Rieken. Auch deren Mann, der versoffene Schläger, war anwesend. In der Reihe dahinter saß Elisabeth Pausten, schüchtern in ihr dunkles Tuch gehüllt und die Hände sittsam auf dem Schoß gefaltet. Auch sie war so eine falsche Natter. Hier gab sie sich natürlich als tugendhafte keusche Frau. Aber wie sie grunzen und quietschen konnte, wenn man ihre Brüste knetete, und wie sie stöhnte, rieb man ihren Schoß.
    Angewidert wandte Bunk sich ab. Schräg vor der Pausten saß ein kräftiger blonder Mann. Er trug ein schwarzes Lederwams und hatte seine Hände in den Hosentaschen vergraben. Das war doch der Kerl, der ihr ein paarmal Botengänge aufgetragen hatte! Was machte der hier? Hatte ihr Anwalt, dieser Wrangel, ihn etwa als Zeugen aufgetan? Aber für was bloß? Was musste der Advocatus auch in allem herumwühlen?
    Die Gerichtsdiener zogen und schoben sie nach links in Richtung Anklagebank. Dort saß bereits Cäcilie, ebenfalls mit einem gebleichten Hanfkleid bekleidet, das Gesicht ausgezehrt, die Augen verquollen, der Blick stumpf und abwesend. Neben ihr erkannte Bunk Jähner, dessen Arme von der Behandlung auf der Streckbank schlaff wie Tücher an seinem Körper herunterhingen. Blonde Haarsträhnen fielen in sein fahles, mit einem stoppeligen Bart überzogenes Gesicht. Er hielt die Augen geschlossen, und seine Lippen bewegten sich, als betete er.
    Die Gerichtsdiener schoben Bunk in Jähners Richtung und drückten sie neben ihm auf die Bank nieder. Jähner reagierte nicht, sondern setzte mit bebenden Lippen sein stilles Gebet fort.
    Die Seitentür am hinteren Ende des Saals öffnete sich. Unter leisem Gemurmel traten vierzehn in schwarze Roben gekleidete Männer ein. Einige von ihnen hatten gepuderte Perücken auf, die jüngeren allerdings, unter ihnen auch ihr Anwalt, trugen das Haar offen über dem Kragen. Acht der Männer nahmen auf der Schöffenbank Platz, drei, darunter Wrangel, setzten sich an die rechte Flanke, die beiden Prätoren an die linke. Der Aktuar, ein alter, vertrockneter kleiner Mann, den sie aus der Folterkammer erinnerte, platzierte sich hinter einem Schreibpult.
    Der Gerichtsvogt erhob sich von seinem seitlich vom Hauptgang platzierten Tisch und klopfte mit einem kleinen Hammerauf denselben. Ihm gegenüber, auf der anderen Seite des Hauptgangs, erkannte Bunk den roten Umhang des Scharfrichters.
    »Ich bitte um Ruhe für den Präses des ehrenwerten Hamburger Niedergerichtes, den Senator Dr. Diedrich Ankelmann.«
    Ein Mann mittleren Alters nickte dem Gerichtsvogt von der Schöffenbank her zu und ergriff, nachdem vollends Ruhe eingetreten war, das Wort. »Hiermit eröffne ich als Präses des ehrenwerten Hamburger Niedergerichtes die Verhandlung gegen die Angeklagten Johann Friedrich Jähner, Cäcilie Jürgens und Ilsabe Bunk wegen

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