Scharfe Pranken
du etwa, ich hätte keine Kopie gemacht?«
»Zieh dich an«, spuckte sein Onkel zwischen zusammengebissenen Zähnen aus.
»Ich muss erst duschen, und Blayne benutzt gerade die einzige Dusche, die funktioniert.«
»Kannst du nicht einfach ein Bad nehmen?«
»Ich habe kein Entchen. Wie soll ich ein Bad nehmen, wenn ich kein Entchen hab?«
»Es kommt mir vor, als wolltest du, dass ich dir eine Abreibung verpasse. Du flehst mich ja förmlich an. Und was ist eigentlich mit meinem gottverdammten Couchtisch passiert?«
»Das war Blayne. Blayne hat das gemacht.«
Sein Onkel funkelte ihn an und stemmte die Hände in die Hüften. »Du gibst deiner Freundin die Schuld für das Chaos in meinem Wohnzimmer?«
Erst, als sein Onkel es aussprach, wurde Bo bewusst, dass Blayne seine Freundin war – auch wenn sie es vielleicht selbst noch gar nicht wusste. Er grinste und antwortete glücklich: »Ja. Ich gebe meiner Freundin die Schuld. Meiner Freundin Blayne.«
Sie hörten das Keuchen hinter sich und sahen gemeinsam zu, wie Bos verwandelte Freundin sich im Kreis drehte und versuchte, ihren Schwanz zu schnappen. Sie schien es nicht eilig zu haben, damit aufzuhören.
»Wie lange hält sie das wohl durch?«
»Meine Freundin Blayne?«
»So wirst du sie von jetzt an immer nennen, oder?«
»Ja, das werde ich tatsächlich. Nur, um dich zu nerven. Denn wir wissen ja beide, dass es mein einziger Lebenszweck ist, dich zu nerven.« Bo deutete in Richtung Flur. »Sie hat immer noch nicht aufgehört.«
»Zwanzig Dollar, dass sie kotzen muss.«
Bo hatte volles Vertrauen in seine Freundin Blayne. »Einverstanden.«
Sie war einem Bauchgefühl zurück in die Staaten gefolgt. Dasselbe Gefühl, das sie hin und wieder bekam, wenn sie genau wusste, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmte. Es hatte sich wieder gemeldet, als sie in einer Bar in Thailand gesessen und vorgehabt hatte, ein paar nutzlose vollmenschliche Australier über den Tisch zu ziehen, die sie angebrüllt und dabei jedes Wort in die Länge gezogen hatten, weil sie annahmen, sie verstehe kein Englisch. Warum sie sie deshalb anbrüllten, wusste sie nicht. Und wie das In-die-Länge-Ziehen der Worte ihr hätte helfen sollen, wenn sie wirklich kein Englisch verstanden hätte, erschloss sich ihr ebenso wenig, aber letzten Endes spielte es auch keine Rolle.
Sami hatte sich das leicht verdiente Geld durch die Lappen gehen lassen und Sander einfach mitgeschleppt, weil sie wusste, dass etwas nicht stimmte. Und nun stand sie mitten in Bos Wohnung in Manhattan, funkelte die Wölfin an, die sie auf frischer Tat dabei ertappt hatten, wie sie Bos Sachen durchwühlte, und wusste, dass sie recht gehabt hatte.
Sander betrat Bos Büro und hob seine Nase in die Luft. »Ich rieche räudige Hündin«, verkündete er. »Oh«, sagte er, als sein Blick auf die Wölfin fiel, »das musst wohl du sein.«
»Gibt es einen Grund dafür, dass du dich in der Wohnung unseres Freundes aufhältst?«, wollte Sami wissen. »Oder beklaust du ihn nur?«
»Das ist nämlich unser Job«, fügte Sander wenig hilfreich hinzu.
Die Wölfin antwortete nicht, sondern betrachtete Sami und Sander nur mit ihren kalten bernsteinfarbenen Augen von oben bis unten.
Das Einzige, worauf Füchse sich etwas einbildeten, war, dass sie Ärger jederzeit erkannten. Nicht nur am Geruch, sondern aus einem allgemeinen Selbsterhaltungstrieb heraus – der auch absolut notwendig war, wenn man der kleinsten Gattung der Raubtiere angehörte und einem fast keine andere Rasse oder Spezies vertraute. Die einzige Spezies, die noch mehr gehasst wurde als Füchse, waren Hyänen, und Sami empfand das als ziemlich deprimierend, wenn sie zu lange darüber nachdachte. Weil Hyänen einfach nur gruselig waren.
Nun, da sie diese Wölfin erwischt hatte, wusste Sami, dass Bo nicht nur Ärger hatte – der Ärger hatte höchstpersönlich seine Wohnung durchsucht. Diese Frau hätte nicht gezögert, sie beide noch vor dem Mittagessen umzubringen und irgendwo zu verscharren. Wahrscheinlich hatte sie sich gerade nur ein wenig Appetit fürs Mittagessen geholt.
Dann sagte die Wölfin doch etwas, und ihr Akzent klang in Verbindung mit ihrer schieren Größe so unheimlich, dass Sami und Sander sicherstellten, dass sie notfalls blitzschnell durchs Fenster oder die Tür entkommen konnten. Sami hatte zwar keine Ahnung, was die Smith-Wölfe ihren Welpen zu fressen gaben, aber diese Hunde waren einfach riesig, verdammt noch mal.
»Seid ihr die Freunde von
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