Schatten Der Erinnerung
Ausdruck daraus verschwunden, und Regina fragte sich, ob sie sich das nur eingebildet hatte.
Sie betrachtete den geduldigen Falben. Es war ihr bislang nicht in den Sinn gekommen, dass sie ein Pferd würden teilen müssen, denn dafür nahm sie ihr Missgeschick zu sehr in Anspruch. Doch jetzt war nicht der geeignete Moment, um auf die Einhaltung von Anstandsregeln zu bestehen, wie sie sich klarmachte. Er hob sie in den Sattel, sprang aber zu ihrer Überraschung nicht hinter ihr auf. Stattdessen führte er das Pferd zu Fuß am Zügel.
Regina geriet in Verzweiflung. Sie hatte nicht gedacht, dass er laufen würde. Seine spitzen Stiefel wirkten sehr unbequem, und außerdem herrschte eine unerträgliche Hitze. Sie wusste nicht, wie spät es war, vermutete aber, dass es früher Nachmittag war. Also würde es noch Stunden bis zum Sonnenuntergang dauern. »Wie weit ist es zur Stadt?«
»Etwa zehn bis zwölf Meilen.«
Sie nahm es mit Verblüffung zur Kenntnis.
Energisch führte er- das Pferd mit ausholenden, geschmeidigen Schritten. Dabei zeichneten sich die Muskeln auf seinem Rücken unter dem dünnen, feuchten Hemd deutlich ab, denn er hatte seine Weste abgelegt.
»Mr. Delanza«, sagte sie plötzlich, außerstande, ihn beim Vornamen zu nennen. Ohne anzuhalten, drehte er sich um und sah sie an. »Bitte, ich kann Sie nicht zu Fuß gehen lassen. Es ist viel zu weit.«
Er zwinkerte ihr zu. »Eine feine Lady wie Sie will mit mir den Sattel teilen?«
»Sie haben mir das Leben gerettet.«
»Jetzt übertreiben Sie aber etwas, finden Sie nicht?«
»Nein.« Heftig schüttelte sie den Kopf. »Ich bin Ihnen dankbar, und ich kann nicht reiten, während Sie zu Fuß gehen. Nicht eine solch lange Strecke. Bitte.« Sie errötete, kümmerte sich aber nicht darum. jedes Wort meinte sie so, wie sie es gesagt hatte. Mit Gewissheit verdankte sie ihm ihr Leben,. da er sie gefunden hatte. Sie konnte ihm das nicht mit herzloser Gefühllosigkeit vergelten. Er war alles, was sie hatte, und sie war sich dessen bewusst. Ein immer stärkeres Gefühl von Abhängigkeit wuchs in ihr. Das machte sie noch dankbarer dafür, dass er Rücksicht auf ihre Empfindsamkeit nahm. Ganz im Gegensatz zu dem Eindruck, den er vermittelte, ging er einfühlsam auf die Verzweiflung einer Dame ein.
Er musterte sie mit seinem durchdringenden Blick, bevor er zu einer Entscheidung kam und hinter ihr in den Sattel sprang. Reginas spontane Freude schwand, als sie ihn. an sich spürte. Sie hatte nicht die Intimität einer solchen Situation bedacht und war für einen Moment wie gelähmt. Unvermittelt sagte sie sich, dass es ihr nichts ausmache.
Unter diesen Umständen durften Regeln gebrochen werden. Aber sie konnte spüren, dass sein Körper ebenso angespannt war wie der ihre. Ungeachtet seines wilden Aussehens würde er dies, wie sie auch, ignorieren, da er ein Gentleman war. Und sie bereute es nicht, dass sie ihm angeboten hatte, das Pferd mit ihr zu teilen. Es schien ihr das mindeste zu sein, was sie tun konnte, nach allem, was er für sie getan hatte.
Schweigend ritten sie dahin. Regina war völlig mit ihren Gedanken an ihre missliche Lage beschäftigt und nahm nur am Rande wahr, dass auch er vor sich hinbrütete. Das Schweigen ließ den Schrecken, der etwas nachgelassen hatte, rasch wieder in ihr aufsteigen und die innere Leer erfüllen; Bald war sie erneut am Rande der Panik angelangt. Egal, wie oft sie sich sagte, dass sie Elizabeth Sinclair sei und alles wieder gut werden würde. Der luftleere Raum, in dem sie sich infolge ihrer Unwissenheit befand machte das Netz aus Optimismus, das sie zu spinnen versuchte, zunichte. Sie musste unbedingt ihr Gedächtnis wiedererlangen. Wie sollte sie sonst weitermachen? Sie wusste nichts über sich oder ihre Familie, nichts über den Überfall, der sie in diese verzweifelte Situation gebracht hatte.
»Versuchen Sie sich zu entspannen«, sagte er schroff. "Lassen Sie jetzt einfach alles laufen.«
Sie packte den Sattelknopf und wunderte sich wieder über seine Einfühlsamkeit. Außerdem bedeuteten seine Worte eine willkommene Abwechslung. Wenn sie diese Anfälle von Panik zu überkommen drohten, musste sie ruhig und gefaßt bleiben. Jäh wandte sie sich im Sattel zu ihm um. »Bitte sagen Sie mir, was geschehen ist. Berichten Sie mir von dem Raubüberfall im Zug, und erzählen Sie mir von James.«
Für einen langen Augenblick schwieg er, und Regina dachte schon, er wolle nicht sprechen. Als er dann antwortete, war sein Ton
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