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Schattenbrut (German Edition)

Schattenbrut (German Edition)

Titel: Schattenbrut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Seider
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willkommener Zufall gewesen war. »Ich habe dazwischen neun Jahre mit meinem Ex-Mann bei Stuttgart gewohnt.«
    »Du bist geschieden?« fiepte Tamy und sah sich sofort erschrocken um, doch niemand beachtete die drei Frauen.
    »Klar. Immerhin verdiene ich einen nicht unwesentlichen Teil meines Einkommens mit Scheidungen. Da muss ich doch wissen, wovon ich spreche.«
    Tamy musterte sie von der Seite, als überlege sie, ob dies ein Witz war oder nicht. Vorne hatten die Männer mit dem Sarg das Grab erreicht und blieben stehen, während sich die Ersten in gebührendem Abstand um sie herum gruppierten. Clarissa beugte sich zu ihr und öffnete den Mund, als plötzlich von den Gräbern her angespanntes Tuscheln zu ihnen drang. Clarissa hielt in der Bewegung inne und starrte zu Julias Grab. Billy folgte ihrem Blick und erkannte sofort die rundliche Gestalt von Julias Mutter. Sie trug einen schwarzen Mantel, der zu warm für die Jahreszeit schien. Sie hatte die Schultern angezogen und den Kopf nach vorne gebeugt, sodass Billy sich fragte, ob sie nach etwas Ausschau hielt, oder einen leichten Buckel bekommen hatte. Die Frau machte zwei lange Schritte auf das ausgehobene Loch zu, blieb dort stehen und sah auf den Boden. Eine winzige Sekunde sah es aus, als sei sie erstarrt. Dann zuckte sie zurück, als würde ihr erst jetzt bewusst, was sie dort gesehen hatte. Eine gespenstische Ruhe umwehte Billy, fühlbar wie ein kalter Windhauch. Die Frau, die  vorne am Grab ihrer Tochter stand und die ungeteilte Aufmerksamkeit aller hatte, bückte sich plötzlich mit einer flinken Geste, die nicht zu ihrer schweren Statur passte, und hob einen tellergroßen Gegenstand auf. Mit einer harten Bewegung schleuderte sie das Objekt von sich, das daraufhin in der Luft kreiste und schließlich nur wenige Meter weiter geräuschlos herunterfiel. Julias Mutter drehte sich um und stapfte zurück zu ihrem Platz. Flüsternde Stimmen flogen durch die Menschenmenge, Tamy drückte Billys Ellenbogen und Billy warf Clarissa einen fragenden Blick zu. Die zuckte verwirrt mit den Schultern. Das Murmeln aus den vorderen Reihen ebbte schließlich ab, und die Besucher, die das Grab noch nicht erreicht hatten, gingen langsam nach vorne und versuchten, sich gleichmäßig zu verteilen. Billy konnte Julias Vater erkennen, der neben seiner Frau stand, ohne sie dabei zu berühren. Beide wirkten verkrampft, beide sahen sie verloren aus, jeder für sich alleine. Billy fröstelte und wünschte, sie hätte ihre Jacke mitgenommen.
    Noch mehr Worte des Pfarrers. Die vier Männer hoben den Sarg erneut an, balancierten ihn über die Grube und ließen ihn langsam nach unten gleiten. Billy wischte sich rasch mit den Zeigefingern ihre Augenwinkel und fühlte, wie Tamy, die sich noch immer an ihrem Ärmel festhielt, bebte. Sie löste sich von dem weinenden Bündel, verschränkte ihre Arme und tat einen erleichterten Seufzer, als der Pfarrer das Schlussgebet sprach und sich die Menge zu einer Reihe formierte, um Julias Eltern ihr Beileid auszudrücken.
    »Lassen wir sie in Ruhe«, entschied Billy. »Wahrscheinlich wissen die beiden nicht einmal mehr, wer wir sind.« Sie warf einen letzten Blick in die Grube. Sie war ungefähr zwei Meter tief und fast doppelt so breit wie der Sarg. Einige Erdbrocken waren beim Herablassen auf das dunkle Holz gefallen und das Gesteck aus gelben Tulpen war verrutscht. Billy betrachtete hastig die vielen Menschen, die sich zu kleinen Grüppchen formiert hatten und sich leise unterhielten, erleichtert, dass der Moment der Trauer vorbei war. Clarissa knuffte sie in die Rippen und nickte mit dem Kopf zu der Stelle, wohin Julias Mutter den seltsamen Gegenstand geworfen hatte. Mit heuchlerischer Zufälligkeit bewegten sich bereits einige in dieselbe Richtung. Billy wandte sich angewidert ab, während Clarissa zu den Schaulustigen schlenderte.
    »Komm«, forderte sie Tamy auf.
    Billy winkte ab und wollte sich umdrehen, doch sie hielt in der Bewegung inne. Etwas zog sie magisch an. Wie ferngesteuert bewegten sich ihre Beine den früheren Freundinnen hinterher. Beim Näherkommen erkannte Billy, dass der Gegenstand ein gewöhnlicher Trauerkranz war, hübsch gebunden aus Lorbeer, verziert mit einem schwarzen, schimmernden Band. Ein älterer Herr mit Hut warf einen prüfenden Blick auf den Kranz und ging dann teilnahmslos weiter, Clarissa beugte sich ungeniert darüber und studierte die Aufschrift des Bandes. Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen. Tamy trat neben

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