Schattenbrut (German Edition)
Stirn. »Ihr glaubt also, der Kranz hat etwas mit uns zu tun?«
»Natürlich«, kreischte Tamy und Billy stieß sie mit dem Ellenbogen in die Seite.
»Es muss nicht jeder hören«, fauchte sie, und Tamy zuckte zusammen, bevor sie flüsterte: »Schlampe Nr. 4. Was denkst du, was damit gemeint sein könnte?«
Clarissa atmete tief ein. »Erstens nannten wir uns >Bitches< ...«
»Was das englische Wort für Schlampe ist«, fiel ihr Tamy ins Wort.
»... und zweitens wusste niemand von unserem Clubnamen. Für die anderen waren wir nur die Betas.«
»Wie blöd bist du eigentlich«, mischte sich Billy ein. »Glaubst du, dass der Name ein so gut behütetes Geheimnis war, dass es zwanzig Jahre lang unter uns geblieben wäre? Und was soll die Nummer vier dabei? Ist das ein Zufall?«
Clarissa hob beschwichtigend die Hände. »Okay, vielleicht habt ihr Recht. Aber ist das wichtig? Ist es nicht lächerlich, auf eine Kleinmädchenintrige einzugehen?«
Billy starrte auf die Kürbisse. »Die mache ich fertig«, murmelte sie.
»Nein«, rief Tamy und riss die Augen auf.
»Du willst dir das also gefallen lassen?«
Tamys Schultern sanken herunter. »Wir haben es verdient, oder?«
Billy griff nach ihrem Glas und nahm einen langen Schluck. Dann knallte sie es zurück auf den Tisch. »Hat Julia es verdient, dass man sie an ihrem Grab beschimpft?«
»Julia ist tot!«, schrie Tamy und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
»Leise!«, fauchte Billy gefährlich, und Tamy gehorchte.
»Das war an uns gerichtet, und nicht an Julia. Der ist es egal, was an ihrem Grab geschieht«, wisperte sie zitternd.
»Und was ist mit ihren Eltern? Ihrer Mutter? Du hast sie gesehen. Hat auch sie das verdient?« Billys Stimme triefte vor Hohn.
»Hört auf«, sagte Clarissa. »Tamy, ich glaube nicht, dass jemand uns provozieren wollte, und falls doch, darf es dieser Person nicht gelingen, oder?« Sie wandte ihren Kopf zu Billy. »Und wir helfen niemandem damit, indem wir den Racheengel spielen. Wir sollten die Sache vergessen und endlich auf Julia trinken.«
»Weiß einer, wo Paula jetzt lebt?«, erkundigte sich Billy unvermittelt.
»Lass Paula in Ruhe«, bat Tamy. »Sie hat zwei kleine Kinder und Besseres zu tun, als uns zu ärgern.«
Billy riss ihren Kopf herum »Du hast Kontakt zu ihr?«
»Ich habe sie ein paarmal getroffen. Wie das halt so ist, wenn man nahe beieinander wohnt.«
»Und ihr habt miteinander geredet?« Billy versuchte, die Wut, die in ihrem Bauch brannte, nicht in ihre Worte fließen zu lassen.
»Sicher haben wir das«, gab Tamy leise zurück.
»Sie lebt also noch hier?«
»Auf der französischen Seite, zehn Minuten Autofahrt von hier.«
Billy fuhr sich mit der Zunge über die Zähne. »Trägt sie noch ihren Mädchennamen?«
Tamara griff nach Billys Hand. »Bitte lass sie in Ruhe!«
Billy zog ruckartig ihre Hand weg und warf Tamy einen scharfen Blick zu. »Wie heißt Paula heute?«
»Ich sage es dir nur, wenn du versprichst, sie in Ruhe zu lassen!«
Dummes Huhn, dachte Billy. »Ich verspreche es.«
»Sie heißt Moog. Paula Moog«, sagte Tamy schließlich und senkte die Augen.
Clarissa hob ihr Glas. »Wo wir das geklärt haben, könnten wir jetzt bitte auf Julia trinken?« Sie blickte auffordernd in die Runde.
Tamy griff nach ihrem Schoppen, ein kleiner Schweißfilm hatte sich auf ihrer weißen Stirn gebildete, und auch Billy entschied, dass es an der Zeit war, Ruhe zu geben.
»Auf Julia!«, sagte Clarissa betont fröhlich und die Gläser stießen aneinander.
»Und jetzt erzähl, was du all die Jahre gemacht hast«, bat Clarissa, nachdem sie ihr Glas abgestellt hatte.
Billy sah auf ihre Uhr. »Ich muss gehen.«
»Wir haben uns noch gar nicht unterhalten.« Clarissa sah enttäuscht aus.
Billy kramte nach einer Visitenkarte und drückte sie Clarissa in die Hand. »Bitte melde dich.« Sie grinste wehmütig und dachte dabei an die vielen Nachmittage voller Gespräche unter vier Augen, Treffen, zu denen Julia und Tamy niemals Zutritt gehabt hatten. »Ich würde mich freuen.«
Sie ließ die beiden Frauen zurück und ging mit eiligen Schritten zu ihrem Audi. Dort ließ sie sich auf ihren Sitz fallen und rief mit ihrem Handy die Auskunft an. Nachdem sie die gewünschte Information erhalten hatte, wendete sie und fuhr die Hauptstraße vorbei an einfallslosen Häuserfassaden aus den Fünfzigern. Nach wenigen Minuten passierte sie die Grenze zu Frankreich. Als sie auf die Spitze eines Hügels fuhr, bot sich ein
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