Schattenfeuer
lege sie ins Nachtschränkchen, sobald das Essen fertig ist«, sagte Rachael. Doch ihr Tonfall machte deutlich, daß ihre Worte eigentlich gar kein Versprechen darstellten, sondern nur Hinhaltetaktik.
Verwirrt und besorgt entschloß sich Ben zu diplomatischem Verhalten und ließ das Thema fallen.
Rachael setzte einen großen Topf mit Wasser auf, und in einem kleineren erhitzte sie die Soße für die Nudeln. Gemeinsam bereiteten sie den Salat zu.
Bei ihrer Unterhaltung ging es in erster Linie um die italienische Küche. Aber das Gespräch war nicht so locker und natürlich wie sonst; vielleicht versuchten sie zu angestrengt, alle Gedanken an die schrecklichen Ereignisse dieses Tages zu verdrängen.
Rachael hielt ihren Blick starr auf das Gemüse gerichtet, konzentrierte sich ganz auf ihre gegenwärtige Aufgabe, um alles andere zu vergessen. Ihre Schönheit lenkte Ben ab, und er schenkte der jungen Frau mindestens ebensoviel Aufmerksamkeit wie dem Schneiden der Tomaten und Zwiebeln. Sie war fast dreißig, sah aber kaum älter aus als zwanzig
- und hatte die Eleganz und Anmut einer grande dame. Ben bewunderte sie. Ihr Anblick erregte ihn nicht nur. Rachael schien irgendeine Art von sonderbarer Magie auszustrahlen, die er nicht ganz verstand, und mit dieser Aura entspannte sie ihn. Sie ließ das Gefühl in ihm entstehen, als sei mit der Welt alles in Ordnung, erfüllte Ben mit der Hoffnung, ihn erwarte ein glückliches Leben.
Ganz plötzlich legte er das Messer beiseite, faßte Rachael an den Schultern, drehte sie zu sich um und küßte sie. Jetzt schmeckten ihre Lippen nicht mehr nach Schokolade, sondern nach Champagner. Noch immer ging ein schwacher Jasminduft von ihr aus. Langsam strich Ben mit den Händen über ihren Rücken, bis hinab zum Gesäß, und durch den weichen und dünnen Stoff des Bademantels fühlte er ihren herrlich festen und runden Körper. Sie trug keine Unterwäsche. Bens warme Hände wurden heiß -und dann noch heißer -, als sich Rachaels Körperwärme mit der seinen vereinte.
Fast verzweifelt hielt sie sich an ihm fest, so als sei sie eine Schiffbrüchige in einem sturmg epeitschten Meer, als böte ihr nur Ben Halt. Ihre Hände zitterten, und die Finger bohrten sich ihm tief in die Haut. Nach einigen Sekunden entspannte sie sich, und ihre Hände wanderten über Bens Rücken, berührten seine Schultern, die Oberarme, drückten sanft zu. Ihr Mund öffnete sich weiter, und der nächste Kuß war besonders leidenschaftlich. Rachaels Atemrhythmus beschleunigte sich.
Ben spürte ihre vollen Brüste, und wie eigenständige Wesen machten sich seine Finger auf die Suche, begannen damit, den Leib der jungen Frau eingehender zu erkunden.
Das Telefon klingelte.
Ben erinnerte sich sofort daran, daß sie nach den letzten Anrufen vergessen hatten, wieder den Anrufbeantworter einzuschalten.
»Verdammt«, sagte Rachael und wich von ihm zurück.
»Ich gehe ran.«
»Wahrscheinlich irgendein neugieriger Reporter.«
Ben nahm den Hörer des Wandtelefons neben dem Kühlschrank ab, doch es meldete sich nicht etwa ein Journalist, sondern ein gewisser Everett Kordell, Gerichtsmediziner von Santa Ana. Er telefonierte vom städtischen Leichenschauhaus. Es habe sich ein ernstes Problem ergeben, meinte er, und aus diesem Grund bat er darum, mit Mrs. Leben spre chen zu können.
»Ich bin ein Freund der Familie«, sagte Ben, »und derzeit nehme ich alle Anrufe entgegen.«
»Aber ich muß mit ihr persönlich sprechen«, beharrte Kordell. »Dringend.«
»Sie verstehen sicher, daß Mrs. Leben einen sehr schwierigen Tag hinter sich hat. Wenn ich Ihnen weiterhelfen kann...«
»Sie sollte sofort hierher kommen«, sagte Kordell in einem klagenden Tonfall.
»Zu Ihnen? Ins Leichenschauhaus, meinen Sie? Jetzt sofort?«
»Ja. Auf der Stelle.«
»Warum?«
Kordell zögerte. Dann: »Es ist eine sehr peinliche Angelegenheit, und ich versichere Ihnen, früher oder später werden wir die Sache klären. Wahrscheinlich schon recht bald. Nun... äh, Eric Lebens Leiche wird vermißt.«
Ben glaubte, den Gerichtsmediziner nicht richtig verstanden zu haben. »Vermißt?«
»Ja«, bestätigte Kordell nervös. »Vielleicht wurde sie mit einer anderen Leiche verwechselt und im falschen Fach untergebracht.«
»Vielleicht?«
»Oder man hat sie... gestohlen.« Ben hörte noch eine Zeitlang zu, legte dann auf und sah Rachael an. Sie hatte die Arme um sich geschlungen, so als sei ihr kalt. »Das Leichenschauhaus?«
Ben nickte.
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