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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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– weit gefehlt; es war etwas Schlimmeres, eine unnachgiebige Entschlossenheit, verfinstert vom Schatten ihres Gottes. Mardus besaß zwar keine Magie, doch er besaß Macht. Er war gebenedeit, auserkoren.
    Ashnazai fühlte, wie ihm unter diesem gnadenlosen Blick das Blut in den Adern gerann. Er umklammerte das Fläschchen noch fester, legte die andere Hand über die Augen und rief sich das Bild der Diebe ins Gedächtnis.
    Flüchtig spürte er das beruhigende Pulsieren seiner eigenen beträchtlichen Macht. Die innere Schwärze flutete aus ihm in das Fläschchen und darüber hinaus, wobei sie sich des Blutes bediente, um dessen Quelle aufzuspüren. Doch seit die Diebe Rhíminee erreicht hatten, umhüllte sie ein Schleier. Jemand hatte einen Schutzzauber über sie ausgebreitet, dessen Widerstand gegen Vargûls Magie sich als heftig und undurchdringlich erwiesen hatte. Auch diesmal war es nicht anders. Sobald der Totenbeschwörer alle Sinne gebündelt auf ihren Aufenthaltsort lenkte, blendete ihn die gleißende Vision eines Feuers und riesiger, ledriger Schwingen. Die Botschaft war unmißverständlich: Diese Leute stehen unter dem Schutz der Orëska. Du kannst ihnen nichts anhaben.
    Ashnazai rang nach Luft, ließ das Fläschchen los und vergrub das Gesicht in den Händen.
    »Wieder dasselbe?«
    Ashnazai brauchte nicht aufzublicken, um zu wissen, daß dieser Bastard lächelte.
    »Dann ist Urvays Schauspieler wahrlich ein Segen. Wenn diese beiden nach wie vor unter dem Schutz der Magier von Orëska stehen, gibt es dann einen besseren Ort, um nach ihnen zu suchen?«
    »Ich hoffe, Ihr habt Recht, Herr. Wenn ich sie finde, zerquetsche ich ihre pochenden Herzen mit bloßen Händen.«
    »Rache ist eine gefährliche Empfindung.«
    Als Vargûl Ashnazai aufschaute, sah er eine vertraute Verständnislosigkeit über das Antlitz seines Gefährten huschen – die Erhabenheit des Gottes.
    »Du solltest ihnen dankbar dafür sein, daß sie uns zum Ziel unserer Suche führen«, sprach Mardus mit sanfter Stimme weiter, während er in die Tiefen seines Bechers starrte. »Dieser Schauspieler und seine Hexe sind unsere Schlüssel zum Ziel. Jetzt ist Geduld das Zauberwort. Hab Geduld. Unser Augenblick wird kommen.«

 
1
Eine lausige Nacht dafür
     
     
    Mit Schneeregen beladene Winde peitschten von der winterlichen See herein und tobten gleich einem riesigen, übermütigen Kind durch die dunklen Straßen von Rhíminee. Lose Schindeln und Ziegel wurden von Dächern gerissen und zerschellten scheppernd in Gassen und Gärten. Kahle Bäume neigten sich im Sturm; ihre schlagenden Äste klapperten wie Knochen durch die Nacht. Im Hafen unterhalb der Zitadelle wurden Kähne aus den Anlegeplätzen geschleudert und kenterten an den Molen. Sowohl in der Ober- als auch in der Unterstadt zogen sogar die Freudenhausbesitzer frühzeitig die Fensterläden zu.
    Zwei in Umhänge gehüllte Gestalten glitten aus den Schatten eines Hinterhofs in der Blaufischstraße hervor und eilten nach Osten in die Korngarbenstraße.
    »Ich kann nicht glauben, daß wir bei diesem Wetter unterwegs sind, um ein verfluchtes Liebespfand abzuliefern«, meckerte Alec und schüttelte sich das nasse, helle Haar aus den Augen.
    »Die Katze von Rhíminee hat einen Ruf zu verlieren«, entgegnete Seregil, der zitternd neben dem Jungen herlief. Der schlanke Aurënfaie beneidete Alec um dessen Unempfindlichkeit eines Nordländers gegen Kälte. »Lord Phyrien hat dafür bezahlt, daß dieses Ding heute nacht auf dem Kissen des Mädchens landet. Ich wollte ohnehin einen Blick in die Depeschenkassette ihres Vaters werfen. Es heißt, er spekuliere auf das Amt des Kanzlers.«
    Seregil grinste verstohlen. Seit Jahren half der geheimnisvolle Dieb, den alle Welt nur als die Katze von Rhíminee kannte, den Spitzen der Gesellschaft der Stadt bei ihren endlosen Intrigen; um ihn zu rufen, bedurfte es lediglich einigen Goldes und einer unauffälligen Botschaft in die richtigen Hände. Niemand hatte je erahnt, daß dieser gesichtslose Spion praktisch einer von ihnen war und aus seinen Taten ebensolchen Nutzen zog wie sie.
    Der Wind zerrte von allen Seiten an den beiden, während sie weiter auf das Obere Viertel zueilten. Als sie die Brunnenkolonnade am Ende der Goldhelmstraße erreichten, huschte Seregil kurz hinein.
    »Bist du sicher, daß du es schaffst? Wie geht’s deinem Rücken?« fragte er, während er sich hinabbeugte, um aus dem Springbrunnen in der Mitte des Säulenganges zu trinken.
    Weniger

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