Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit
Seregil hinab. »Bei der Flamme, das ganze Haus ist wegen dir in Aufruhr!«
Er zog einen zusammengerollten Brief aus der Jackentasche und hielt ihn wütend hoch. »Damit hast du uns ganz schön Angst eingejagt, du Volltrottel. Und jetzt weiß ich nicht recht, ob ich dich küssen oder deinen Hintern von hier nach Cirna treten soll!«
Zum ersten Mal seit Monaten ließ Seregil ein schelmisches, schiefes Grinsen aufblitzen. »Du kannst dein Bein ruhig schonen. Alec hat bereits beides getan.«
Micum betrachtete die beiden eingehender, begriff und erwiderte das Grinsen. »Na, das war aber auch höchste Zeit!«
Zwei Tage später versammelten sich Micum und seine Familie auf dem Hof, um sich von Alec und Seregil zu verabschieden.
»Reitet ihr von hier aus nach Mycena?« fragte Micum, während die beiden ein letztes Mal die Pferde und die Ausrüstung überprüften. »Ich könnte mir vorstellen, daß die Königin durchaus Verwendung für ein paar vertrauenswürdige Spione hat.«
Unverbindlich zuckte Seregil mit den Schultern. »Der Winter ist nicht mehr allzuweit. Mittlerweile müßte Idrilain sich irgendwo oberhalb von Keston aufhalten. Sobald der erste Schnee fällt, gibt es nicht mehr viel zu tun. Vielleicht im Frühling.«
Kari verlagerte Gherin auf dem Arm und drückte erst Seregil, dann Alec innig an sich. Dann blinzelte sie ein paar Tränen fort und flüsterte: »Paßt auf euch auf, ihr beiden.«
Micum legte Seregil die Hand auf die Schulter und musterte ihn mit einem Blick, als erwartete er, ihn nie wiederzusehen. »Bei der Flamme, es fällt mir schwer, euch allein losziehen zu lassen. Ich wünschte, du würdest mein Schwert mitnehmen.«
Seregil schüttelte den Kopf. »Diese Klinge gehört zu dir. Ich finde schon ein Schwert, falls ich je wieder eines brauche. In der Zwischenzeit wird Alec mich beschützen.«
»Mach das bloß, Alec, andernfalls wirst du uns Rede und Antwort stehen müssen«, sagte Micum voll schroffer Zuneigung und tauschte einen raschen Blick mit Kari. Beiden war das neue Leuchten in Seregils Augen aufgefallen, sooft er Alec anschaute, und nun erwiderte der Junge dieselbe Wärme.
Nachdem sich alle von Seregil und Alec verabschiedet hatten, schwangen die beiden sich auf ihre Aurënfaie-Rösser und ritten zum Tor hinaus.
»Was ist, wenn die Königin uns im Frühling nicht als Spione haben will?« fragte Alec, als sie zur Brücke hinuntertrabten.
Abermals zuckte Seregil mit den Schultern. »Tja, dann sind wir immer noch zwei der besten Diebe, die ich kenne. Und für Diebe gibt es jederzeit reichlich Arbeit.«
Sie traten die Pferde in einen Galopp, preschten Seite an Seite den Hügel hinab und hielten auf die offene Straße dahinter zu.
ENDE
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