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Schattengrund

Schattengrund

Titel: Schattengrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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los.« Leon gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange. Dann wandte er sich mit einem charmanten Lächeln an Stefanie, die das mit hochgezogenen Augenbrauen an sich abprallen ließ. »Es hat mich sehr gefreut. Leider müssen wir die Fähre bekommen.«
    »Die Fähre«, wiederholte Stefanie. »Verstehe.«
    »Mamutsch, ich erklär es dir.« Nico machte sich los. »Geh schon mal vor, okay?«
    Mit einem Kopfschütteln drehte Stefanie sich um und stapfte in Richtung Schattengrund. Der Krankenwagen hatte seine kostbare Fracht eingeladen und rollte nun mit leisem Schnurren des Motors an ihnen vorüber.
    »Er kommt sofort nach Halberstadt in die Klinik«, sagte Leon. »Und Zach ist in U-Haft. Wir werden wohl nicht beweisen können, was er Fili angetan hat. Und den Mordversuch mit dem verschlossenen Stollen wird irgend so ein Winkeladvokat wohl noch in beste Absichten umdrehen. Aber das mit Maik war schwere Körperverletzung und seine Messerattacke auf dich auch. Und dann habe ich noch das hier.«
    Er holte einen kleinen, quadratischen Metallgegenstand aus seiner Jackentasche.
    »Eine Festplatte?«
    »Seine Festplatte. Mal sehen, was wir noch alles darauf finden. Es ist zum Kotzen.«
    Er verstaute das Beweisstück wieder. »Nico?«
    Er sah ihr in die Augen. Sie fühlte einen Stich – genau wie in der Achterbahn oder wenn ein Fahrstuhl zu schnell hält.
    »Ich hasse es, so einen Menschen in meiner Familie zu haben. Ich werde Zach nie verzeihen können. Kannst du … Könntest du dir trotzdem vorstellen, mich wiederzusehen?«
    Ihre Kehle war wie ausgetrocknet, ihr Kopf leer. Sie hätte gerne irgendetwas Geistreiches geantwortet. So, wie die Girls in diesen witzigen Filmen, die immer einen frechen Spruch parat hatten. Aber ihr fiel nichts ein.
    »Schon gut. War nur eine Frage. Ich kann dich verstehen.«
    Nein!, wollte sie rufen. Du verstehst mich eben nicht! Ich kann das nicht. Drumherum reden und so tun, als ob es das Normalste der Welt wäre, wenn ein Typ wie du mich fragt, ob wir uns wiedersehen.
    »Okay. Ich geh dann mal. Ihr kriegt übrigens immer einen Sonderpreis für die Dachkammer, soll ich euch sagen.« Sein Grinsen verrutschte etwas. »Und mein Dad möchte mit euch gerne über Schattengrund reden. Vielleicht lässt sich da was machen in Richtung Kooperation oder so. Wie auch immer. War schön, dass wir uns getroffen haben. Ich muss jetzt. Die Fähre …«
    »Ja«, flüsterte sie.
    »Gut. Also nicht gut. Ich kann nicht so mit Abschied und allem. Ich geh dann mal.«
    Er drehte sich um. Nico blieb wie angewurzelt stehen. Gibt es eigentlich noch jemanden auf der Welt, der sich blöder anstellt als ich?, dachte sie. Bin ich das, die hier dumm rumsteht und den schärfsten aller Typen einfach gehen lässt?
    »Leon?« Das war zu leise.
    »Leon!«
    Er lief weiter. Nico rannte los. »Bleib stehen! Warte!«
    Sie erreichte ihn und stellte sich ihm mitten in den Weg.
    »Ja«, sagte sie.
    Und da war es wieder. Sein Lächeln. Irgendwo in den Mundwinkeln. Das Funkeln seiner Augen. Der Blick, mit dem er sie ansah: ungläubig, verletzt, und doch wieder … wie Frühling.
    »Was ja?«, fragte er leise. »Ja, ich will dich wiedersehen, egal wo? Egal wie? Nur so bald wie möglich? Wolltest du mir das sagen?«
    »Ja«, flüsterte sie. Er nahm sie in die Arme. Das Glück flutete ihr Herz. Sie schloss die Augen und spürte seine Lippen auf ihrem Mund. Dann küsste er sie, wie sie noch nie von einem Mann geküsst worden war, und es war einer dieser Küsse, bei denen die Welt den Atem anhält und die Zeit bedeutungslos wird und den man nie vergessen wird, sein ganzes Leben nicht.

Dreiundfünfzig
    »Ist es was Ernstes?«
    Stefanie stellte ein Tablett mit heißem Kakao und Nutellabrötchen auf die Bettdecke. Nico rieb sich die Augen, schnupperte und setzte sich auf. Sie musste geschlafen haben wie ein Stein. Minx, die am Fußende zusammengerollt gelegen hatte, erwachte ebenfalls und dehnte und streckte sich.
    »Sein Vater hat mich eben von unterwegs aus angerufen. Er will sich vielleicht demnächst mal mit dir treffen.«
    »Mit mir?« Nico war noch nicht wach. »Warum das denn?«
    »Später. Jetzt iss erst mal was.« Stefanie legte ihr das Tablett auf den Schoß.
    »Woher hast du denn die Brötchen?«
    »Vom Bäcker.« Ihre Mutter trat an das winzig kleine Fenster und zog die Vorhänge zur Seite. Mattes Nachmittagslicht fiel hinein. »So eine nette Frau, die Verkäuferin! Sie hat sich nach dir erkundigt und lässt dich herzlich

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