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Schattenkampf

Titel: Schattenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lescroart
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Fingern, worauf der Junge mit einer devoten Verneigung wieder nach hinten verschwand.
    Hunt folgte Khalil in ein geräumigeres Zimmer im hinteren Teil des Gebäudes. Von dem Platz vor dem 08/15-Holz-schreibtisch, den ihm Khalil zuwies, hatte er einen unverstellten Blick auf die Bucht und die landenden Flugzeuge.
    Das Büro selbst war wie sein Gegenstück im vorderen Teil denkbar funktional. An einer Wand hing über einem Sideboard eine riesige Karte der Bay Area. Ein kleiner Computertisch fügte sich rechtwinklig an den Schreibtisch, hinter dem Khalil jetzt Platz nahm. Er hatte sich kaum gesetzt, als es
klopfte. Der junge Mann vom Empfang kam mit einer Tasse Kaffee herein und reichte sie Hunt. Dann ging er wieder und schloss die Tür hinter sich.
    »So.« Khalil verschränkte die Hände auf dem Schreibtisch. Er sprach korrektes und akzentfreies Englisch. »Mister Hunt. Wie ist der Kaffee? Gut. Doch jetzt, was kann ich für Sie tun? Wenn ich Sie richtig verstanden habe, wollen Sie einen Artikel schreiben.«
    Das war immer der schwierigste Teil. Hunt stellte die Untertasse auf das Tischchen neben ihm. »Das ist eigentlich nicht ganz richtig, Sir, weshalb ich mich zunächst in aller Form entschuldigen möchte. Ich bin Privatermittler und arbeite mit einem Anwalt zusammen, der im Fall Evan Scholler in Berufung gehen möchte. Wenn Sie mich also auf der Stelle hinauswerfen, könnte ich das durchaus verstehen.«
    Das tat Khalil überrascht, aber nicht ohne eine Spur von Erheiterung, mit einer knappen Handbewegung ab. »Sie haben doch noch kaum richtig Platz genommen. Wie kommen Sie darauf, ich könnte nicht über Evan Scholler mit Ihnen reden wollen?«
    »Es könnte ein heikles Thema sein.«
    »Und weshalb?«
    »Ich glaube, es wurde allgemein angenommen, dass er Ihre Eltern ermordet hat.«
    »Ja.« Khalils Miene verdüsterte sich. »Das war eine schwere Zeit. Aber ich hoffe, wir haben das jetzt hinter uns. Und Sie sagen, Scholler will gegen seine Verurteilung Berufung einlegen?«
    Hunt nickte.
    »Na, dann wünsche ich ihm viel Glück.«
    »Tatsächlich? Das überrascht mich etwas.«

    »Warum?«
    »Wenn er doch Ihre Eltern ermordet hat.«
    »Aber er wurde nie des Mordes an meinen Eltern angeklagt. Und ehrlich gestanden, schien das damals auch nicht sonderlich einleuchtend, es sei denn, man akzeptiert als Erklärung dafür, dass er nach allem, was ihm dort zugestoßen war, alle Iraker hasste und sich dann vollkommen willkürlich zwei heraussuchte, um sich zu rächen.« Khalil schüttelte den Kopf. »Das konnte ich mir eigentlich nie so recht vorstellen.«
    »Wer hat sie dann Ihrer Meinung nach ermordet?«
    »Ich glaube, das muss Ron Nolan gewesen sein.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Na, wegen der Splittergranaten zum Beispiel. Soviel ich weiß, hatte er beruflich ständig im Irak zu tun, wo er bestimmt Zugang zu solchen Waffen hatte und von wo er sie in seinem Militärgepäck wahrscheinlich relativ problemlos hierherschaffen konnte, ohne sich wegen des Zolls Gedanken machen zu müssen.«
    »Aber warum?«
    »Warum was?«
    »Warum Ihre Eltern? Was war Nolans Motiv?«
    Khalil verzog das Gesicht. Die Erinnerungen begannen verstärkt zurückzukehren. »Ich glaube, er erhielt den Auftrag, sie zu ermorden, im Irak. Unsere Familie hat dort weitreichende Geschäftsinteressen, und ich glaube - also, das habe ich jedenfalls gehört, und als ich dem FBI erzählte …«
    »Einen Augenblick, bitte! Entschuldigung. Heißt das, Sie haben damals mit dem FBI gesprochen?«
    »Natürlich.«
    »Und Sie haben ihnen gesagt, Sie vermuteten aufgrund
von Informationen, die Sie aus dem Irak erhalten hatten, dass Ron Nolan Ihre Eltern umgebracht hat?«
    »Ja, natürlich.«
    »Und was hat das FBI dazu gesagt?«
    »Sie schienen das bereits zu wissen und äußerten nichts Gegenteiliges, dass es wahrscheinlich so gewesen war. Sie versicherten uns, der Sache weiter nachzugehen. Aber als dann diese Geschichte mit Mister Nolan passierte …«
    »Sie sprachen also auch über den Scholler-Prozess mit Ihnen?«
    Das schien Khalil stutzen zu lassen. Er drehte sich zur Seite und schaute stirnrunzelnd aus dem Fenster, bevor er sich wieder Hunt zuwandte. »Das könnte ich jetzt nicht mit Sicherheit sagen.«
    »Worüber haben Sie dann mit Ihnen gesprochen?« Hunt war so baff, dass er im ersten Moment nicht mehr weiterwusste. Er setzte sich zurück. »Doch entschuldigen Sie, ich habe Sie unterbrochen. Sie sagen also, das FBI glaubte nicht, dass Scholler Ihre Eltern

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