Schattenkampf
vom besten Job der Welt bei Google abgezogen worden war. »Er hat uns hier stationiert. Er kann uns auch woanders stationieren.«
»Für so etwas wurden wir hier nicht rübergeschickt.« Anthony Onofrio, 33, ein stiernackiger CalTrans-Angestellter aus Half Moon Bay, hatte zwei kleine Kinder und eine schwangere Frau zu Hause. Er war durchgängig der traurigste Mann des Zugs, sagte aber selten etwas, um sich zu beschweren. Doch jetzt fuhr er fort: »Das kann doch nicht angehen, Sir. Inzwischen
müssen sie die Lkw, die wir reparieren sollen, doch hundertmal unten in Kuwait haben. Wir sollten dort unten sein und tun, wofür wir ausgebildet sind, und nicht hier hinterm Maschinengewehr stehen.«
»Da bin ich völlig einer Meinung mit Ihnen, Tony. Glauben Sie etwa, ich bin gerne hier? Aber ich dachte, Sie wären froh, eine ordentliche Unterkunft und regelmäßige Mahlzeiten zu kriegen.«
»Die Jungs, mit denen wir hier rübergekommen sind«, sagte Marshawn, »haben das inzwischen wahrscheinlich auch, egal, wo sie sind. Vielleicht haben sie es sogar besser als wir. Dieses Risiko gehen wir gerne ein. Oder, Jungs?«
Ein Brummen allgemeiner Zustimmung ging durch den Raum.
»Tatsache ist jedenfalls, Ev«, fuhr Whitman fort. »Tony hat völlig Recht. Es geht einfach nicht an, dass wir jeden Tag mit diesen Konvois losfahren. Wir wollen nicht dabei draufgehen, Jack Allstrong oder Ron Nolan durch die Gegend zu kutschieren, damit sie ihr Geld abholen können.«
»Niemand will das, Marsh. Ich auch nicht.«
»Aber so, wie es im Moment läuft«, sagte Whitman, »ist es nur eine Frage der Zeit.«
Evan schüttelte in dem Bemühen, ihn klar zu bekommen, den Kopf, dann strich er sich mit der Handfläche übers Gesicht. »Ihr habt völlig Recht. Es tut mir leid. Ich werde mit Calliston reden, sehen, was ich tun kann. Zumindest auf ihn einwirken, wenn es geht.«
»Und lieber früher als später«, sagte Pisoni. »Ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache. Die Lage hier spitzt sich immer mehr zu. Es wird alles nur noch schlimmer werden.«
»Ich werde mich drum kümmern, Gene«, sagte Evan. »Versprochen.
Bei der ersten Gelegenheit, die sich bietet. Gleich morgen, wenn er hier ist.«
»Und noch was, Sir«, fügte Whitman hinzu. »Es könnte vielleicht nicht schaden, wenn Sie nüchtern sind, wenn Sie zu Calliston gehen. Dann wird er Ihr Gesuch ernster nehmen. Nichts für ungut.«
»Klar«, sagte Evan. »Natürlich. Sie haben völlig Recht.«
Wie sich herausstellte, hatte Colonel Calliston nicht die freien siebzehn Sekunden, geschweige denn fünfzehn Minuten, die er sich den Problemen eines Reserve Lieutenants zu widmen verpflichtet fühlte, dessen Gruppe gewinnbringend dafür eingesetzt wurde, für eins der großen Sicherheitsunternehmen der CPA wichtige Aufgaben zu übernehmen. Schließlich wandte sich Evan mit dem Anliegen seiner Leute an Nolan, der sich den Standpunkt der Männer mit sichtlichem Verständnis anhörte und versprach, Allstrong darauf anzusprechen, damit dieser versuchte, sich in dieser Sache bei Calliston Gehör zu verschaffen. Aber wie alles im Irak würde es ein zeitraubender, langwieriger Prozess werden, der keineswegs zu irgendetwas führen musste. Deshalb schlug Nolan vor, Evans Gruppe solle sich bis dahin mit dem Kommandanten ihrer Reserveeinheit oder mit einigen ihrer Kollegen in dieser Einheit in Verbindung setzen, wo immer diese gerade stationiert waren.
In den wenigen Tagen, in denen diese Gespräche und Verhandlungen auf den Weg kamen, verschlechterte sich die ohnehin schon schlechte Lage in Bagdad noch einmal erheblich, und zwar insbesondere für die Konvois. Einer der KBR-Konvois, die mehrere Tonnen Dinare in bar von Bagdad zum BIAP transportierten, geriet am Stadtrand in einen Hinterhalt
und schaffte es nur mit Müh und Not, mit einem Toten und vier Verwundeten auf das Flughafengelände zurückzukommen. Das Beifahrerfenster des an der Spitze fahrenden Fahrzeugs war zersprungen, und Türen und Kotflügel wiesen Dutzende Einschusslöcher auf. Erfolgt war der koordinierte Angriff von einem sogenannten Suicide Vehicle Borne Explosive Device oder SV-BED, einem Selbstmordattentäter in einem Auto, und von mehreren Aufständischen, die den Konvoi von den Dächern der umstehenden Häuser unter Beschuss nahmen. Nach allgemeiner Auffassung hätten die Verluste erheblich höher sein können, aber die Marines des Konvois hatten das Selbstmordfahrzeug unter Beschuss nehmen und seinen Fahrer töten können, bevor
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