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Schattenkinder - im Zentrum der Macht

Schattenkinder - im Zentrum der Macht

Titel: Schattenkinder - im Zentrum der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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würde Mr Hendricks jemanden schicken, der ihn abholte und auch Lee, sobald er kam. Es war ganz einfach.
    Einen Moment lang erwog Trey im Schrank auf die Ankunft von Lee zu warten – sollte er doch den Anruf überneh men . Sollte sich Lee überlegen, wie man die Botschaft »Bitteholen Sie uns auf der Stelle von hier weg!« in den Ohren heimlicher Lauscher harmlos und nebensächlich klingen ließ. Sollte Lee sich doch um alles kümmern.
    Doch noch während ihn die vertraute Scham überflutete, dachte Trey:
Nein, ich muss es tun
. Mrs Talbot hatte ihn gewarnt, dass jemand von der neuen Regierung sich das Haus der Talbots unter den Nagel reißen könnte. Was war, wenn Trey nun zu lange herumtrödelte und auf Lee wartete, bis die Regierung – wegen ihm – am Ende beide Jungen erwischte?
    Ich schaffe das
, machte sich Trey selbst Mut. Er hatte zwar noch nie ein Telefon benutzt, wusste aber, wie es funktionierte. Er konnte die Auskunft anrufen und nach der Hendricks-Schule fragen. . . . Die einzige Schwierigkeit bestand darin, genug Mut aufzubringen, um den Schrank zu verlassen.
    Vielleicht gibt es in der Küche ein Telefon
, sagte sich Trey.
Dann muss ich gar nicht weit laufen
.
    Dieser Gedanke trieb ihn aus dem Schrank. Wieder bahnte er sich einen Weg um Töpfe und Pfannen herum und kroch über den Fußboden. Sein Schrank – er betrachtete ihn jetzt sehnsuchtsvoll als »seinen« Schrank – befand sich unter einer Arbeitsplatte in der Mitte der Küche. Er umkreiste diese Insel und starrte auf jeden Küchenschrank und zu jeder Wand hinauf. Manchmal hingen Telefone doch an der Wand, oder nicht?
    Doch die Arbeitsplatten waren bedeckt mit Bergen von Papier, so dass die Wände nicht zu sehen waren. Ein Schrank stand offen und eine Lawine aus Lebensmittelkartons ergoss sich auf den Fußboden. Trey widerstand dem Drang, innezuhaltenund sich ein paar der herausgefallenen Frühstücksflo cken in den Mund zu stopfen.
    Siehst du, Dad?
, dachte er bei sich.
Ich bin kein Tier
.
    Er unterdrückte seine Angst und ging ins Fernsehzimmer hinüber, wo noch immer Licht brannte.
    Die Vorhänge sind geschlossen
, beruhigte er sich.
Du bist hier immer noch sicher. Keiner kann dich sehen.
    Er durchquerte den Raum, stieg über das zerbrochene Glas und die aufgeschlitzten Kissen.
    Er fand das Telefon auf dem Boden unter der Couch. Er zog es mit Leichtigkeit hervor – den festen Plastikhörer, die spiralförmige Schnur, die –
    Mehr kam unter der Couch nicht hervor. Man hatte die spiralförmige Schnur durchgeschnitten.
    Wider alle Logik hielt Trey den Hörer ans Ohr. Er lauschte dem Rauschen leerer Luft, der toten Verbindung zur Außen welt .
    Die Verzweiflung weckte seine Kühnheit. Er durchsuchte das ganze Haus und fand vier weitere Telefone und ein Computermodem.
    Alle mit durchschnittenen Kabeln.
    Mit dem letzten Telefon in der Hand begann Trey in einem Schlafzimmer im Obergeschoss zu wimmern, genau wie ein verwundetes Tier.
    Jetzt hängt alles von dir ab, Lee
, dachte er.
Bitte komm bald. O bitte, bitte, komm bald.

7.   Kapitel
    A ber Lee kam nicht. Mehrere Tage vergingen und Trey wartete geduldig, doch er hörte weder die Türglocke noch ein Klopfen oder eine fröhliche Stimme, die rief: »He! Wo steckt ihr denn alle?«
    Trey war sich vage bewusst, wie froh er sein konnte, dass auch sonst niemand aufgetaucht war – keine weiteren Män ner in Uniform, keine Familienangehörigen, die soeben die Erlaubnis erhalten hatten, das Haus der Talbots zu okkupieren. Doch es fiel ihm schwer, zu warten und sich ständig zu fragen, was mit seinen Freunden geschehen war, mit Mr und Mrs Talbot, ja, mit dem ganzen Land.
    Der Chef der Bevölkerungspolizei ist jetzt an der Spitze der Regierung
, sagte er sich einmal mehr.
Was glaubst du wohl, was draußen vor sich geht? Friede, Freude, Eierkuchen?
    Die meiste Zeit über befand sich Trey im gleichen, fast panikartigen Zustand wie vor knapp einem Jahr, als er darauf gewartet hatte, dass seine Mutter von der Beerdigung des Vaters zurückkehrte. Er war so verwirrt und voller Trauer gewesen, dass er nicht einmal lesen konnte, und immer wieder hatte er versucht sich vorzustellen, wie das Leben ohne den Vater weitergehen würde.
    Wird Mom mir jetzt Latein, Französisch und Griechisch beibringen?
, fragte er sich.
Wird sie sich jetzt abends mit mir unterhalten statt böse vor sich hin zu starren, während ich
hinter den Büchern sitze?
Zwischen den Angstattacken hatte Trey fast so etwas wie Hoffnung

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