Schattenlord 1 - Gestrandet in der Anderswelt
hab’s verstanden.« Laura stupste ihre Freundin an, und sie lachten beide.
Warum sie Freundinnen waren, konnten sie selbst nicht sagen. Eigentlich trennten sie Welten, doch als sie sich kennenlernten, hatten sie beide eine Gemeinsamkeit: Sie saßen aufgebrezelt im selben Restaurant an jeweils einem Zweier-Tisch und waren von ihrer Verabredung sitzen gelassen worden. So waren sie ins Gespräch gekommen.
Und seither waren sie nahezu unzertrennlich, allerdings nur, wenn Zoe im Land war und Zeit hatte …
»Trotzdem habe ich nicht geträumt«, fügte Laura eigensinnig hinzu. Dieser Hauch ging ihr einfach nicht aus dem Kopf - geschweige denn von ihrem Körpergefühl.
Sie hatte so etwas noch nie erlebt und konnte nur hoffen, dass es sich beim Aussteigen nach der Landung in Miami wiederholte. Dann aber würde sie ganz genau aufpassen.
Sie war mit auf die Bahamas geflogen, um sich neu zu sortieren - und das könnte endlich der Beginn sein! Immerhin war sie ja schon auf der Rückreise.
Für einen Augenblick kam Laura ins Träumen …
»Wann starten wir endlich?«, rief Zoe. »Ich zerfließe hier bald!«
Nervös drückte er sich in den Sitz am Gang in Reihe achtzehn. Vier Reihen weiter vorn saßen zwei junge Frauen, die sich lebhaft auf Deutsch unterhielten. Sie waren eindeutig die Lautesten - vor allem die Große, sehr Schlanke in dem knappen Mini von der Länge einer Krawattenbreite. Das hatte ziemlich interessant ausgesehen, als sie auf ihren Platz geklettert war …
Die anderen Fluggäste entwirrten sich nacheinander und ließen sich auf ihren Plätzen nieder. Die einen unterhielten sich leise, die anderen starrten angespannt zur Tür der Pilotenkanzel, als ob sie damit den Start beschleunigen könnten.
Es war sein erster Flug, und er bemühte sich, sich sein Unbehagen nicht anmerken zu lassen. Das verlangte eine Menge Beherrschung, denn es war ihm zu eng und zu stickig. Auf so kleinem Raum mit so vielen Menschen zusammengepfercht zu sein gefiel ihm ganz und gar nicht. Er beobachtete die anderen und stellte fest, dass die Reise-Profis entweder in die kostenlose Zeitschrift vertieft waren oder mit geschlossenen Augen dösten.
Dann endlich ging es los. Die Maschine löste sich vom Terminal und rollte langsam Richtung Startbahn. Dort angekommen, verharrte sie eine Weile, während die Triebwerke hochfuhren. Dann beschleunigte die Maschine.
Instinktiv krallte er die Finger in die Lehnen und mied den Blick nach draußen; genau deswegen hatte er nach einem Platz am Gang verlangt. Der Mann rechts neben ihm sah ihn grinsend an, gepaart mit einem Hauch Mitgefühl.
»Das erste Mal?«
Er nickte stumm und verbissen.
»Entspannen Sie sich. Merkt sowieso jeder. Und da ist gar nichts dabei, Sie gewöhnen sich schnell daran. Flugangst ist etwas ganz Natürliches.«
»Ich habe nichts gegen das Fliegen.«
»Sondern?«
»Keine Kontrolle darüber. Eingesperrt in einen Käfig …«
»Wird schon, Kumpel. Schauen Sie einfach nicht raus.«
Das Flugzeug hob ab, und es ging steil nach oben. Sein Magen auch. Ruhig, ganz ruhig, dachte er angestrengt. Es ist doch nur eine knappe Stunde. Kaum gestartet, geht es gleich wieder zur Landung.
Erleichtert atmete er auf, als das Flugzeug endlich in die Waagrechte ging, der Lärm aufhörte und das Schütteln nachließ. Augenblicklich lösten die ersten Reisenden die Sicherheitsgurte und hasteten zur Toilette. Andere standen auf und blieben einfach stehen. Zeitungspapier raschelte, Notebooks wurden hochgefahren, andere drückten die Kopfhörer ihrer MP3-Player fest.
Seine Finger entspannten sich, und er blickte sich unauffällig um. Er war nicht der Einzige seiner Art hier an Bord. Wo mochten die anderen sein? Würden sie sich durch ihr Verhalten verraten?
»Kann man hier endlich mal einen Drink bekommen?«, rief das blonde Model von Reihe vierzehn laut auf Englisch.
Die junge Frau neben ihr versuchte, sie zu beschwichtigen. Sie war genauso hübsch wie das Model, fand er, auch wenn sie kleiner war und lässiger gekleidet mit ihren Shorts und den Flip-Flops. Das schwarze Top mit den durch aufgedruckte Nieten stilisierten Flügeln auf dem Rücken stand ihr gut, fand er. Dazu diese dichten ungebändigten schwarz-bunten Haare … Am meisten aber gefielen ihm ihre aufgeweckten grünbraunen Augen. Glücksaugen sagte man bei ihnen dazu. Dort, wo er herkam, würde man eine Menge für diese Augen zahlen.
»Endlich kommen die Saftschubsen!«, schrie das Model auf Deutsch, als eine Stewardess
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