Schattennächte: Thriller (German Edition)
seinen Blick auf sich ruhen, aber falls er etwas erwidern wollte, verkniff er es sich. Schließlich ließ er den Motor wieder an und fuhr weiter.
Die Morgans wohnten in einem neueren zweistöckigen Haus im »Stil ländliches Kalifornien«, wie Lance es immer genannt hatte, die Westküstenversion eines Landhauses aus dem Mittleren Westen mit Schindelverkleidung, Fensterläden und einer Veranda. In diesem modernen Wohnviertel, mit einem fünfhundert Quadratmeter großen Garten und einem Pool auf der Rückseite, hatte es allerdings wenig »Ländliches« an sich.
Mendez ging vor Lauren her zur Tür und klingelte, als ob er das schon öfter getan hätte. Lauren hatte ihn nicht gefragt, woher er Sara Morgan kannte, nahm jedoch an, dass es etwas mit den Ermittlungen zu tun hatte, in die Wendy verwickelt gewesen war.
Sara Morgan öffnete und wirkte bei seinem Anblick überrascht.
»Tony.«
»Ich habe Mrs. Lawton hergebracht, damit sie ihre Tochter abholen kann«, sagte er. Dann drehte er sich zu Lauren und sagte knapp: »Ich warte im Auto.«
Lauren war zu verlegen, um darauf zu achten. Es kam ihr vor, als hätte sich eine riesige Faust um ihr Herz gelegt. »Darf ich reinkommen?«, fragte sie. »Ich muss Ihnen wohl einiges erklären.«
Sara Morgan trat zur Seite und hielt die Tür auf.
»Die Mädchen sind oben«, sagte sie. »Ich habe mir gerade ein Glas Wein eingeschenkt. Ich könnte mir vorstellen, dass Sie auch eines wollen.«
»Danke, gern«, sagte Lauren und folgte ihr in die große rustikale Küche. »Offen gestanden bin ich Ihnen dankbar, dass Sie mir nicht die Tür vor der Nase zugeschlagen haben.«
»Leah hat mir gesagt, wer dieser Mann ist«, erklärte Sara und schenkte ihr aus einer offenen Flasche ein Glas Merlot ein. »Ich kann mir nicht einmal vorstellen, was Sie empfunden haben müssen, als Sie ihn sahen.«
Wendy war ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten. Sara Morgan hatte die gleiche blonde Haarmähne, die gleichen kornblumenblauen Augen. Sie war groß und schlank und trug bequeme Yogakleidung. Sie reichte Lauren das Glas und setzte sich auf einen der hohen Hocker am Frühstückstresen.
»Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll«, sagte Lauren. »Erst einmal möchte ich Ihnen sagen, wie leid es mir tut.«
»Wussten Sie, dass er hier in Oak Knoll ist?«
»Ich habe es gerade erst erfahren«, log Lauren. Sie trank einen Schluck Wein und wünschte, sie könnte das Glas in einem Zug austrinken. »Aber im Büro des Sheriffs weiß man es jetzt auch. Sie wissen über ihn Bescheid.«
Als ob das eine Beruhigung für Sara Morgan wäre. Im Büro des Sheriffs wusste man, dass sich in Oak Knoll ein Mann aufhielt, dem niemand eine Entführung hatte nachweisen können, der tun und lassen konnte, was er wollte – selbst junge Mädchen beim Tennisspielen fotografieren.
»Leah hat erzählt, dass er Ihre Familie in Santa Barbara verfolgt hat.«
Lauren nickte.
»Das ist schrecklich. Und ich muss Ihnen sagen, dass es auch für mich schrecklich ist, Lauren. Wendy und Leah sind gute Freundinnen geworden. Aber wenn Leah in Gefahr ist, dann ist auch Wendy in Gefahr, wenn sie zusammen sind. Das kann ich nicht zulassen.«
Von Mitleid für ihre Tochter überwältigt, schloss Lauren die Augen. »Das verstehe ich«, sagte sie. »Besser als irgendjemand sonst.«
»Es tut mir leid«, sagte Sara. »Ich weiß, dass sich die Mädchen sehr mögen, aber ich kann nicht erlauben, dass die beiden sich treffen, wenn ich nicht dabei bin.«
»Das verstehe ich«, wiederholte Lauren.
»Zumindest bis der Sheriff etwas gegen ihn tun kann. Er kann doch etwas tun, oder?«
»Leider bin ich die Einzige, die heute Abend gegen das Gesetz verstoßen hat.«
»Das ist völlig verrückt!«
Lauren brachte ein bitteres Lächeln zustande. »Willkommen in meiner Welt.«
Sie warf einen Blick auf ihre Uhr, als ob die Zeit von Bedeutung wäre. Sie nahm überhaupt nicht wahr, wie spät es war. Es hätte genauso gut acht Uhr wie Mitternacht sein können. »Ich sollte Leah jetzt nach Hause bringen. Danke, dass Sie sich um sie gekümmert haben.«
Sara Morgan rief die Mädchen nach unten. Sie wirkten, als gingen sie zu ihrer Hinrichtung, Leah blickte besonders düster drein. Sie versprachen sich, am nächsten Tag miteinander zu telefonieren. Leah nahm Laurens Handtasche von dem Tisch in der Diele und reichte sie ihr wortlos.
Auf dem Weg zum Auto legte Lauren ihrer Tochter die Hand auf die Schulter. Leah schüttelte sie ab und ging
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