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Schattenspur

Schattenspur

Titel: Schattenspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Laue
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1.
     
     
    W
    illard Drake bot seinem Klienten einen Platz an und wartete, bis dieser sich gesetzt hatte, ehe er ebenfalls Platz nahm. Er legte die Hände auf die Tischplatte vor sich und empfand die Berührung des massiven Holzes als beruhigend. Wie den Schutzwall einer Festung, hinter dem er sicher zu sein hof f te. Der Mann war ihm unheimlich. Was ganz sicher nicht daran lag, dass Louis Durant ein Hüne von fast sieben Fuß war und Willard um mehr als einen Kopf überragte. Es hatte auch nichts mit dem Spazierstock zu tun, den er trug. Ein exotisches Stück aus glatt p o liertem schwarzem Holz, um das sich zwei geschnitzte Schla n gen wanden, und dessen Knauf ein elfenbeinfarbener Schädel in Kindskop f größe bildete. Willard hoffte, dass das Ding aus Plastik war und kein echter Schädel.
    Sein Unbehagen lag auch nicht daran, dass Durant seine Handschuhe a n behielt, obwohl es alles andere als kalt draußen und erst recht nicht hier drin war, oder dass er Willards dargebotene Hand ignorierte. Es lag ebenfalls nicht daran, dass Durant ein Schwarzer war. Willard hatte einen Teil seines Lebens in Afrika verbracht und nicht nur dort eine Menge farbiger Freunde und ke i ne Vorurteile gegen Menschen anderer Herkunft, Hautfarbe oder Religion. Was ihm bei Durant einen kalten Schauder über den Rücken jagte, waren dessen Augen. Je nachdem, wie das Licht auf sein Gesicht fiel, waren sie pechschwarz und wirkten wie Löcher, die alles aufsogen, was sie anblickten. Weshalb Willard nach Möglichkeit direkten Blickkontakt vermied, weil er das irrationale Gefühl hatte, Durant würde ihm sonst die Seele aussaugen. In einem anderen Licht schienen die Augen wie die Feuer der Hölle zu glühen mit einem rötlichen Schimmer, der an Blut erinnerte. Durants Alter war schwer zu schätzen. Er wirkte alterslos und hätte alles zwischen dreißig und sechzig sein können.
    „Darf ich Ihnen etwas anbieten, Mr. Durant? Kaffee, Tee, einen Frucht…“
    „Nein. Haben Sie, was ich will?“
    Willard zuckte beim Klang der kalten Stimme zusammen. „Ja, Sir, ich habe sie gefunden.“ Er schob ihm eine Akte hin, dankbar, dass Durant das G e tränk abgelehnt hatte. Umso schneller war der unheimliche Mann wieder verschwunden. Hoffentlich.
    Durant schlug den Ordner auf und blickte zufrieden lächelnd auf das Bild der jungen Frau, das dem obersten Blatt angeheftet war. Das Lächeln ve r stärkte Willards Unbehagen. Es besaß etwas Diabolisches. Er fragte sich, ob es richtig gewesen war, diesen Auftrag anzunehmen und dadurch, dass er die junge Frau ausfindig machte, sie diesem unheimlichen Mann auszuliefern. Normalerweise kannte Willard solche Skrupel nicht. Er war Privatermittler und wurde dafür bezahlt, Leute aufzuspüren, die seine Auftraggeber finden wollten. Durant zahlte fürstlich und feilschte um keinen einzigen Cent der Spesen, die Willard ihm jeden Monat berechnete.
    Aber dieses dämonische Lächeln ließ ihn ahnen, dass der Mann mit ihr e t was anderes plante, als ihr das Erbe eines verstorbenen haitianischen Ve r wandten zukommen zu lassen, wie er behauptet hatte. Willard bezweifelte, dass Durant überhaupt Anwalt war, obwohl seine Nachforschungen ergeben hatten, dass es tatsächlich einen Anwalt namens Louis Durant auf Haiti unter der Adresse in Carrefour gab, die Durant ihm genannt hatte.
    Durant schloss die Mappe. „Was schulde ich Ihnen?“
    Willard reichte ihm die Rechnung. Durant warf einen Blick darauf, zückte sein Scheckbuch und schrieb ohne zu zögern einen Scheck über knapp zeh n tausend Dollar aus. Mit einer Geste, als würde er einem Hund einen Kn o chen hinwerfen, ließ er ihn vor Willard auf den Tisch fallen und stand auf.
    Willard erhob sich ebenfalls. „Sie wollen der Frau wirklich ein Erbe ausza h len?“
    Der Blick, den Durant ihm zuwarf, ließ Willards Atem stocken. Das kalte Lächeln schien die Luft im Raum zu gefrieren. „Würde ich mir sonst so viel Mühe machen, sie zu finden?“
    Willard fielen dafür spontan zwei Dutzend andere Gründe ein, keiner d a von angenehm für die Frau. Aber er hütete sich, das zu äußern. Er wollte, dass Durant verschwand und ihn nie wiedersehen. Der steckte die Akte und die Rechnung in seinen Aktenkoffer und wandte sich zur Tür.
    „Ich hoffe, Sie waren mit meiner Arbeit zufrieden, Sir.“
    „Ja, Sie sind Ihr Geld wert, Mr. Drake. Guten Tag.“ Er reichte Willard die behandschuhte Hand, die er widerwillig drückte. „Danke, ich finde allein hinaus.“
    Willard atmete auf,

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