SchattenTod | Ein Weserbergland-Krimi
oder Ähnlichem stank. Sie kämpften sich mühsam durch die Wolke nach oben. Beide nickten sich zu. Die Pistolen waren entsichert. Peter sollte die Tür eintreten, falls Wolf sie nicht mit der Klinke öffnen konnte, und das musste möglichst gleichzeitig geschehen. Doch die Tür gab freiwillig nach. Sie standen in einer Art Vorraum.
Wie Bernhard Dickmann so plötzlich hinter ihnen stehen konnte, ohne einen Laut verursacht zu haben, konnten sie sich auch später nur damit erklären, dass sie völlig fixiert auf die Situation vor ihnen gewesen sein mussten. Er stürmte an ihnen vorbei und erschrak. Auch Wolf und Peter, die ihm folgten und ihn zurückreißen wollten, raubte der Anblick den Atem.
Da lag eine junge Frau, alle viere von sich gestreckt, nackt an ein Metallbett gefesselt, und Ulf stand daneben, ohne seine Hose, aber mit einer Waffe in der Hand.
„Ich habe mich auf dich verlassen, du Sausack!“, schrie Bernhard. „Meine Hand hätte ich für dich ins Feuer gelegt. Ich dachte, wir wären Freunde!“
„Ich bin niemandes Freund und meine Liebe gehört der Musik und meiner Frau dort. Kommt nicht näher, wenn ihr weiterleben wollt.“
Doch Bernhards Wut steigerte sich zu Raserei. Er stürmte auf Ulf zu. Der Schuss, der ihn traf, war laut und fällte einen Baum von Mann. Wolf nutzte den Moment, in dem Bernhard zu Boden ging, und schoss Ulf ins Bein. Es tat ihm nicht leid, dass der Schuss ein wenig zu hoch ausfiel und nach dem Durchschlagen von Ulfs Gemächt in seinem lädierten Becken steckenblieb. Der wahnsinnige Schmerz in den Hoden machte ihn kampf- und bewegungsunfähig, bis Peter und Wolf die Situation unter Kontrolle hatten.
Sie befestigten Ulf mit Peters Handschellen am Bein des Bettes. Wolf bedeckte Lena notdürftig mit den Kleidungsstücken, die er auf dem Boden fand, und sagte ihr, dass sie gleich befreit würde. Sie bedankte sich mit einem erleichterten Lächeln und nickte. Dann kniete er sich neben Bernhard, auf dessen Brust sich ein Blutfleck immer mehr ausbreitete. Wolf nahm seinen Kopf in den rechten Arm und hob ihn ein bisschen an. Mit glasigen Augen sah ihn Bernhard an. Ein Blutfaden sickerte auch aus seinem Mund.
Peter war inzwischen hinausgerannt, um Nadja zu holen. Sie hatte Bernhard nicht zurückhalten können und stand bereits an der Hauswand der alten Schlachterei.
„Du hättest im Auto bleiben sollen!“, schimpfte Peter. „Ulf hätte hier rausrennen und auch auf dich schießen können.“
„Ist jemand verletzt?“
„Ja, Bernhard.“
„Ich hole meine Tasche aus deinem Wagen“, sagte sie und wollte losrennen.
„Nix da, die hole ich, du gehst schon hoch. Es besteht keine Gefahr mehr. Ich glaube, Bernhard geht es sehr schlecht.“
Damit sollte Peter recht behalten, denn noch bevor er mit der Tasche wieder da war, hatte Bernhard seinen letzten Atemzug getan. Seine Augen waren nun auf eine endlose Weite gerichtet. Nadja nahm seinen Kopf aus Wolfs Arm, schloss die Lider vorsichtig und bedeckte sein Gesicht mit einem Tuch, das sie in ihrer Notarzttasche hatte. Dann stand sie auf und ging zu dem Mädchen. Lena sah sie fragend an.
„Ist der Mann tot?“
„Unser Kommissar Dickmann ist tot. Der Mann, der dich entführt hat, lebt noch“, sagte sie und schnitt mit ihrer Verbandsschere die Fesseln durch. „Du brauchst aber keine Angst mehr zu haben. Zieh dich in Ruhe an, wir rufen dir einen Krankenwagen.“
Ulf lag immer noch zusammengekrümmt am Fuß des Bettes und stöhnte leise. Zwischen seinen Beinen blutete ein Trümmerfeld.
„Rufst du bitte Verstärkung, wo auch immer sie herkommen mag?“, bat Wolf seinen Kollegen Peter. „Ich muss an die frische Luft!“
Peter nickte. Er konnte sich vorstellen, was jetzt in Wolf vorging.
Wolf
Es war längst dunkel geworden. Der kühle, frische Wind tat Wolf gut. In der Luft lag der Brandgeruch ferner Osterfeuer. Er hatte schon einmal eine ähnliche Situation erlebt. Auch da war ein Mensch nach einem Schusswechsel in seinen Armen gestorben. Aber das war seine Verlobte gewesen. Der heutige Abend hatte ihm gezeigt, dass er noch immer nicht darüber hinweg war. Es war, als hätte er sie ein zweites Mal verloren. Er fühlte dasselbe Leid, die Trauer, den Schmerz, als sei es eben erst gewesen, dass sie von ihm gegangen war.
Was aber empfinde ich dann für Moni?, fragte er sich. Auch das ist Liebe. Er fühlte sie ganz stark in sich, und doch musste es etwas anderes gewesen sein, was er für seine Verlobte gefühlt hatte. Wann
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