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Schattenwesen

Schattenwesen

Titel: Schattenwesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rauchhaus
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auch warm und voll von dem Mut, den ich jetzt brauchte.
    »Ich komme, sobald ich kann!«, raunte es hinter mir.
    Herr Nachtmann hatte wohl seine ganze Geschichte erzählt und sah mich nun erwartungsvoll an. Ich hatte kein Wort davon mitbekommen, was sicherlich in Leuchtschrift in meinen Augen stand.
    »Nun? Was sagen Sie?«, fragte er misstrauisch und ich spürte, dass er kurz davor war, mich vom Fenster wegzureißen. »Verstehen Sie jetzt, warum ich das Schwarz unbedingt brauche?«
    Einen Moment war ich noch leicht verwirrt und sicherlich rot im Gesicht. Dann nickte ich voller Einsicht. »Vielleicht ist das wirklich der beste Weg für alle«, war das Erste, was mir einfiel. »Ich komme mit ins Labor und zeige Ihnen, wie es geht. Und danach will ich meinen Schatten zurückhaben!«
    Als ich an Ruben Nachtmann vorbei in Richtung Treppe gehen wollte, umfasste er meinen Oberarm so fest, dass es wehtat.
    »Geben Sie mir doch einfach die Formel, dann müssen Sie nicht stundenlang danebenstehen. Ich gebe Ihnen gern Bescheid, wenn ich fertig bin.«
    Verstanden hatte ich auch das Ungesagte: Er würde mich warten lassen, bis er wusste, dass die Formel echt war. Danach wäre mein Leben keinen Cent mehr wert.
    »Das ist sehr rücksichtsvoll von Ihnen«, lächelte ich ihn an. »Aber ich habe die Formel nicht aufgeschrieben aus Angst, dass sie mir gestohlen werden könnte. Ich kann Ihnen nur zeigen, wie es geht.«
    Mit rasendem Herzen ging ich an ihm vorbei, bemüht um eine Coolness, die ich nicht empfand. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass Nachtmann zögerte. Doch dann kam er mit und seine Familien-Untertanen folgten uns schweigend.
    Ich spürte seine scharfen, bohrenden Blicke. Sicherlich kreisten seine Gedanken um die Frage, ob er mir trauen konnte. Als wir das Kellerlabor erreicht hatten, schickteer mich mit einem freundlichen Lächeln hinein, blieb aber selbst in der Tür stehen.
    »Und ihr sucht Cyriel!«, flüsterte Nachtmann an die anderen Schatten im Gang gewandt. »Der Ärmste wird sich doch nicht verlaufen haben?«
    Schnell wandte ich mich den Gläsern im Regal zu, die mit altmodischer Handschrift etikettiert waren. Ruben sollte meine Bestürzung nicht sehen. Ob Cyriel eine Chance hatte, sich vor so vielen Suchenden zu verstecken? Und was würden sie mit ihm machen?
    »Wo finde ich Phosphorsalz?«, fragte ich mit wackeliger Stimme.
    Eine Hand legte sich auf meine Schulter und ich zuckte zusammen.
    »Na, na!« Nachtmanns breites Lächeln drängte sich vor das Regal. »Sie fürchten sich doch nicht vor mir, oder?«
    Da er mir ins Gesicht sehen konnte, brauchte ich ihm wohl keine Freundschaft mehr vorzuspielen, also schwieg ich.
    Inzwischen konnte ich den Versuchsaufbau zum Glück auswendig. Trotzdem überlegte ich immer wieder, stellte ein Glas mit einer Substanz wieder weg und ein anderes hin. Mit stoischer Ruhe und Gelassenheit zerstieß ich die grünen Kristalle des Nickelsulfats. Und ich sah Herrn Nachtmann an, dass ihn meine Verzögerungstaktik wahnsinnig machte.
    »Können Sie sich nicht mal konzentrieren?«, platzte er heraus.
    »Ohne meinen Schatten nicht so richtig«, gab ich giftig zurück. »So geht es allen Menschen hier. Wussten Sie nicht, dass wir langsam den Verstand verlieren?«
    Tatsächlich war ich überzeugt davon, dass ich schon längst im Trallala-Land leben würde, wenn Cyriel nicht meinen Schatten in meine Nähe gebracht hätte. Ich hatte neben meiner dunklen Seite geschlafen und dadurch offenbar »aufgetankt«. Aber für wie lange …?
    Nachtmann musterte mich so intensiv, als wolle er sich meine Bestandteile genau einprägen, bevor er mich auseinandernahm.
    »Das könnte natürlich stimmen. Ich werde Ihren Schatten holen!« Er wandte sich zur Tür.
    »Nein, nicht nötig!«, entfuhr es mir. Und sofort wusste ich, dass ich einen Fehler gemacht hatte.
    »Warum nicht?«, fragte Nachtmann mit schneidender Stimme und kam auf mich zu. »Ist es nicht das, was Sie sich am meisten wünschen? Sollten Sie nicht glücklich sein über mein Angebot? … Was hat Cyriel mit Ihrem Schatten gemacht?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nichts. Ich weiß nicht, wo er ist.«
    Im nächsten Moment flog die Tür auf und die anderen Schatten kamen herein. Sie machten sich nicht die Mühe, für mich Gestalt anzunehmen. Nur an ihren Stimmen konnte ich sie erkennen.
    »Etwas Seltsames geht vor«, sagte Richard. »Alle haben sich vor dem Schattenraum versammelt.«
    »Als ob sie auf etwas warten würden«, ergänzte

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