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Schattenwesen

Schattenwesen

Titel: Schattenwesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rauchhaus
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Schwung zu. Und etwas knallte von innen dagegen.
    »Sie haben auf dich gehört«, erklärte Lara unnötigerweise, aber das Lächeln in ihrer Stimme tat Jessy unglaublich gut.

Kira
    Die schwarze Wand vor mir schien regelrecht zu pulsieren, als würden die Schatten ungeduldig auf den Befehl zum Angriff warten. Instinktiv machte ich kehrt und rannte, so schnell ich konnte, in die andere Richtung. Ich brauchte keine Bestätigung, wer das war. Die Wesen im Schattenraum waren ruhig und freundlich gewesen – diese hier waren anders. Ich spürte das Böse in ihnen.
    Irgendwo unterwegs hatte ich doch eine Wendeltreppe gesehen! Verdammt, wie weit konnte das noch sein? Meine Schritte hämmerten auf den Steinboden, all meine Gedanken schrien nur noch: Flucht!
    Ein kurzer Blick zurück zeigte mir, dass sie die Verfolgung aufgenommen hatten. Fünf Schatten sausten dicht am Boden entlang wie jagende Hunde auf der Fährte.
    Da war der Durchgang endlich und dahinter eine Wendeltreppe in einem runden Gemäuer. War das der Boden eines Turms? Dann würde es doch bestimmt seitlich einen Übergang zum ersten Stock geben und dort konnte ich vielleicht die Tür zur Galerie finden und durch Rubens Haustür hinaus ins Freie. Wenn ich schnell genug war!
    Ich rannte hinauf und keuchte und rannte. Musste ich nicht inzwischen am ersten Stock vorbei sein? Die Hoffnung weigerte sich, mich zu verlassen, aber bald musste ich es mir eingestehen: Es gab keinen Übergang.Vielleicht im zweiten Stock? Vielleicht traf ich dort auf andere Menschen!
    Irgendwann musste ich mir eingestehen, dass es keine Übergänge gab. Ich war vergeblich gerannt, vergeblich hinaufgekeucht. Am oberen Absatz gab es nur eine Tür. Als ich sie aufriss, wusste ich schon, warum mich die Schatten trotz ihrer Schnelligkeit noch nicht erwischt hatten: Sie hatten es gar nicht nötig. Dieser Weg war eine absolute Sackgasse. Ich befand mich in einem leeren Turmzimmer, und das Fenster, in dem es weder Glas noch Bretter gab, bot einen großartigen Blick über eine unbewohnte grüne Landschaft. Einen wilden Hügel, der noch lange nicht im 21. Jahrhundert angekommen war.
    Es machte wenig Sinn, die Tür hinter mir zu schließen. Wo sollte ich hin? Also wartete ich und starrte auf die obersten Treppenstufen. Auf einmal hörte ich Schritte – als hätten sie erst kurz vor der Tür angefangen. Nun, das hatten sie wohl auch.
    Ruben Nachtmann betrat den Raum mit besitzergreifenden Schritten, als hätte er diesen Turm gerade gekauft. Hinter ihm erschienen Richard, Antonia, Jolanda und Katharina, die sich in zweiter Reihe aufstellten wie Dienstboten hinter dem Butler.
    »Wie passend!«, rief mein ehemaliger Gastgeber aus. »Hier, wo alles begonnen hat, wird es auch enden!«
    Irritiert sah ich ihn an. »Enden?« Ich spürte den Luftzug des Fensters hinter mir – einen Luftzug, der sich nach großer Höhe anfühlte … »Sie meinen, wie bei meinem Vater?«
    Nachtmanns Lächeln erinnerte mich an die ersten Tage mit ihm, als ich in ihm noch einen Über-Vatergesehen hatte. Das Lächeln eines Eisbären – mit einer Mischung aus eiserner Stärke und kuscheliger Freundlichkeit. Aber dabei hatte ich wohl nur gesehen, was ich sehen wollte. Plötzlich hatte ich eine Szene aus dem Zoo vor Augen. Damals war ich vier Jahre alt gewesen und ich hatte meinen Vater gefragt, ob man die wuscheligen Bären nicht mal streicheln dürfe. Mein Vater hatte gelacht und mir gesagt, dass nicht mal ein Tierpfleger auf diese verrückte Idee käme – weil der Eisbär das größte und gefährlichste Landraubtier der Welt sei.
    »Nein! Es muss nicht so sein wie bei Ihrem Vater. Er war verwirrt und hat mich völlig missverstanden. Gut, ich wollte die Formel. Aber was ist so schlimm daran, sie mir zu geben?«
    Er blieb stehen und stützte den rechten Ellenbogen nachdenklich auf den linken Arm. Mit der Hand fuhr er sich über das Kinn.
    »Hat Cyriel vielleicht Unsinn über mich erzählt? Dinge, die er sich in vierhundert Jahren der Verbitterung zusammengereimt hat? Glauben Sie mir, ich kenne seine seltsamen … Stimmungen. Er braucht diese Verschwörungstheorien, um sein Schicksal akzeptieren zu können.«
    Ich lachte auf. »Ach? Und dass Sie mir den Weg versperrt und mich hier hochgejagt haben, war vermutlich Einbildung?«
    Sein Gesicht zeigte Verblüffung. »Gejagt? Kira! Wir haben uns solche Sorgen um Sie gemacht. Wir haben jeden einzelnen Gang nach Ihnen abgesucht und in der Gestalt von Schatten sind wir nun mal schneller.

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