Scheibenwelt 02 - Narren Diebe und Vampire

niemanden auf der Straße. Wir inhumieren mit Stil, Eleganz und Sorgfalt. Der Klient – und wir sind der Ansicht, dass der Empfänger unserer Dienstleistung die Bezeichnung »Klient« verdient – erhält immer die Chance, dem Assassinen zu entkommen oder ihn sogar zu besiegen, falls er aufmerksam und geschickt genug ist. Alles andere wäre Metzelei oder, noch schlimmer, schlechte Manieren.
    Falls ihr irgendwann später in eurem Leben einmal einem Gildenmitglied begegnen solltet, so habt ihr die – wenn auch kurze – Genugtuung zu wissen, dass eure Inhumierung von einem sicarianischen Kollegen vorgenommen wird, der Takt, Geschick und die Kunst der Schmerzlosigkeit gelernt hat.
    Ich möchte auch einige neue Mitglieder des Lehrkörpers begrüßen. Viele von euch haben bestimmt schon von Frau Alice Band gehört, die erst kürzlich von ihrer Expedition zum verlorenen Spinnentempel von Fafaree heimgekehrt ist. Dort fand sie nicht nur alle drei Teile des goldenen Schwertes des Spinnengottes, sondern sorgte auch dafür, dass fünf zuvor vom Aussterben bedrohte Spezies inzwischen nicht mehr existieren! Damit gibt sie uns allen ein Beispiel!
    Auch unseren neuen Sportlehrer Ifor Bradlofrudd aus Llamedos heiße ich herzlich willkommen. Er wird sich nicht nur um den Sport kümmern, sondern auch Nahkampf lehren und ein Stammesspiel vorstellen, das beides miteinander vereint.
    Die Hand der Freundschaft möchte ich insbesondere den Stipendiaten reichen. Wir haben immer bedauert, dass widrige Umstände, die Geburtsstand oder Vermögen betreffen, viele junge Leute von einer Gildenkarriere ausklammern, und deshalb gibt es in jedem Jahr Stipendien, die sowohl von der Gilde selbst als auch von Privatpersonen finanziert werden. Vier Jungen haben die recht schwierige und riskante Aufnahmeprüfung überlebt und werden uns in diesem Jahr im Willkommensseife-Haus Gesellschaft leisten. Es ist ihnen gestattet, mit den zahlenden Studenten unter sorgfältig kontrollierten Umständen Umgang zu pflegen.
    Wir begrüßen auch Jasper »James« Chrysopras, den Neffen von Herrn Chrysopras, der sich als Troll-Geschäftsmann einen gewissen Ruf erworben hat und aus einer guten Schicht stammt. Jasper wird bestimmt ausgezeichnete Leistungen zeigen.
    Nun, die wichtigste und aufregendste Neuigkeit in diesem Jahr ist die, dass wir unsere Türen zum ersten Mal für das schönere Geschlecht – ich wage nicht zu sagen: das schwächere , ahaha – öffnen. Zu Beginn des Jahrhunderts der Sardelle werden wir zu einem koedukativen Bildungsinstitut, natürlich innerhalb vernünftiger Grenzen. Die schmachtenden Schwestern unserer Studenten sind nicht länger darauf angewiesen, ihre Fertigkeiten mit mädchenhaftem Ungeschick am Hauspersonal auszuprobieren, haahh. Inzwischen wissen wir natürlich, dass sich einige von ihnen nicht damit zufriedengaben und trotzdem mit einer Ausbildung in unserer Gilde begannen, wobei sie sich auf kurze Haare und einen gefälschten Brief von den Eltern, der sie vom Sportunterricht befreite, verließen. Madame les Deux-Épées (jetzt Haustutorin des ganz neuen Mädchenhauses »Schwarze Witwe«, zuvor unter dem Namen »Tarantel« bekannt) wurde bei uns zum Fechtmeister, ohne dass jemand Verdacht schöpfte. Es hieß nur, »er« sei im Duschraum immer recht schüchtern gewesen.
    Es wird sicher nicht lange dauern, bis uns die Mädchen der Schwarzen Witwe und des geplanten Gottesanbeterin-Hauses zeigen, dass die weiblichen Vertreter der Spezies viel gefährlicher und natürlich auch weitaus attraktiver sind.
    Zum Schluss möchte ich darauf hinweisen, dass die Mitarbeiter des CS immer gern bereit sind, euch zu helfen. Wenn jemand von euch Probleme hat, so sollte er oder sie sich an die Aufsichtsschüler wenden, die ihrerseits dem Tutor, dem Küchenjungen oder mir Bescheid geben. Meine Tür steht immer offen. Auch mein Fenster ist immer geöffnet – Türen sind für die Schüler der Assassinengilde viel zu einfach, haha.
    Denkt an unser Motto: Es ist sehr ehrenhaft, das Leben einer anderen Person für unser Land zu opfern. Und dafür eine Quittung zu bekommen.

AN DEN LEHRKÖRPER
    Vom Schulleiter
    Ich möchte euch alle darauf hinweisen, dass der Gildenrat nach dem Experiment des letzten Semesters beschlossen hat, in diesem Jahr auch Mädchen aufzunehmen. Mir ist klar, dass einige von euch Vorbehalte haben, aber die Entscheidung ist gefallen. Wir müssen mit der Zeit gehen.
    Im kommenden Semester ist auch ein Troll unter den Studenten. Mir ist