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Scherbengericht: Roman (German Edition)

Scherbengericht: Roman (German Edition)

Titel: Scherbengericht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Germán Kratochwil
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Schon am frühen Morgen drei Hantavirus-Fälle, gegen Mittag der tollwütige, schwer verletzte H.-H. Futterer, den wir gefesselt ins Krankenhaus bringen mussten, und jetzt Trigo, der sich erhängt hat.« Dann ergänzte er noch, dass die Zweitfrau Futterers, Mausi, ganz verzweifelt um Hilfe gerufen hatte – gegen den Willen von Erstfrau Siskauskas. Anscheinend sei der Sektenführer in Trance gefallen und habe sich eine heftig blutende Gesichtsverletzung zugefügt. Da er ein virulenter Gegner der Schulmedizin sei, habe ihm Frau Siskauskas nur mit einem Mittel aus ihrer homöopathischen Hausapotheke helfen wollen.
    »Damit hätte sie ihn fast vergiftet«, warf der zuhörende Arzt ein, der, erschöpft nach diesem Tag, bereits neben Rotraud in der Fahrerkabine saß. Dann verabschiedete sich Enzo.
    »Jetzt fährt Treugott zum letzten Mal die schöne Nussbaumallee hinunter«, sagte Martin zu Katha und Mirta, als sie dem Krankenwagen nachblickten und ihm nichts Besseres einfiel.
    Rotraud suchte Trost bei ihren Töchtern in Quemquemtréu. Gretl und Elias, die in ihrer Nähe bleiben wollten, fuhr Benny etwas später mit Treugotts Pick-up in die Ortschaft. Sie hatten beschlossen, im Hotel »Tirol« zu übernachten. Enzo hatte Dr. Königsberg noch gebeten, bei Futterer vorbeizuschauen – vielleicht würde dieser auf den greisen Seelenarzt hören und sich nicht so rabiat der klinischen Behandlung widersetzen. Und dann kündigte Siegmunds Dackel wieder einmal einen Anruf an. Es war der Friseur und Gärtner Siegmund Rohrs, Kamel Jalil, der über eigene Beziehungen zur Gendarmerie verfügte und seinem Stammkunden berichten konnte, was Vetter Quique dort alles zu Protokoll gegeben hatte. In Kürze: Er habe den Vater erst entdeckt, als es für eine Rettung schon zu spät gewesen sei. Zuerst sei ihm in der Düsternis der Schlachtkammer nur das Schimmern des verchromten Rollstuhls aufgefallen. Dann aber habe er neben der leeren Sitzfläche die Schuhe des Vaters in ungleicher Höhe baumeln gesehen und beim Nähertreten die blaue Arbeitshose erkannt. Mehr pantomimisch als in Worten und einmal sogar mit herausgestreckter Zunge habe Quique angegeben, wie er oben, dort im Dunkeln, die herabhängenden Schultern und den in schiefem Winkel seitwärts vorgeneigten Kopf des Vaters entdeckt habe – um den Hals einen Schafstrick, der an der Halterung des Flaschenzugs befestigt war. Den habe er sofort durchgeschnitten. Zu der aufgeschlitzten Maus, die der Gendarm auf dem Boden der Kammer gefunden hatte, wusste Quique nichts zu sagen. Nachdem Siegmund sich diesen Bericht angehört und Martin weitererzählt hatte, verkündete er knapp: »Lumpi, es ist höchste Zeit, uns auf den Heimweg zu machen. Wir müssen vor der Dämmerung zu Hause sein.« Worauf er, seinen zerrenden Telepathen mühsam an der straffen Leine haltend, mit kleinen, steifen Schritten den Schauplatz verließ.
    Martin musste sich nun doch um seine Mutter kümmern. Sie hatte wohl als Letzte den Festtisch verlassen und dürfte auf ihrem Zimmer in einen späten Mittagsschlaf gefallen sein. Er musste ihr von Treugotts Tod berichten, das ließ sich nicht hinausschieben. Wegen der Stille und Leere im Haus würde sie bald entdecken, dass Schreckliches geschehen war. Also versuchte er, eine den Umständen entsprechende düstere Miene aufzusetzen und klopfte an ihre Tür. Schon bei seinem Eintreten rief sie ihm aus dem Korbstuhl entgegen: »Schau nicht so blöd. Deine Tochter hat mir schon alles brühwarm und heulend berichtet.«
    »Mama, ich wollte dir nur den Schock ersparen …«
    »Na was denn … vorhin ist mein Fest noch so schön gewesen. Dann habt ihr mich alle, einer nach dem anderen, verlassen. Und schließlich habt ihr ihn fortgeschleppt – in einem Sack, wie die Gilda in ›Rigoletto‹.«
    Sie zeigte kein Interesse, weitere Einzelheiten zu erfahren, aber dass Elias und Gretl heute Nacht in der Ortschaft bleiben würden, nur um sich um Rotraud zu kümmern, brachte sie auf. Ob man sie vergessen habe, schließlich sei das Unglück an ihrem Geburtstag geschehen und dadurch dieser nun tatsächlich endgültig zu ihrem »letzten ersten Jänner« geworden. Denn wie und mit wem würde sie ihn in Zukunft noch feiern können? Mit dem Gespenst des rücksichtslosen Selbstmörders? »Jetzt lasst mich doch allein!«, befahl sie, obwohl nur er im Zimmer stand, und griff sich ein Bändchen Josef Weinheber vom Nachttisch.
    Mit Sarah und Benny saßen Katha und er noch lange zusammen, alle auf

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