Ein Spiel, das die Götter sich leisten
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Wir ließen unsere Taschen fallen und versuchten uns für eine Richtung zu entscheiden. Die Straße vor uns führte auf einen Platz, in dessen Mitte ein Springbrunnen mit großen steinernen Delphinen war. Links lag ein Park, hinter uns schien eine reine Wohngegend zu sein, aber rechts erkannten wir auf einem Schild das i der Touristeninformation mit einem Pfeil darunter. Wir nahmen unsere Taschen und folgten den Pfeilen, zwei Minuten später standen wir in einer Fußgängerzone vor dem Büro. Es hatte seit einer Stunde geschlossen.
– Und was jetzt? fragte Oriana.
Es war meine Idee gewesen, mitten in der Hochsaison hierherzukommen, ohne vorher ein Zimmer zu buchen, ohne einen Hotelführer im Gepäck.
– Wir finden schon etwas, sagte ich, stellte meine Tasche wieder ab und drehte mich noch einmal im Kreis. Rechts war ein Taxistand, wir konnten einen Fahrer fragen.
Ein kleiner alter Mann, der aussah, als würden seine Füße kaum bis zu den Pedalen reichen, beschrieb uns auf englisch den Weg zu einer Zimmervermittlung in der Nähe, die 24 Stunden offen hatte. Ich strahlte Oriana an, siehst du, kein Problem, wir können ganz gelassen bleiben, es findet sich immer was. Ich hatte gute Laune, es war heiß, das Glück war uns hold.
Der Mann von der Zimmervermittlung erklärte uns in fließendem Deutsch, im Moment in der gewünschten Preisklasse für heute nacht nichts anbieten zu können. Ob wir vielleicht für diese eine Nacht ein teureres Zimmer nehmen würden? Ich deutete Orianas Gesichtsausdruck so, daß ich entscheiden solle, schließlich hatte ich uns in diese Lage gebracht.
Ich wollte die Taschen loswerden, duschen, essen, mit Oriana schlafen, ich hatte keine Lust, mich lange nach einer billigen Alternative umzusehen. Es war nur für eine Nacht.
Fünf Minuten später betraten wir eine großzügig angelegte Lobby mit Sitzgruppen in Blau und Rot, Menschen saßen oder standen in Grüppchen zusammen, irgend etwas irritierte mich. Erst als ich dann das Gelächter hörte, wurde es mir klar. Dafür, daß so viele Menschen hier waren, war es viel zu still. Kein Schweigen, das drückte oder unheilvoll war, sondern eine Stille, als wäre die Tonspur ausgefallen.
– Taubstumme, sagte Oriana, bevor ich es begriff.
Ja, die Leute unterhielten sich in Gebärdensprache, einer schien Witze zu erzählen, alle blickten ihn an, und irgendwann lachten sie gleichzeitig los. Vielleicht gab es einen Kongreß in diesem Hotel, vielleicht war es einfach nur eine Reisegruppe. Wir blieben stehen und schauten uns noch ein paar Witze an, ohne die Pointen zu verstehen. Es war spannend, sich die Gesichter und Gesten anzusehen und mitzuraten, wann es denn soweit war. Wir standen mit den Taschen in den Händen mitten in der Lobby, die Frau an der Rezeption lächelte uns an, dann wandte sie sich wieder den Taubstummen zu, auch sie schien amüsiert zu sein.
– Das ist schön anzusehen, sagte ich, und außerdem: keine lauten Fernseher, kein Radio aus dem Nebenzimmer, kein Ehekrach, kein nichts. Das ruhigste Hotel in der ganzen Stadt. So was hätten wir nicht buchen können, wenn wir es gewollt hätten. Ich zwinkerte Oriana zu.
Nachdem wir an der Rezeption ein Formular ausgefüllt hatten, bekamen wir eine Plastikkarte, mit der man nicht nur die Zimmertür aufschloß, sondern die man auch in dem gläsernen Aufzug durch einen Schlitz ziehen mußte, damit sich das Ding bewegte, damit klar war, daß wir autorisiert waren, den Lift in Anspruch zu nehmen.
Unser Zimmer hatte ein riesiges Doppelbett, und drumherum war jede Menge Platz. In den meisten Hotelzimmern, die ich bisher gesehen hatte, konnte man vieles tun, aber niemals der Länge nach hinschlagen. Hier war das kein Problem. Wir stellten die Taschen ab, und Oriana sagte: Ich bin erste.
Als sie aus der Dusche kam, lag ich nackt auf dem Bett, der Fernseher lief, eine Talkshow, und ich versuchte mich an diese fremde Sprache zu gewöhnen, von der ich kein Wort verstand. Es gab hier natürlich auch Pay-TV, auf zwei Kanälen liefen Hollywood-Filme im Original, auf den beiden anderen Pornos.
Oriana hatte sich ein Handtuch um ihre braunen Locken gewickelt, sie ging zu dem Stuhl, auf dem ihre Tasche lag. Nackt, bis auf diesen weißen Turban auf dem Kopf, beugte sie sich vor, zog den Reißverschluß auf. Ich wartete noch ab, welchen Slip sie anziehen würde. Ein fliederfarbener, der hinten ganz aus Spitze bestand. Dann ging auch ich duschen.
Oriana hatte ein geblümtes Kleid an, als ich
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