Schicksalspfad Roman
bloß einen ruhigen, gelassenen, liebevollen Typen, der nicht sämtliche Aufmerksamkeit der Welt braucht. Das ist wirklich nicht zu viel verlangt. Ich bin sogar bereit, einen solchen Mann zu suchen. Noch heute Abend.«
Joanne lachte. »Heute Abend?«
»Ja«, meinte Grace. »Ich schlage vor, wir wecken Cherry, und dann gehen wir alle drei in die Stadt und machen einen drauf.«
»Bist du wirklich Grace Cameron?«
»Jawohl. Komisch, dass wir alle gleichzeitig wieder Singles sind, nicht?«
»Yeah«, meinte Joanne. »Wie damals, als wir alle drei unsere Tage gleichzeitig hatten.«
»Das hier ist aber noch komischer. Diese Typen enttäuschen uns immer wieder.Vielleicht wollen die Götter uns etwas mitteilen.«
»Was denn, dass wir jetzt alle lesbisch werden?«
»Oder dass wir uns die Männer genauer anschauen. Gib es zu, wir sind nicht sonderlich kritisch, oder?«
»Keine Ahnung«, meinte Joanne achselzuckend. »Liebe kann einem die Kritik ganz schön aus dem Kopf blasen. Also liegt es an der Liebe, nicht an uns.«
Grace seufzte. Es war wirklich Liebe gewesen, was sonst? Sie hatte nicht erwartet, dass es so schnell passieren würde, doch Matt zufolge war es in dem Sekundenbruchteil geschehen, als er aus dem Koma aufwachte und sie sah. Doch jetzt glaubte sie nichts mehr, was er sagte. Er hatte ihr versprochen, es würde keine andere geben. Und sie hatte das gerne geglaubt. Die Liebe verwischte eben alles ein wenig.
»Vielleicht nicht heute Abend«, meinte Joanne. »Cherry muss morgen früh raus und ich auch. Ich bin ziemlich kaputt.«
»Okay. Außerdem bist du Samstag mit dem Captain verabredet.«
»Es ist keine Verabredung in dem Sinne. Er ist einfach ein Freund. Das ist auch gut so, finde ich. Ich will momentan keine ernste Beziehung. Ich werde jetzt erst mal geschieden und sollte eigentlich gar nicht ausgehen.«
»Ich gäbe alles für eine Verabredung - nur um dieses furchtbare Gefühl wieder loszuwerden. Ich hasse es! Ich wünschte, ich wäre Matt nie begegnet!«
»Dafür ist es zu spät.«
»Oh, Jo, wie konnte ich das nur zulassen?«
»Hör auf, dir Vorwürfe zu machen, Mädchen. Ruf ihn doch einfach an.«
»Niemals!« Grace schüttelte den Kopf. »Er ist ein Casanova. Es war schlimm genug, dass mir ein Mann weggestorben ist. Was ich am wenigsten brauche ist ein Typ, der mich umbringt.«
»Matt ist tatsächlich ein Frauenkiller, das gebe ich zu. Warum ruhst du dich nicht aus? Komm!« Joanne stand auf und strecke Grace eine Hand hin.
»Ist schon gut, danke«, meinte Grace mit einem müden Lächeln. »Ich bleibe noch ein bisschen auf und denke nach.«
33
A m nächsten Morgen fuhren Cherry und Joanne mit der U-Bahn ins Krankenhaus. Cherry hatte große Angst, Rick zu begegnen, aber Joanne versuchte sie abzulenken, indem sie ihr von Grace und Matt Conner berichtete und was sich zwischen den beiden zugetragen hatte.
»Ich hab es gleich gewusst!«, sagte Cherry. »Da stimmte doch irgendetwas nicht. Sie hat nichts gesagt, und ich wollte auch nicht neugierig sein.«
»Sie hat sich mehr Sorgen um dich gemacht«, erklärte Joanne.
»Na, wenn Grace den Nerv hatte, Matt Conner zu verlassen«, sagte Cherry mehr zu sich selbst, »dann sollte ich auch in der Lage sein, Rick gegenüberzutreten.«
»Bei Grace hatte es nichts mit Nerven zu tun«, meinte Joanne, »sie hatte einfach Angst. Wenn sie den Nerv gehabt hätte, wäre sie geblieben und hätte es mit ihm beredet. Aber sie ist überzeugt, dass sie sich damit zukünftige Probleme erspart.«
»Das hat sie auch über Rick gesagt - besser, dass ich ihn jetzt richtig kennen lerne und nicht, wenn es zu spät ist.«
»Dafür ist es nie zu spät. Ich lasse mich von Donny scheiden - nach wie vielen Jahren? Es ist nie zu spät. Zu früh ist das Problem. Wie bei Grace und Matt.«
»Nicht jeder hat deine Geduld«, meinte Cherry. »Wie oft hast du Donny noch eine Chance gegeben?«
»Oh, etwa eine Million Mal. Aber Grace hätte Matt mindestens eine einzige geben sollen.«
»Sollte ich Rick vielleicht auch eine geben?«, fragte Cherry aufgeregt. »Meinst du, ich habe zu heftig reagiert?«
»Nein!«, antwortete Joanne. »Was Rick getan hat, ist viel schlimmer als Fremdgehen. Das war kaltblütig. Ich finde das ungeheuerlich!«
»Rick würde mir aber nie körperlich wehtun«, protestierte Cherry, aber auch das konnte sie nicht mehr mit Sicherheit behaupten. Sie sah Ricks Verhalten nun als Zeichen für seinen Ehrgeiz und seine Entschiedenheit, die sie am Anfang so
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