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Schicksalspfad Roman

Schicksalspfad Roman

Titel: Schicksalspfad Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Bourne
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Cherry, von widersprüchlichen Gefühlen überwältigt, immer noch versuchte, sich auf alles einen Reim zu machen. Wie konnte sie wieder auf der Station arbeiten, wenn sie dort Rick begegnen würde? Das wäre zumindest unangenehm, wenn nicht sogar sehr schmerzlich für sie. Sie hatte Rick geliebt. Vielleicht liebte sie ihn noch immer.
    »Das Verrückteste aber ist«, sagte sie, »dass ich mich fast schuldig fühle, weil ich damit zu Kathy gegangen bin.«
    »Schuldig?«, fragte Grace. »Machst du Witze? Warum solltest du dich denn schuldig fühlen?«
    »Okay, vielleicht nicht gerade schuldig, aber für Rick bedeutet seine Karriere alles. Offensichtlich versuchte
er sich zu schützen, als er die Karten vertauschte. Ich war bloß diejenige, der man es am leichtesten anhängen konnte.«
    »Könntest du dir bitte mal selbst zuhören?«, fragte Grace und richtete sich kerzengerade auf. »Du entschuldigst ihn ja geradezu. Was er getan hat, ist unverzeihlich. Er hat dich betrogen. Er hat dich angelogen. Er hat dich geopfert. Versuch ja nicht, das irgendwie zu rationalisieren.«
    »Nein, ich versuche lediglich, das alles zu begreifen.« »Ich weiß. Mir tut es furchtbar leid, dass dir so was passiert ist. Aber ich bin froh, dass die Wahrheit ans Licht gekommen ist - und zwar besser jetzt als später mit einer anderen Sache«, meinte Grace bedeutungsvoll.
    Cherry nickte. Was Grace sagte, stimmte völlig. Das Komische aber war, dass Cherry immer einen leisen Verdacht gegenüber Rick gehegt hatte. Sie wusste genau, dass sie die Karteikarte nicht falsch gelesen hatte, aber sie konnte nicht mit Sicherheit behaupten, dass Rick sie vertauscht hatte. Das war wirklich das Letzte gewesen, was sie vermutet hätte. Doch da waren vage, unspezifische Fragen, nichts Konkretes, nichts, das sie in Worte fassen konnte, aber dennoch Fragen, wie das hatte passieren können. Daher hatte sie Ricks anschließende Freundlichkeit, Zuneigung und Großzügigkeit akzeptiert, als stünde ihr das alles rechtmäßig zu, ohne zu merken, dass Rick mit diesen Geschenken und zärtlichen Überraschungen nur versuchte, sein Gewissen zu beruhigen und Cherry dafür zu entschädigen, was er ihr angetan hatte.
    Da klingelte, wie Cherry befürchtet hatte, das Telefon. Sie blickte auf. Angst durchfuhr sie. »Es ist Rick«, hauchte sie.

    »Oh«, sagte Grace, die heimlich gehofft hatte, es wäre ihr eigenes Handy gewesen. Wenn sie doch Matt nur nicht gebeten hätte, sie nie wieder zu kontaktieren. Aber warum sollte er sie auch anrufen? Sie fragte sich, ob sie ihn anrufen sollte, um vielleicht nur eine Erklärung für dieses Dummchen auf dem Video zu verlangen. Aber das konnte sie einfach nicht. Das war unter ihrer Würde.
    »Warum ruft er mich denn an?«, fragte Cherry und starrte auf das klingelnde Telefon wie auf eine entsicherte Handgranate. »Was hat er denn möglicherweise zu sagen?«
    »Warte doch, bis er eine Nachricht hinterlässt«, riet Grace.
    Aber Cherry klammerte sich irgendwie noch an die spärliche Hoffnung, dass Rick für alles eine plausible Erklärung hatte. Vielleicht wollte er sich ja auch entschuldigen, anbieten, alles wiedergutzumachen. Wenngleich sie keine Ahnung hatte, wie. Cherry war zu ängstlich und nervös, um eine Nachricht abzuwarten, sondern holte tief Luft und nahm ab.
    »Hallo?«, sagte sie kühl.
    »Hi«, antwortete Rick.
    Als sie Ricks Stimme hörte, spürte Cherry wie in einer Art Reflex, wie sie innerlich nachgab. Sie sah Grace um Unterstützung bittend an. »Was willst du?«, brachte sie einigermaßen forsch heraus.
    »Ich will bloß wissen, was du in meiner Jacketttasche zu suchen hattest«, erwiderte Rick freundlich.
    Sein Tonfall verblüffte Cherry. »Ich hatte nach dem Konzertprogramm gesucht«, sagte sie. »Aber die bessere Frage ist: Warum hast du die Patientenkarten vertauscht?«

    Sie blickte hinaus aufs Meer und sah die Spitzen der hohen Wolkenkratzer von Manhattan in der Ferne knapp über dem Horizont.
    »Das ist eine sehr vernünftige Frage«, meinte Rick, »und ich hätte dir das gleich von Anfang an erklären sollen. Ich will mich hier nicht verteidigen, aber wenn du Zeit hast, dann würde ich dir gerne darlegen, warum ich das gemacht habe.«
    »Okay«, antwortete Cherry mit einem furchtsamen Blick zu Grace, die sie mit einem ernsten Blick vor Ricks einschmeichelndem Charme warnte.
    »Die Antwort lautet«, sagte Rick, »dass ich es für uns beide getan habe. Für dich und für mich.«
    »Uns beide?«, fragte Cherry.

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