Schiffbruch und Glücksfall
und bunten Handtüchern fiel, knurrte er unwillig darüber, dass diese Gestalten in dem Naturschutzgebiet campten.
Als gäbe es nicht genug Campingplätze an der Küste.
Aber darum sollte sich die Municipal kümmern.
Der rote Doppeldeckerbus kam in Sicht, er hielt dahinter, und schon eilte Yves aus seinem eigenwilligen Heim. Er war einen Kopf kleiner als Simon, sichtlich der guten Küche zugeneigt, wenngleich er den Eindruck machte, als ob er die damit verbundenen Kalorien in schiere Muskelmasseumzusetzen pflegte. Er war braun gebrannt, eher gegerbt, und eine flache Schirmmütze saß schief auf seinen grauen Locken.
Simon war ihm aus vielerlei Gründen dankbar, weshalb er bei den seltenen Bitten, die Yves äußerte, sofort bereit war, ihm zu helfen.
»Hat es Beschwerden gegeben?«, fragte er, als Yves in den Offroader kletterte.
»Nein, ich will nur den Mietvertrag abschließen und sehen, ob alles in Ordnung ist.«
»Das Dach haben wir doch im Mai repariert.«
»Ja, aber die letzten Mieter haben gesagt, die Fenster seien undicht.«
»Hättest du mir schon früher Bescheid sagen können.«
»Hab nicht dran gedacht.«
Yves, Herr über einen großen Freiluft-Flohmarkt, Globetrotter und Busbewohner, kümmerte sich wenig um sein Eigentum, das alte Fischerhaus am Rande von Brignogan. Und schon gar nicht wünschte er, selbst darin zu wohnen. Hin und wieder fand er Mieter dafür, dann aber packte ihn das Verantwortungsgefühl – oder so eine Art von Gastfreundschaft, und er kümmerte sich um den Bau.
Es war nicht weit, nach wenigen Minuten bogen sie auf den sandigen Abstellplatz vor dem Haus ein und stiegen aus.
Yves klopfte an der Holztür und murmelte etwas von einem neuen Anstrich.
»In der Tat, den könnte das ganze Holzwerk vertragen.«
»Mhm. Keiner da?«
Er klopfte noch mal.
»
M’aidez!
«, rief eine Frauenstimme irgendwo drinnen im Haus. »
M’aidez!
«
»Mist, da ist was passiert!«, sagte Yves und fummelteden Schlüssel aus der Tasche. Mit einem unwilligen Knarren sprang sie auf.
Simon folgte ihm, und als er die Tür zu dem Salon öffnete, hielt er die Luft an.
Ein riesiges Loch klaffte vor dem Kamin, der rote Teppich war halb hineingerutscht, und eine schwere Geschirrvitrine lehnte schief an einer Zimmerecke.
Yves keuchte mit entsetzter Stimme: »
Mon Dieu!
«
»Hier unten, Monsieur. Vorsicht, die Dielen sind morsch.«
»Was nicht zu übersehen ist. Mann, Yves, was für Bruchbuden bietest du den Gästen eigentlich als Ferienhaus an? Die Dame kann mit gutem Recht auf Mietminderung klagen.«
»Ich werde ihr Schadensersatz zahlen. Madame, sind Sie verletzt?«
»Ein bisschen angeschlagen, aber Ihr Sofa braucht einen Notarzt. Für den anderen Mitbewohner hier unten kommt allerdings jede Hilfe zu spät.«
»Mitbewohner! Um Himmels willen! Simon, ruf die Ambulanz.«
»Nicht nötig, Messieurs, er ist bereits skelettiert.«
Eine unerschrockene Frau, da unten, dachte Simon und konnte sich ein trockenes Lachen nicht verkneifen.
»Yves, wir brauchen eine Leiter.«
»Im Schuppen. Ich hole sie. Madame, Rettung naht.«
Simon sah sich um. Die Mieterin hatte Glück im Unglück gehabt. Wenn der Schrank mit nach unten gekippt wäre, hätte sie schwer verletzt werden können.
Es rieselte weiter Mörtel und Holzsplitter, als sie beide die Leiter nach unten ließen. Eine staubige, zerzauste Gestalt in einem blauen Pullover und weiten Yogahosen erklomm sie, und als sie das Loch im Boden betrachtete, erschauderte sie sichtlich.
Simon fasste sie am Ellenbogen und führte sie von der Absturzstelle weg in die Küche. Dort stand auf dem Tisch eine angebrochene Flasche Cidre. Er goss ihr einen Becher voll ein und reichte ihn ihr.
»Trinken Sie! Sie sind ganz blass um die Nase.«
Die Frau nippte daran mit kleinen Schlucken, was ihr offensichtlich half, ihre Fassung wiederzufinden.
»Sie sind der Vermieter?«, fragte sie ihn.
»Nein, ich bin Architekt.«
»Ich hoffe, nicht von diesem Haus.«
Er grinste.
»Gewiss nicht. Yves – er ist der Vermieter, der jetzt da unten herumkraucht – wollte, dass ich mir das Haus auf mögliche Schäden ansehe. Ich mache Altbausanierungen.«
»Kleinere Schäden ist gut«, entfuhr es ihr. »Das Haus hier gehört abgerissen und nicht saniert.«
»Wahrscheinlich. Aber beides kostet Geld.«
»Und Geld hat der Vermieter nicht, denn die Mieter zahlen nichts.«
Es polterte nebenan, dann kam auch Yves in die Küche. Spinnweben hingen von seiner Mütze herunter.
»Madame,
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