Schlaf, Kindlein, schlaf
ekelhaftes Schwein!« Ihre Stimme zitterte.
Er streckte den Arm aus, packte sie am Handgelenk und drückte ihre Handfläche gegen seinen erigierten Penis. Seine Fingernägel bohrten sich schmerzhaft in ihre Haut. »Fühl doch mal, was ich für dich in der Bonbontüte habe.« Er lachte.
Sie stieß einen heiseren Schrei aus und versuchte, den Arm wegzuziehen, aber seine starke Hand hielt ihn fest und er kam mit seinem Gesicht ganz dicht an ihr Ohr – so dicht, dass sie seine feuchte Körperwärme durch den Stoff seines Hemdes spüren konnte. Er flüsterte: »Du kannst dich auf eine ganz große Überraschung freuen!«
»Lass mich los!«, zischte sie und stieß ihn mit der freien Hand vor den Brustkorb. Er konnte sein Gleichgewicht nicht halten und stolperte in die Menschentraube direkt hinter ihm. Einige drehten die Köpfe, andere beachteten ihn gar nicht. Aber jetzt, da einige Gäste auf ihn aufmerksam geworden waren – zwei Mädchen hatten sich umgedreht und starrten ihn unverwandt an –, ließ er sie gehen.
Er sah ihr nach, während sie sich einen Weg durch den Saal bahnte. Sein Blick glitt zu ihrem Hintern, der hin und her wogte, und weiter ihre langen schlanken Beine hinab bis zu den Füßen, die in einem Paar turmhoher Silbersandalen steckten.
Dann sagte er leise zu sich selbst: »Du wirst meine Rasierklinge schon noch zu sehen kriegen, du Schnepfe, das verspreche ich dir.« Er lachte und nickte.
»Du weißt es nur noch nicht.«
Es war schon weit nach Mitternacht. Der Mond schwebte über den Magnolien, die feuchten glatten Blütenblätter glänzten. Die Luft war lau und duftete. Chelsea hatte zu viel getrunken. Ihr war übel, und sie hatte sich mit den silbernen Sandalen in der Hand nach draußen gesetzt. Im Haus dröhnten die hektischen Rhythmen der Musik und vermengten sich mit einer Kakophonie aus Gelächter, stampfenden Füßen und Wortfetzen, die aus den offenen Fenstern himmelwärts schallten.
Chelsea saß auf der Verandatreppe unter dem Blätterdach und hielt ihr verschwitztes Gesicht in die Abendluft. Doch die Luft war zum Schneiden, es ging kein Hauch. Sie betrachtete ihre Zigarette, der eine lange Aschennase gewachsen war, und warf sie fort. Die Glut erlosch in der Dunkelheit.
»He, pass auf, dass du nichts in Brand steckst!«, erklang eine leise Stimme hinter ihr. Sie gehörte jemandem, der mit gedehntem Südstaatenakzent sprach.
Chelsea erschrak nicht sehr, dafür waren ihre Sinne zu benebelt, aber ihr Herz machte einen Satz und schlug doppelt so schnell. Einen furchtbaren Augenblick lang glaubte sie, der Macho wäre ihr gefolgt. Sie fuhr herum und starrte auf das krumme Geäst der Eiche.
»Entschuldigung, ich wollte dich nicht erschrecken«, sagte er und trat in das schwache gelbliche Licht, das aus der geöffneten Verandatür strömte.
Die Zweige warfen Schatten auf sein Gesicht, sodass es nur als dunkles Oval in der Nacht erkennbar war, aber sie konnte sehen, dass der Mann ein eng anliegendes schwarzes T-Shirt und schwarze Jeans trug. Er war groß, hatte breite Schultern, war gut gebaut und ihr war sofort klar, dass er nicht der Muskelprotz von vorhin war.
»Schon gut, ich war in Gedanken«, sagte sie erleichtert und verscheuchte mit einer Handbewegung eine Feuerfliege, die sich von dem Licht angezogen fühlte.
Der junge Mann trat von einem Bein aufs andere, kam einen Schritt näher, sodass sein Gesicht nun von dem Lichtschein erhellt wurde. Er hatte ein schönes Gesicht – wohl das schönste, das sie je gesehen hatte –, markant wie das einer Statue, und es wurde noch schöner, als er lächelte. Er war blond und trug eine dieser modernen Langhaarfrisuren, die er permanent mit einer Hand in Form strich, als wäre er es gewohnt, dass ihm die Haare zu weit in die Stirn fielen. Er hielt ein Glas Wein in der Hand.
Wenn sie nicht schon Vincent lieben würde, der mit einem gebrochenen Bein in Baton Rouge lag und keine Ahnung hatte, wo sie war, hätte sie sich auf der Stelle in ihn verliebt.
Er setzte sich neben sie auf die Treppenstufe und fragte leise: »Und in welche Gedanken warst du so versunken?« Er reichte ihr sein Glas und bot schweigend den Wein an. Sie konnte sein frisch duftendes Haar riechen.
Chelsea lehnte ab. »Nein, danke«, sagte sie. »Ich hatte wirklich schon genug.«
»Ich auch.« Er schüttete den Wein aus, der auf die Steinplatten platschte, und stellte das Glas auf einer Treppenstufe ab. Dann sah er sie an. »Du siehst aus wie ein Engel, der aus einer Wolke
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