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Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird

Titel: Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird Kostenlos Bücher Online Lesen
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zeigen, dass sie nicht die Einzige war, die eine Vergangenheit und Leichen im Keller hatte, wie klein und unbedeutend sie auch sein mochten. Vielleicht wollte ich sie sogar ein wenig schockieren, um ihr – und mir selbst – zu beweisen, dass mehr in mir steckte, als man auf den ersten Blick sah; dass unter einer Hülle gediegenen mittleren Alters das Herz eines wilden Kindes schlug.

    Vielleicht war ich auch bloß betrunken.
    »Sein Name war Roger Stillman«, fuhr ich unaufgefordert fort und beschwor das Bild des schlaksigen jungen Mannes mit dem hellbraunen Haar und den großen haselnussbraunen Augen hervor, der mich mit geradezu lächerlicher Leichtigkeit verführt hatte, als ich in der neunten Klasse war. »Er war zwei Klassen über mir, weshalb ich mich natürlich enorm geschmeichelt fühlte, dass er überhaupt mit mir redete. Er hat mich ins Kino eingeladen, und ich habe meinen Eltern irgendeine Lüge erzählt, weil meine Mutter verfügt hatte, dass ich noch zu jung war, um mit Jungen auszugehen. Also erklärte ich, ich würde mit einer Freundin für einen Test lernen, während ich in Wahrheit Roger im Kino traf. Ich weiß noch, dass es ein James-Bond-Film war – frag mich nicht, welcher -, und ich war sehr aufgeregt, weil ich noch nie einen James-Bond-Film gesehen hatte. Obwohl ich von diesem auch nicht viel mitgekriegt habe«, sagte ich und erinnerte mich an Rogers nach Tabak riechenden Atem an meinem Hals, während ich mich bemühte, der komplizierten Handlung zu folgen, an seine Lippen, die mein Ohr streiften, während ich versuchte, all die Zweideutigkeiten auf der Leinwand zu begreifen, an seine Hand, die von meiner Schulter auf meine Brust glitt, während James eine weitere willige Frau in sein Bett lockte. »Wir sind vor Ende des Films gegangen. Roger hatte ein Auto.« Ich zuckte die Schultern, als wäre damit alles gesagt.
    »Und was ist mit Roger geschehen?«
    »Er hat mich abserviert. Nicht weiter überraschend.«
    Alisons Unwillen war ihr deutlich vom Gesicht abzulesen. »Hat es dir nicht das Herz gebrochen?«
    »Ich war am Boden zerstört, so wie es nur ein vierzehnjähriges Mädchen sein kann. Vor allem nachdem er in der ganzen Schule mit seiner Eroberung geprahlt hat.«
    »Das hat er nicht!«

    Alisons spontane Empörung ließ mich lachen. »Hat er wohl. Ich fürchte, Roger war eine Ratte erster Ordnung.«
    »Und was ist aus der Ratte geworden?«
    »Keine Ahnung. Im nächsten Jahr sind wir nach Florida gezogen, und ich habe ihn nie wieder gesehen.« Ich schüttelte den Kopf, und der Raum drehte sich. »Mein Gott, ich hab seit Urzeiten nicht mehr an all das gedacht. Das ist eine der erstaunlichen Eigenschaften der Jugend.«
    »Was?«
    »Dass man denkt, man würde über irgendetwas nie hinwegkommen, und im nächsten Moment hat man es vollkommen vergessen.«
    Alison lächelte, legte eine Hand in den Nacken und reckte ihren Schwanenhals, bis die Muskeln ächzten und nachgaben.
    »Alles scheint so dringlich. Alles ist schrecklich wichtig. Und man denkt, man hätte endlos viel Zeit«, sagte ich und vergaß beinahe, dass ich laut sprach, so gebannt war ich von ihren Bewegungen.
    »Gibt es irgendjemand Interessantes am Horizont?« Alison rollte ihren Kopf von einer Seite auf die andere.
    »Eigentlich nicht. Nun ja, es gibt einen Mann«, vertraute ich ihr an, obwohl ich keineswegs die Absicht gehabt hatte, bis ich die Worte über meine Lippen kommen hörte. »Josh Wylie. Seine Mutter ist eine von meinen Patientinnen.«
    Alisons Kopf war wieder in der Mitte angekommen, doch sie sagte nichts, sondern saß einfach da und wartete, dass ich weiterredete.
    »Das ist alles«, sagte ich. »Er kommt einmal pro Woche aus Miami, um sie zu besuchen. Wir haben nur ein paarmal kurz miteinander gesprochen. Aber er macht einen sehr netten Eindruck und …«
    »Und du würdest ihn gern näher kennen lernen«, beendete Alison den Satz für mich.
    Ich nickte und entschied, dass das ein Fehler war, als das
Zimmer um mich herum auf und ab zu hüpfen begann wie ein Gummiball. Widerwillig rappelte ich mich auf die Füße. »Ich fürchte, ich muss den schönen Abend jetzt beenden.«
    Alison war sofort neben mir und legte ihre warme Hand auf meinen Arm. Sie wirkte vollkommen standfest, als ob der Alkohol bei ihr überhaupt keine Wirkung zeigen würde. »Alles in Ordnung?«
    »Alles bestens«, sagte ich, obwohl das nicht stimmte. Der Boden schwankte, und ich musste mich am Sofa abstützen, um nicht hinzufallen. Ich blickte

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