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Schlagmann

Schlagmann

Titel: Schlagmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evi Simeoni
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gescheitert. Das alles hätte ich nach meinem kurzen Ausflug ins Internet anbringen können, aber ich tat es nicht. Ich streite nicht gern. Auch so schien sie mir schon wieder anzusehen, was ich dachte.
    »Lassen Sie es gut sein«, sagte sie müde und legte die verschränkten Arme auf dem Schreibtisch ab. »Es war nicht als Provokation gemeint.«
    »Schnell wird es nicht gehen«, sagte ich, Mut fassend. »Sie müssten sich viel Zeit nehmen. Wir müssten uns wahrscheinlich ein paar Mal treffen.«
    »Packen Sie das Gerät wieder ein«, sagte sie und deutete mit dem Zeigefinger auf den Recorder. »Ich werde Ihnen nichts erzählen. Ich bin froh, dass ich darüber weg bin.«
    Sie erhob sich von ihrem Sessel.
    »Sind Sie das denn? Darüber weg?«
    Ich holte Fotos von der Siegerehrung bei der Weltmeisterschaft aus der Tasche und legte sie auf den Schreibtisch. Leider habe ich erst spät erkannt, was diese Fotos wirklich zeigen. Man sieht immer nur, was man weiß. Ich habe sie endlich einmal genau studiert, die Bilder vom Zieleinlauf und von der Zeremonie, sogar mit der Lupe. Der Vierer kommt ins Ziel, die erschöpftenAthleten lassen schwer um Atem ringend ihre Oberkörper nach hinten fallen und die Arme ins Wasser hängen. Nur einer behält seinen Riemen in der Hand, lässt einfach seine Schultern sacken, senkt den Kopf und starrt grübelnd ins Leere: Hansen. Auf dem Siegerpodest lachen sie mit ihren blinkenden Medaillen auf der Brust und haben die Arme zum Winken erhoben. Drei Ruderer lachen und der Steuermann mit ihnen. Einer nicht: Hansen.
    Sie setzte sich wieder.
    »Haben Sie es damals schon gewusst?«
    Sie sah auf das Bild.
    »Was?«
    »Dass er sich nicht freuen konnte?«
    Sie seufzte.
    »Ich habe zwei Ehemänner hinter mir«, sagte sie plötzlich leicht verkrampft. »Aber ich versichere Ihnen, es hat keinen Morgen und keinen Abend gegeben, an denen ich nicht über Arne nachgegrübelt hätte.«
    Ihr Telefon klingelte, sie drückte auf einen Knopf, und es verstummte wieder, ihr Fingernagel war perfekt lackiert. Sie seufzte noch einmal.
    »In meinem Leben spukt es, und das Gespenst trägt den Namen Arne. Ich weiß nicht, warum das nicht vergeht. Je mehr ich darüber nachgedacht habe, umso mehr ist seine Persönlichkeit in meiner Erinnerung verschwunden. Ich weiß nicht, wer Arne war. Aber der Schmerz, den er mir verursacht hat, hört nicht auf.«
    Ich atmete einmal tief durch. Ich wollte jetzt nichts Falsches tun oder sagen, denn ich spürte ihr Zögern.
    »Ich will Ihnen jetzt nicht damit kommen, dass Arnes Geschichte anderen Leuten in einer ähnlichen Situation helfen könnte«, sagte ich vorsichtig. »Kein Mensch ist wie der andere.Aber ich frage mich, wieso ich damals so blind war. Ich habe nur die Leistung des Menschen Arne Hansen gesehen und konnte ihn dahinter nicht erkennen.«
    Sie nickte mit einem leichten, sarkastischen Zug um den Mund.
    »Ich will mich bald zur Ruhe setzen«, sagte ich. »Aber vorher muss ich herausfinden, was wirklich mit Arne Hansen passiert ist. Ich will die Frage beantworten, ob der Leistungssport den Mann kaputtgemacht hat.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Der Leistungssport und Arne – das gehört zusammen«, sagte sie in nüchternem Ton.
    »Das ist mein Thema«, sagte ich.
    »Glauben Sie denn, er würde das wollen?«
    Ich überlegte. Ich wusste nur, dass
ich
das wollte.
    »Und was soll daraus werden?«
    »Vielleicht überhaupt nichts. Vielleicht Klarheit. Vielleicht werden wir alle unseren Frieden mit ihm machen können.«
    Sie klopfte ungeduldig mit dem Kugelschreiber auf die Tischplatte.
    »Entschuldigen Sie bitte, ich habe jetzt keine Zeit mehr.«
    Sie stand erneut mit einem Ruck von ihrem Sessel auf und hielt mir die rechte Hand hin.
    »Moment noch«, sagte ich. Einer Eingebung folgend, zog ich den alten Reporterblock hervor, den ich vor ein paar Tagen in meinem Büro aus einem Stapel gezogen hatte. »Ich bringe es einfach nicht übers Herz, meine alten Notizen wegzuwerfen. Ich habe Berge davon. Schauen Sie: Das habe ich damals bei der WM notiert. Sie waren dabei.«
    Ich drehte den Block zu ihr, sie wich ein bisschen zurück, aber wohl hauptsächlich, weil sie keine Lesebrille trug.
    »Ist es leserlich?«
    Sie nickte. »Es ist unmenschlich«, buchstabierte sie langsam. »Schreib das, Müller.«
    Sie reichte mir den Block zurück. Im Tausch gab ich ihr meine Visitenkarte.
    Sie schwieg, ging an mir vorbei und ließ mich in dem Büro allein. Ich konnte nicht glauben, dass diese Frau,

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