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Schlagmann

Schlagmann

Titel: Schlagmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evi Simeoni
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zustande bringen können. 1,3 Sekunden vor den Rumänen kamen sie ins Ziel. Die Hupe dürfte das Einzige gewesen sein, was sie noch mitbekamen, das Zeichen aufzuhören.
    »Paco Müller«, sagte Hansen plötzlich mit träger Zunge. »Gut, dass du gerade hier bist. Ich werde dir was erzählen.«
    Das Mädchen runzelte die Stirn. Die anderen hörten auf zu grinsen, und auf einmal fiel mir Hansens Frisur auf. Blondes, strähniges, kinnlanges Haar, tiefer Haaransatz, in der Mitte gescheitelt. Kurt Cobain, dachte ich. Im Auto hatte ich sogar eine leicht rauschende Nirvana-Cassette. Ich durfte sie auf keinen Fall auf der Rückfahrt hören. Depri-Stress-Rock. Zu Hansens Zustand konnte das eigentlich nicht passen.
    Er spannte seine imposanten Muskeln an Hals und Oberarmen an, packte seinen Bierkrug und knallte ihn auf den Tisch, dass die Köpfe herumfuhren.
    »Das ist unmenschlich«, zischte er, und sein Blick wanderte wie suchend über die grünen Latten. »Unmenschlich ist das.« Es passierte nicht oft, dass Hansen mich von sich aus ansprach. Ich verstand zwar nicht, was er meinte, der neue Weltmeister, denn er war sichtlich betrunken, und das mit Recht. Aber ich fühlte mich geschmeichelt. Ich überlegte, ob ich meinen Kugelschreiber herausholen sollte, vielleicht würde ihn das Mitschreiben ja wieder verstummen lassen, aber er sagte: »Schreib das, Müller.«
    »Aber wieso denn unmenschlich?«, fragte ich vorsichtig und schrieb wie zur Ablenkung erst einmal auf meinen Block: Es ist unmenschlich. Schreib das, Müller.
    »Wieso?« Er schien weiter auf dem Tisch nach dem Sinn seiner Worte zu suchen. »Ach«, sagte er und schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Vergiss es.«
    Die anderen blieben stumm. Auch das Mädchen. Sie sah ihn nur an und versuchte vergeblich, seine Hand zu fassen. Ein paar Meter weiter auf der Partybühne drehte einer die Lautsprecher hoch, und ziemlich primitive Rockmusik übertönte alles.
    Ich überlegte hastig, was er meinen könnte. Ich schaute ihn an. Arne deutete mit dem Zeigefinger auf die Weltmeistermedailleauf seiner Brust, hob sie schließlich ungeschickt an seinen Mund und küsste sie. Dann sprang er auf, packte nun selbst die Hand seines Mädels und fing an zu tanzen, wenn man das so nennen kann. Er schüttelte seine Schultern, schlenkerte ungelenk die Arme und trat von einem Fuß auf den anderen. Die paar Dutzend Leute auf dem Platz starrten ihn an. Was für ein Typ! Ein Riese. Sein Körper schien zu leuchten. Endlich, dachte ich. Arne feiert. Es war ein goldener deutscher Rudertag. Hansen war mit dem Vierer Weltmeister geworden. Und auch der Achter hatte bei dieser Weltmeisterschaft den Titel gewonnen. Zwei große Erfolge für unsere Recken. Zeit, auf den Tischen zu tanzen. Doch die Musik brach ab.
    Arne setzte sich hin und schob sein Bierglas weg.
    Ich machte noch einen letzten Versuch, ein Gespräch zu führen.
    »Verstehe«, sagte ich. »Ich weiß, was los ist mit dir. Du wärst doch lieber der Schlagmann im Achter geblieben.«
    Er schüttelte heftig den Kopf. »Nee, das nich.«
    Mit plötzlichem Grinsen zeigte er wieder auf die Goldmedaille. Doch er sprach nicht weiter und schaute über meine Schulter hinweg. Sein Gesichtsausdruck verdüsterte sich, als ein weiterer Ruderer an den Tisch schlenderte. Er schwenkte an einem rot-weiß gestreiften Band seine eigene Goldmedaille. Ich kannte ihn. Wolfgang Alt, genannt Ali. Hansens alter Trainingspartner. Jetzt Schlagmann im Deutschland-Achter.
    »Hallo Arne«, sagte Alt, doch Hansen drehte sich weg.
    Alt hängte sich seine Medaille um, stellte sich hinter Arnes Mädchen und begann, mit seinen schwieligen Ruderer-Händen ihre Schultern zu massieren.
    »Hallo Mylady«, sagte er leise. »Willst du mir nicht gratulieren?«
    Als sie den Kopf in den Nacken legte und lächelte, standHansen auf und schien wortlos weggehen zu wollen, doch er kam nicht weit. Ein alkoholisierter Typ mit Strickmütze hatte auf der Partybühne das Mikrofon gepackt und schrie hinein.
    »Ladies and Gentlemen. Lassen Sie mich auf diesem Platz noch einmal den besten Schlagmann der Welt begrüßen, die Legende aus Deutschland: Arne Hansen.«
    Die Umstehenden klatschten, und Hansen verbeugte sich ungeschickt, er schwankte ein bisschen, aber der Blick seiner blauen Augen wirkte plötzlich wieder konzentriert, er fixierte Alt, der mit unbewegtem Gesicht neben dem Mädchen saß und zurückstarrte.
    Das Mädchen sprang auf und folgte Arne mit trippelnden Schritten. Der Mann hat

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