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Schlangen im Paradies

Schlangen im Paradies

Titel: Schlangen im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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erledigt. Sie wäre nicht die erste, die in einer solchen Lage einen Kopfsprung macht.»
    Ted zuckte zusammen. Einen Kopfsprung. Waren alle Anwäl-te so gefühllos? Und dann das Bild von Leilas zerschmetterter Leiche; die erbarmungslosen Polizeifotos. Er spürte, wie ihm am ganzen Körper der Schweiß ausbrach.
    Craig jedoch machte ein hoffnungsvolles Gesicht. «Das könn-te klappen. In Tat und Wahrheit hat die Augenzeugin gesehen, wie Ted sich anstrengte, um Leila zu retten, und als Leila hinunterstürzte, setzte bei ihm eine Bewußtseinsstörung ein. Da begann die psychotische Phase. Das erklärt auch, wieso er im Taxi unverständlich vor sich hin gefaselt hat.»
    Ted blickte durch das Fenster unverwandt auf den Ozean, der ungewöhnlich ruhig war, aber er wußte, daß die Flut bald donnernd heranrollen würde. Die Ruhe vor dem Sturm, dachte er.
    Im Augenblick haben wir eine rein klinische Diskussion. In zehn Tagen werde ich im Gerichtssaal stehen. Das Volk des Staates New York gegen Andrew Edward Winters III. «In Ihrer Theorie klafft ein großes Loch», sagte er unverblümt. «Wenn ich zugebe, daß ich in das Apartment zurückgekehrt bin und mich zusammen mit Leila auf der Terrasse befunden habe, steckte ich den Kopf in die Schlinge. Wenn die Geschworenen zu dem Schluß kommen, daß ich dabei war, sie umzubringen, wird man mich schuldig sprechen wegen vorsätzlichen Mordes.»
    «Dieses Risiko müssen Sie möglicherweise eingehen.»
    Ted kam zum Tisch zurück und begann, die aufgeschlagenen Ordner in Bartletts Aktentasche zu stopfen. Sein Lächeln war alles andere als freundlich. «Ich bin mir nicht sicher, ob ich dieses Risiko eingehen kann. Es muß eine bessere Lösung geben.
    Und die gedenke ich zu finden, koste es, was es wolle. Ich gehe nicht ins Gefängnis! »

    8
    Min seufzte genüßlich. «Das tut gut. Ich schwör dir, du hast mehr los als unsere sämtlichen Masseusen zusammengenom-men.»
    Helmut beugte sich zu ihr hinunter und küßte sie auf die Wange. «Dich zu berühren, mein Liebes, bereitet mir eben Vergnügen, auch wenn es sich nur darum handelt, deine Schultern locker zu machen.»
    Sie befanden sich in ihrer Wohnung, die den ganzen dritten Stock des Hauptgebäudes einnahm. Min, in einen weiten Kimo-no gehüllt, saß an ihrem Frisiertisch. Das schwere rabenschwar-ze Haar war nicht mehr aufgesteckt, sondern fiel ihr über die Schultern. Sie musterte ihr Spiegelbild. Eine Reklame für das Haus war sie heute gewiß nicht. Schatten unter den Augen – wie lange hatte sie diese Partie nicht mehr liften lassen? Fünf Jahre?
    Mit ihr geschah etwas, das schwer hinzunehmen war. Sie war neunundfünfzig. Bis vor kurzem hätte man ihr zehn Jahre weniger gegeben. Jetzt nicht mehr.
    Helmut lächelte ihr im Spiegel zu. Behutsam stützte er sein Kinn auf ihren Kopf. Das Blau seiner Augen erinnerte sie immer an die Färbung der Adria bei Dubrovnik, ihrer Geburtsstadt. Das lange, distinguierte, gleichmäßig gebräunte Gesicht war faltenlos, die dunkelbraunen Koteletten wiesen kein einziges graues Haar auf. Helmut war fünfzehn Jahre jünger als sie. In den ersten Ehejahren hatte das keine Rolle gespielt. Aber jetzt?
    Sie hatte ihn nach Samuels Tod in Baden-Baden kennengelernt. Die fünf Jahre, die sie sich diesem pedantischen alten Mann gewidmet hatte, waren der Mühe wert gewesen. Er hatte ihr zwölf Millionen Dollar und diesen Besitz hinterlassen. Daß Helmut ihr plötzlich Aufmerksamkeit schenkte, hatte sie nicht um den Verstand gebracht. Kein Mann wird von einer fünfzehn Jahre älteren Frau fasziniert, ohne daß er dabei ein bestimmtes Ziel im Auge hat. Anfangs hatte sie es zynisch hingenommen, daß er sie hofierte, doch nach Ablauf von zwei Wochen wurde ihr klar, wie intensiv sie sich für ihn zu interessieren begann und ebenso für seinen Vorschlag, das Cypress Point Hotel zum Kurzentrum umzubauen … Die Kosten waren beängstigend hoch, aber Helmut hatte sie beschworen, das als Investition und nicht als Ausgabe zu betrachten. Am Eröffnungstag hatte er sie gebeten, ihn zu heiraten.
    Sie seufzte tief.
    «Was ist denn, Minna?»
    Wie lange hatten sie einander im Spiegel angesehen? «Du weißt doch.»
    Er beugte sich hinunter und küßte sie auf die Wange.
    So unglaublich es klingen mochte, aber sie waren glücklich miteinander gewesen. Sie hatte es nie gewagt, ihm zu gestehen, wie sehr sie ihn liebte, aus Angst, ihm diese Waffe in die Hand zu geben, stets auf der Suche nach irgendwelchen Anzeichen von Unrast.

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