Schlangen im Paradies
hätte.
Er sagte, die Leute, mit denen ich da zusammenkäme, würden nicht mal im Traum daran denken, daß ich was mit Schreiben zu tun haben könnte, und darum würde ich vermutlich allerhand Interessantes zu hören kriegen. Als ich ihm dann erklärt hab, daß ich mein ganzes Leben lang ’n echter Kinofan gewesen bin und ’ne Menge über das Privatleben der Filmstars weiß, sagte er, ihm schwante, daß ich ’ne gute Artikelserie schreiben könnte und womöglich sogar ein Buch.»
Alvirah lächelte freudestrahlend und strich den Rock ihres purpurroten Reisekleides glatt.
«Ein Buch», fuhr sie fort und achtete darauf, direkt ins Mikrofon zu sprechen. «Ich, Alvirah Meehan. Aber wenn man an all die Prominenten denkt, die Bücher schreiben, und wie viele davon wirklich Mist sind, dann trau ich mir das schon zu.
Zu dem, was sich bisher getan hat: Ich fuhr in einer Limousine nach Cypress Point Spa, zusammen mit Elizabeth Lange. Sie ist eine hübsche junge Frau und tut mir leid. Ihre Augen schauen sehr traurig, und man merkt gleich, daß sie schwer unter Druck steht. Praktisch hat sie den ganzen Weg über von San Francisco an geschlafen. Elizabeth ist die Schwester von Leila LaSalle, sieht aber ganz anders aus. Leila hatte rotes Haar und grüne Augen. Sie konnte gleichzeitig auf Sexbombe und ganz große Da-me machen. Ich finde, Elizabeth läßt sich gut mit dem Wort ‹na-türlich› beschreiben.
Sie ist etwas zu mager, hat breite Schultern, riesige blaue Augen, honigfarbenes, schulterlanges Haar, schöne, kräftige Zähne. Ein einziges Mal hat sie gelächelt, und da wurde einem richtig warm ums Herz. Sie ist ziemlich groß – meiner Schätzung nach ungefähr einsfünfundsiebzig. Ich möchte darauf wetten, daß sie singt. Sie hat eine so angenehme Sprechstim-me, aber nicht dieser übertriebene Bühnenton, wie man ihn heute von so vielen dieser grünen Starlets zu hören kriegt. Ich vermute, man nennt die gar nicht mehr Starlets. Wenn ich mich ein bißchen mit ihr anfreunde, erzählt sie mir vielleicht ein paar interessante Einzelheiten über ihre Schwester und Ted Winters. Ich überlege mir, ob der Globe mich über den Prozeß berichten lassen will.»
Alvirah hielt inne, drückte die Rücklauftaste und spielte dann das Band noch einmal ab. Es klappte einwandfrei, der Recorder funktionierte. Vielleicht sollte sie nun etwas über ihre neue Umgebung sagen.
«Mrs. von Schreiber geleitete mich zu meinem Bungalow. Ich hätte beinahe laut gelacht, als sie das einen Bungalow nannte.
Wir haben nämlich regelmäßig einen in Rockaway Beach an der Ninety-ninth Street gemietet, direkt neben dem Vergnügungs-park. Wenn der Getränkeautomat unten im Sommer auf Hoch-touren lief, hat die ganze Bude gewackelt.
Der Bungalow hier hat einen ganz in hellblauem Chintz ge-haltenen Wohnraum, und überall verteilt liegen Perserbrücken –
handgeknüpft – ich hab nachgesehen … ein Schlafzimmer mit Himmelbett, einem kleinen Schreibtisch, einem bequemen Sessel, einer Kommode, einem Frisiertisch voller Kosmetika und allem, was man so zur Körperpflege braucht, und ein riesiges Bad mit ’ner eigenen Quecksilberdampflampe. Außerdem gibt’s noch einen Raum mit eingebauten Bücherregalen, einer echten Ledercouch, Sesseln und einem ovalen Tisch. Im Obergeschoß sind noch zwei Schlafzimmer und Bäder, die ich natürlich wirklich nicht brauche. Der schiere Luxus! Ich muß mich dauernd kneifen, ob ich nicht vielleicht träume.
Baronin von Schreiber hat mir erklärt, daß es früh um sieben mit einem flotten Spaziergang anfängt, an dem jeder Gast hier teilnehmen soll. Danach kriege ich ein kalorienarmes Frühstück im Zimmer serviert. Das Mädchen bringt gleich den Tagesplan für mich mit. Dazu gehört alles mögliche, zum Beispiel eine Gesichtsbehandlung, eine Massage, eine Kräuterpackung, ein Blitzguß – was immer das sein mag –, der Dampfstrahl, eine Pediküre, eine Maniküre und der Friseur. Das muß man sich mal vorstellen! Nachdem mich der Doktor von Kopf bis Fuß untersucht hat, kommt dann noch das Fitneßtraining dazu.
Jetzt lege ich mich noch ein bißchen aufs Ohr, und danach wird’s Zeit, sich fürs Dinner zurechtzumachen. Ich ziehe den bunten Kaftan an, den ich bei Martha’s auf der Park Avenue gekauft habe. Ich hab ihn der Baronin gezeigt, und sie sagte, er wär’ genau richtig, aber die Kristallperlenkette, die ich in der Schießbude in Coney Island gewonnen habe, sollte ich lieber weglassen.»
Befriedigt
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