Schlangen im Paradies
strahlend schaltete Alvirah den Recorder aus. Wer hat jemals behauptet, Schreiben sei schwer? Mit einem Tonbandgerät war es ein Kinderspiel. Tonbandgerät! Hastig sprang sie auf und griff nach ihrer Handtasche. Aus einem Seitenfach mit Reißverschluß nahm sie eine kleine Schachtel, die eine ro-settenförmige Anstecknadel enthielt.
Allerdings kein gewöhnliches Schmuckstück, dachte sie stolz.
In dem hier war ein Mikrofon eingebaut; der Chefredakteur hatte ihr gesagt, sie solle es tragen, um damit Gespräche aufzuneh-men. «Dann kann später niemand behaupten, Sie hätten ihn falsch zitiert.»
7
«Tut mir leid, daß ich Ihnen das zumuten muß, Ted, aber die Zeit wird knapp.» Henry Bartlett lehnte sich zurück in dem Pol-sterstuhl am Kopfende des Bibliothekstisches.
Ted spürte, wie es in der linken Schläfe hämmerte und der Schmerz über und hinter das linke Auge ausstrahlte. Er drehte den Kopf, um der durch das gegenüberliegende Fenster herein-flutenden Nachmittagssonne auszuweichen.
Sie saßen im Studio von Teds Bungalow, der in einem der zwei teuersten Unterkunftsbereiche von Cypress Point Spa lag.
Craig, der Ted schräg gegenübersaß, machte ein ernstes Gesicht, die haselnußbraunen Augen blickten sorgenvoll.
Henry hatte diese Besprechung vor dem Dinner verlangt.
«Uns bleibt nicht mehr viel Zeit», hatte er gesagt, «und solange wir uns nicht über unsere endgültige Strategie geeinigt haben, kommen wir keinen Schritt weiter.»
Zwanzig Jahre Gefängnis, dachte Ted. Das war das Urteil, das ihn erwartete. Unvorstellbar … Bei der Entlassung wäre er dann vierundfünfzig. Sämtliche alten Gangsterfilme, die er sich gern im Spätprogramm ansah, kamen ihm unvermittelt in den Sinn.
Stahlgitter, hartgesottene Gefängniswärter, in der Hauptrolle Jimmy Cagney als tollwütiger Killer. Dieses Genre schätzte er von jeher als willkommene Zerstreuung.
«Wir haben zwei Möglichkeiten», sagte Henry Bartlett. «Wir können bei Ihrer ursprünglichen Darstellung bleiben –»
«Meiner ursprünglichen Darstellung», unterbrach ihn Ted wutschnaubend.
«Lassen Sie mich doch ausreden! Sie verließen Leilas Apartment gegen zehn nach neun. Sie gingen in Ihre eigene Wohnung. Sie versuchten, Craig zu erreichen.» Und zu diesem gewandt: «Verdammt schade, daß Sie nicht abgehoben haben.»
«Ich sah mir eine Sendung an, die mich interessierte. Der Anrufbeantworter war eingeschaltet. Ich wollte dann später bei allen zurückrufen, die eine Nachricht hinterlassen hatten. Und ich kann beschwören, das Telefon hat um 21 Uhr 20 geläutet, genau wie Ted sagt.»
«Warum haben Sie denn keine Nachricht hinterlassen, Ted?»
«Weil ich es hasse, mit Maschinen zu reden, besonders mit dieser.» Er preßte die Lippen zusammen. Craigs Gewohnheit, auf seinem Anrufbeantworter einen japanischen Hausdiener nachzuahmen, reizte ihn bis zur Weißglut, auch wenn die Imitation hervorragend war. Craig konnte jeden kopieren und hätte sich seinen Lebensunterhalt als Imitator verdienen können.
«Weshalb haben Sie denn Craig nun angerufen?»
«Mattscheibe. Ich war betrunken. Vermutlich wollte ich ihm mitteilen, daß ich eine Zeitlang weggehe.»
«Das hilft uns nicht weiter. Auch wenn Sie ihn erreicht hätten, würde uns das wahrscheinlich nicht weiterhelfen. Solange er nicht bestätigen kann, daß Sie genau um 21 Uhr 31 mit ihm gesprochen haben.»
Craig schlug mit der Faust auf den Tisch. «Dann werde ich das eben sagen. Ich bin zwar gegen Meineid, aber auch dagegen, daß Ted ins Kittchen wandert für etwas, das er nicht getan hat.»
«Dafür ist es zu spät. Sie haben bereits eine Aussage gemacht.
Wenn Sie die jetzt widerrufen, verschlimmern Sie die Sache nur.» Bartlett überflog die Unterlagen, die er aus seiner Aktenmappe genommen hatte. Ted stand auf und trat ans Fenster. Er hatte vorgehabt, drüben im Kurzentrum eine Weile zu trainieren.
Aber Bartlett wollte sich nicht von dieser Besprechung abbrin-gen lassen. Seine Freiheit wurde bereits eingeschränkt.
Wie oft war er in den drei Jahren ihrer Beziehung mit Leila nach Cypress Point Spa gekommen? Acht- bis zehnmal vermutlich. Leila war gern hier. Sie hatte sich amüsiert über Mins Herrschsucht, über die Aufgeblasenheit des Barons. Sie hatte die ausgedehnten Spaziergänge an der Steilküste genossen. «Schon gut, Falke, dann geh eben zu deinem verdammten Golfspiel, wenn du nicht mitkommen willst, und wir treffen uns dann spä-
ter bei mir.» Dazu dieses aufmunternde
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