SCHLANGENWALD
unterirdischen Gang zur Müllverarbeitungsanlage gemacht. Als wir umkehren wollten, haben sie uns erwischt“, erzählte Sally.
„Wie lange bin ich schon hier?“, fragte Ricarda.
„Keine Ahnung. Kandin hat mich Freitagvormittag aus der Anlage geworfen. Er meinte, ich sei kontraproduktiv und er wolle nicht weiter die Verantwortung für mich übernehmen. Über dich sagte er, dass du anderswo einen besseren Job gefunden und deshalb die Ferienanlage verlassen hättest. Von Emilio aber weiß ich, dass du mit Kandin einen Streit hattest, und daher habe ich vermutet, dass irgendetwas nicht stimmt.“
„Nun, sie haben mir arg zugesetzt. Sie wollten unbedingt herausbekommen, ob ich die Informationen, mit denen ich Kandin konfrontiert habe, schon an andere Personenweitergeleitet hatte. Ich musste nicht einmal lügen. Es ging alles so schnell, dass ich keine Chance hatte, irgendjemanden zu kontaktieren. Ich bin in Kandins Büro eingebrochen und habe dort die verschlossenen Schränke geknackt. Es war nicht schwer.“
„Und was war mit der Kamera?“, wollte Paula wissen.
„Die war nicht eingeschaltet. Aber auch wenn sie das gewesen wäre, hätte sie mich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr abgehalten. Ich habe einige brisante Unterlagen gefunden und Kopien gemacht und wollte danach so schnell wie möglich verschwinden. Doch dann entdeckte mich dieser Spitzel Manuel. Es gelang mir noch ihm zu entwischen und im Zoo einige der Kopien zu verstecken. Doch bevor ich mich aus der Anlage stehlen konnte, haben sie mich geschnappt und Kandin vorgeführt.“ Der hatte sie anfänglich nicht ernst genommen und gedacht, dass sie nur Geld von ihm erpressen wollte. Aber als sie ihn zur Rede stellte und ihm drohte, ihn auffliegen zu lassen, rastete er aus. „Ich hatte Angst und dachte, dass er mir nichts tun würde, wenn ich ihm erzähle, dass bereits andere Leute von seinen schmutzigen Geschäften wussten. Doch das war ein Irrtum“, gab Ricarda zu. Kandin hatte sie wutentbrannt an Manuel übergeben und ihm befohlen herauszufinden, wem sie was gesagt hatte, erzählte sie weiter. Doch Ricarda nannte keine Namen. Nicht weil sie mutig war, sondern weil sie tatsächlich niemandem etwas gesagt hatte. Manuel hatte daraufhin versucht, die Namen aus ihr herauszuprügeln. Ohne Erfolg. Bereits zu diesem Zeitpunkt war Ricarda klar, dass die Männer bis zum Äußersten gehen würden. Wollte sie am Leben bleiben, musste Kandin weiterhin glauben, dass es sich für ihn auszahlte, sie zum Reden zu bringen.
„Hätte er geahnt, dass niemand außer mir etwas weiß, wäre ich wohl schon den Tieren im Urwald zum Fraß vorgeworfen worden.“ Ricarda erzählte, dass sie irgendwann ohnmächtig geworden und in diesem Raum wieder erwacht war. „Manuelkam noch einmal vorbei und verpasste mir eine Spritze. Dann weiß ich nichts mehr. Aber wie kommt es, dass auch ihr hier gelandet seid?“
Abwechselnd erzählten Paula, Sally und Blanco von ihren Befürchtungen, dass Ricarda etwas zugestoßen sein könnte, von Paulas Eindringen in die Anlage, vom Fund im Zoo und dem gemeinsamen Entschluss, den unterirdischen Raum zu suchen.
„Habt ihr die Fässer gesehen?“, wollte Ricarda wissen. Paula nickte. „Wisst ihr, was in den Fässern drinnen ist?“, fragte Ricarda.
„Wir nehmen an, dass es sich in den Fässern um giftigen Schlamm handelt, der beim Goldabbau zurückbleibt“, meldete sich Sally zu Wort.
„Exakt“, bestätigte Ricarda.
„Aber das erklärt noch immer nicht, warum die Blausäurewerte im Grundwasser schon jetzt erhöht sind. Noch sind die Fässer nicht durchgerostet“, gab Blanco zu bedenken.
Ricarda konnte das Rätsel lösen. Der Bauarbeiter, mit dem sie ins Gespräch gekommen war, hatte ihr erzählt, dass ein Fass beim Transport beschädigt worden und die giftige Substanz ausgeronnen war.
„Ich nehme an, dass das Wasser mit dem Giftschlamm in den Boden gesickert ist.“
Eine Zeit lang sagte keiner von ihnen etwas.
„Wie kommen wir hier raus?“, brach Paula das Schweigen. „Es gibt nur diese eine Tür.“
„Wir könnten ihnen auflauern. Wenn sie wiederkommen, versuche ich einen von ihnen zu überwältigen“, schlug Blanco vor.
„Und dann schießt dir der andere ein Loch in deinen klugen Kopf“, beendete Sally seine Überlegungen. „Nein, vergesst das. Mit Gewalt kommen wir hier nicht weiter. Da sind uns unsere Gegner weit überlegen. Aber ich könnte einen Herzanfall simulieren“, schlug sie vor.
„Du glaubst doch hoffentlich
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