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Schloß Gripsholm

Schloß Gripsholm

Titel: Schloß Gripsholm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Tucholsky
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mißratenes Wetter, es gibt leeres Wetter, und manchmal ist überhaupt kein Wetter. Der Regen befeuchtete mir die Lippen; ich schmeckte ihn und atmete tief: Es ist doch hier weiter gar nichts. Ferien, Schweden, die Prinzessin und Billie – aber dies ist einer jener Augenblicke, an die du dich später einmal erinnern wirst: Ja, damals, damals warst du glücklich. Und ich war es und dankbar dazu.
    Zurück.
    »Na, habt ihr gelöst?« – Nein, sie lösten noch und waren grade in eine erbitterte Streiterei geraten. »Vater der Kirchengeschichte...«, sie mußten da irgendeinen Unsinn gemacht haben, denn für dieses eine Wort hatten sie noch acht Silben übrig, darunter: e-di-son, und obgleich der ja nun viel in seinem Leben getan und seine ganze Zeit umgestaltet hat: Kirchengeschichte hatte er doch wohl nicht... »Löst das nachher!« sagte ich. »Wann nachher?« fragte Billie. »Da schlafen wir.« – »Billie schläft überhaupt heute bei mir«, sagte die Prinzessin. »Du kannst nebenan in der Kemenate schlafen!« – »Hurra!« riefen die beiden. »Macht es Ihnen etwas?« fragte mich Billie. »Aber...!« Und sie lief davon und holte ihre Sachen, jene Kleinigkeiten, die jede Frau braucht, um glücklich zu sein. »Du gefällst ihr, mein Sohn«, sagte die Prinzessin. »Ich kenne sie. Ist sie nicht wirklich nett?« Und die Prinzessin begann umzuräumen und Billies Zimmer nachzusehn, und es gab eine furchtbare Aufregung. »Wohin soll ich die Blumen stellen?« – »Stell sie auf den Toilettentisch!«
    Es war kein alter Bordeaux – aber es war ein schwerer Bordeaux. Das Zimmer lag im abgeblendeten Schein der Lampen, es war so warm und heimlich, und wir kuschelten uns.
    »Schon?« fragte ich. Die Damen wollten schlafen gehn. »Aber wenn ihr im Bett seid«, sagte ich, »dann laßt die Tür noch offen – damit ich höre, was ihr euch da erzählt!« Ich ging und zog mich aus. Dann klopfte ich. »Willst du...!« sagte die Stimme der Prinzessin. »Wird hier ehrsame Damens bei der Toilette stören! Mädchenschänder! Wüstling! Blaubart! Ein albernes Geschlecht –!« Wo aber war mein Eau de Cologne? Mein Eau de Cologne war da drin – so ging das nicht! Man ist doch ein feiner Mann. Ich klopfte wieder. Geraschel. »Ja?« Ich trat ein. Sie lagen im Bett, Billie in meinem: sie hatte einen knallbunten Pyjama an, auf dem hundert Blumen blühten, jetzt sah sie aus, wie die wilde Lieblingsfrau eines Maharadschas... sie lächelte ruhig in ihr Rätselblatt. Sie war beinah schön. »Was willst du?« fragte die Prinzessin. »Mein Eau...« – »Haben wir all ausgebraucht!« sagte sie. »Nu wein man nicht – ich kauf dir morgen neues!« Ich brummte. »Habt ihr denn fertig gelöst?« – »Wenn wir dich brauchen, rufen wir dich... Gute Nacht darfst du auch sagen!« Ich ging an sie heran und sagte artig zu jeder gute Nacht, mit zwei tiefen Verbeugungen. »Billie, was haben Sie für ein schönes Parfüm!« Sie sagte nichts; ich wußte, was es war. Das Parfüm »arbeitete« auf ihrer Haut – es war nicht das Parfüm allein, es war sie. Und sie hatte für sich das richtige ausgewählt. Die Prinzessin bekam einen Kuß, einen ganz leise bedauernden Kuß. Dann ging ich. Die Tür blieb offen.
    »Halbedelstein –«, hörte ich Billie sagen. »Halbedelstein... Laß mal: Saphir... nein. Rubin... nein. Opal... auch nicht. Lydia!« – »Topas!« rief ich aus meinem Zimmer. »Ja – Topas! Du bist ein kluges Kind!« sagte die Prinzessin. »Nun – nein, so geht das nicht – laß doch mal –« Jetzt rauften sie, die Betten rauschten, Papier knatterte... »Hiii –!« rief Billie in einem ganz hohen Ton. Etwas zerriß. »Du dumme Person!« sagte die Prinzessin. »Komm – jetzt schreiben wir das noch mal auf dies Papier... da stimmt doch was nicht! Wir haben eben falsch ausgestrichen...« – »Der Doktor Pergament kann Silbenrätsel ohne Bleistift lösen!« rief ich. Sie hörten gar nicht zu. Sie waren wohl sehr eifrig bei der Arbeit. Pause. Die Prinzessin: »Hauch... Hast du so was gesehn? Was ist Hauch?« – »Atem!« sagten Billie und ich gleichzeitig. Es war wie ein Einverständnis. Wieder raschelten sie. »Das ist ja ganz falsch! Der Inbegriff alles sinnlich Wahrnehmbaren – sinnlich Wahrnehmbaren...« Jetzt waren sie offenbar am Ende ihres Lateins, denn nun wurde es ganz still – man hörte gar nichts mehr. »Ich weiß nicht...«, sagte die Prinzessin. »Das ist bestimmt ein Druckfehler!« – »Druckfehler bei Silbenrätseln gibt es

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