Schluss mit der Umerziehung!
und Betreuerinnen zu erarbeiten.
Männer als Berater
Völlig anders als im Bereich der Kinderbetreuung stellt sich die Rolle von Männern dar, die in unserer Firma als externe Experten oder neu eingestellte Fachkräfte Führungsaufgaben begegnen. Hier kommt es bisweilen zu sehr kostspieligen und kontraproduktiven Missverständnissen. Zum einen, weil die inneren Funktionsweisen und Strukturen unserer Firma für externe Experten und Newcomer nicht auf den ersten Blick erkennbar und verständlich sind. Sie erleben vielmehr das System als ungeordnet und unsystematisch â bisher habe zwar alles irgendwie, eher aber wohl nur zufällig funktioniert, jetzt aber müsse es dringend »professionalisiert« werden. Professionalisierung wird dabei als das verstanden, was die jeweiligen Experten oder neuen Kollegen aus anderen Unternehmen kennen: mehr Zentralisierung von Entscheidungen, plausiblere Strukturen, ein klares Organigramm, mehr Analysen und Berichte, mehr langfristige Planung, Prozesse, Genehmigungsverfahren für neue Projekte. Die meisten Berater gehen davon aus, es gebe objektiv feststehende Verfahren, wie eine Firma funktionieren muss â und haben sehr groÃe Schwierigkeiten, ihr Angebot auf das bei uns gewachsene Muster passend zuzuschneiden.
Da Frauen auch in unserem Unternehmen jedoch stark zur Selbstabwertung neigen, reagieren sie auf externe Beratung oder männlichen Input entweder völlig abwehrend oder äuÃerst verunsichert. Während Erzieher in ein Umfeld eintreten, wo die weibliche Kompetenz ziemlich unbestritten ist, treten Berater und Experten bei uns sonst in Felder ein, wo nicht nur sie selbst, sondern auch die Kolleginnen der Firma mehr unbewusst als bewusst von der Ãberlegenheit des externen Konzepts ausgehen.
Unsere eigenen gewachsenen Praktiken von Führung, Personalgewinnung, im Markenauftritt, in der Budgetplanung, in der Entwicklung von Datenbanken, in der Produktentwicklung werden in den Expertisen der Berater oft nicht wirklich analysiert, reflektiert und produktiv weiterentwickelt, sondern ignoriert und beiseitegeschoben. In jeder Personentherapie oder persönlichen Beratung werden heute die Stärken des Klienten betont und auch die Tatsache, dass er oder sie ihren Weg selbst finden muss. In der Begegnung einer Firma wie der unseren mit externen Experten und Beratern schleicht sich dagegen oft von vornherein ein wohlmeinend herablassender Duktus ein. Die spezifische Dynamik eines von Frauen bestimmten Unternehmens bleibt dabei unverstanden und unerkannt.
Das liegt auch daran, dass unsere Kolleginnen selbst dies meist nicht so ausdrücken würden. Es widerspricht ihrem tiefen und legitimen Wunsch nach Anerkennung als »normales Unternehmen«, nach mehr Partnerschaft mit Männern. Die Frauen, die bei uns tätig sind, würden sich in der Regel nicht als Feministinnen bezeichnen, weder die lokalen Leiterinnen noch die Geschäftsführerin. Viele dieser Frauen hatten nicht einmal die Absicht, in einem Frauenunternehmen tätig zu werden â sie wünschten sich einfach einen Arbeitsplatz, der interessant ist, ein gutes Teamklima hat und auf ihre privaten Belange Rücksicht nimmt. Sie hatten oft sogar eher Bedenken angesichts einer überwiegend von Frauen bestimmten Arbeitswelt, fürchteten Konflikte und Konkurrenz und mochten auch auf den Reiz der Anwesenheit des anderen Geschlechts nicht verzichten Sie stellten sich einen weiblichen Arbeitsplatz einfach langweiliger vor. Es kam ganz anders.
Entscheidend für unser Unternehmen als ein Ort, der maÃgeblich von Frauen bestimmt ist, wird es in Zukunft sein, ob es gelingt, eine beide Geschlechter respektierende Balance aufrechtzuerhalten. Das bedeutet, Männern nicht quasi automatisch Ãberlegenheit zu attestieren, nur weil sie sichtbarer sind, sich manchmal stärker konzeptionell äuÃern, meist leichter die Rolle der AuÃendarstellung übernehmen und vielleicht auch mehr Zeit zur Verfügung haben als die meisten Frauen. Die latente Bereitschaft von allen Seiten, Männer stärker aufzuwerten als Frauen, ist als Gefahr stets präsent.
Ich selbst bin, je länger desto mehr der Ansicht, dass wir unsere Besonderheiten, unsere Fähigkeiten und Potenziale ebenso verstehen müssen wie das, was uns hemmt, blockiert oder lähmt, um für eine kooperative Zukunft gerüstet zu sein. Viele Bemühungen um mehr
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