Schlussblende
ziemlich breitlippig tun, weil Marla angefangen hatte, Grundierung auf ihre Haut aufzutragen. »An der rechten Schläfe wächst übrigens ein Pickel ran.«
»Prämenstrual?« fragte Marla.
»Ich hätte gewettet, daß ich die einzige bin, die so was aus einer Meile Entfernung sieht«, stichelte Betsy.
»Die Haut ist eben nicht mehr so straff«, meinte Marla. Eine der Unbarmherzigkeiten, die ihr, weil sie sich professioneller Wahrheit verpflichtet fühlte, gelegentlich herausrutschten.
»Die Anmoderation«, wandte sich Micky an ihre Freundin Betsy, »lies mir die noch mal vor.« Sie schloß die Augen, um sich besser konzentrieren zu können, was Marla Gelegenheit gab, sich mit Mickys Augenlidern zu beschäftigen.
Betsy zog ihr Klemmbrett zu Rate. »Vor dem Hintergrund der Enthüllungen in der Klatschpresse, derzufolge abermals ein junges Kabinettsmitglied im falschen Bett erwischt worden ist, beschäftigen wir uns heute mit der Frage: Was kann Frauen daran reizen, eine Geliebte zu sein?« Sie las die Namen der zu diesem Thema eingeladenen Talkgäste vor, den letzten ließ sie sich geradezu auf der Zunge zergehen. »Das wird dich besonders freuen: Dorien Simmonds, deine bevorzugte Romanautorin, im übrigen professionelle Mätresse und Verfechterin der These, es mache nicht nur eine Menge Spaß, Geliebte zu sein, sondern verrate überdies soziales Mitgefühl gegenüber den Frauen, die das eheliche Sexjoch bis zum Erbrechen ertragen haben.«
Micky kicherte. »Brillant – die gute alte Dorien. Was meinst du, ob’s irgendein Thema gibt, das sie ausläßt, wenn sich’s zu einem Buch auswälzen läßt?«
»Sie ist einfach neidisch«, sagte Marla. »Bitte, Micky, die Lippen!«
»Neidisch?« hakte Betsy nach.
»Wenn Dorien Simmonds einen Ehemann wie den von Micky hätte, käme sie nie auf die Idee, eine Lanze für außereheliche Liebschaften zu brechen«, sagte Marla überzeugt. »Sie ist doch bloß sauer, weil sie nie bei einem wie Jacko landen konnte. Wozu ich nur anmerken kann: Wer wäre das nicht?«
»Hm«, gurrte Micky.
»Hm«, äffte Betsy sie nach.
Die Publicitymaschine hatte Jahre gebraucht, um im Bewußtsein der Nation die Überzeugung zu verankern, daß Micky Morgan und Jacko Vance so unzertrennlich zusammengehörten wie … nun, wie Fish und Chips. Eine im Quotenhimmel geschlossene und daher unauflösbare Prominentenehe. Selbst die hartnäckigsten Klatschkolumnisten hatten es aufgegeben, dazwischenzufunken.
Der Witz dabei war, daß es die Angst vor Gazettenklatsch gewesen war, die die beiden ursprünglich zusammengebracht hatte. Micky hatte kurz vorher Betsy kennengelernt. Ein einschneidender Bruch in Mickys Leben, und das, als ihre Karriere gerade zu ungeahntem Höhenflug ansetzte – eine Phase, die stets den Neid lieber, aber zu kurz gekommener Kollegen weckte. Da es professionell nichts an Micky auszusetzen gab, fixierte sich die Neiderschar auf ihre persönliche Lebensführung. Seinerzeit, in den frühen Achtzigern, galten lesbische Beziehungen noch nicht als schick, im Gegenteil, sie waren der sicherste Weg, sich die Feindschaft nahezu aller zuzuziehen, einschließlich der Steuerfahndung. Nachdem sie sich in Betsy verliebt hatte, dauerte es nur ein paar Monate, bis Micky aus eigener Erfahrung wußte, wie einem gehetzten Tier zumute ist.
Sie mußte Jacko dankbar sein. Er war, als sie sich zu einer radikalen Kehrtwende entschloß, ihr Rettungsanker gewesen. Und sie waren immer noch glücklich miteinander, dachte sie, während sie zufrieden ihr Spiegelbild begutachtete.
Perfekt.
Tony Hills Blick wanderte bedächtig an der Reihe der Detectives entlang. Er war sich darüber im klaren, woran es bei ihnen hakte. Sie glaubten, sie hätten sich sehenden Auges für diesen gefährlichen Job entschieden. Gestandene Cops halten sich nie für ahnungslos, dafür bringen sie aus ihrer Zeit auf der Straße zuviel Erfahrung mit. Sie hatten alles gesehen und alles erlebt. Sie waren angepinkelt worden und hatten sich aufs T-Shirt kotzen lassen. Sie bildeten sich ein, selbst den unvorstellbarsten Horror zu kennen – den, der einen nachts aus dem Schlaf hochschrecken läßt und beten lehrt; nicht um Vergebung, sondern um Heilung. Und nun mußte er ihnen klarmachen, daß sie bei ihrer Bewerbung nicht die geringste Ahnung gehabt hatten, worauf sie sich einließen. Niemand von ihnen, ausgenommen vielleicht Paul Bishop.
Eine der als Bitte verbrämten Bedingungen, die Tony bei der Aufstellung der Gruppe
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