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Schnappschuss

Schnappschuss

Titel: Schnappschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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war – zumindest hoffte Gent das, und eine alte Verbitterung überkam ihn, als er an seine eigene Mutter denken musste, die ihm zuliebe nie auch nur das kleinste bisschen geopfert hatte. Er sah, wie die Frau vom Carport weg zu einem kleinen Gartenschuppen huschte, einem Durcheinander aus Rechen, Schaufeln, Zaunpfählen, Rasenkantenschneider und Rasenmäher – in Nathan Gents Augen sah er wie ein Victa aus, er sollte mit dem Pick-up eines Kumpels noch mal herkommen, den Kram aufladen und den Mäher für fünfzig Mäuse im Hinterzimmer des Fiddler’s Creek Pub verscherbeln.
    Na, besser nicht. Tatort, mit Polizeiband abgesperrt, die Bullen würden bestimmt wissen wollen, was er auf dem Grundstück zu suchen hatte.
    Aber Mord. Verdammt, Mittäter bei einem Mord. Um sich zu beruhigen, rieb sich Gent den Stumpf, wo früher sein rechter Ringfinger gewesen war. Eine Schiffskette irgendwo im Persischen Golf hatte ihn abgerissen.
    Dann fiel ihm wieder ein, was Vyner wegen des Diebstahls eines Wagens gesagt hatte, und insgeheim dankte er Gott für den Nebel. Und für den Ort: Das Haus lag unter Straßenniveau, die Straße selbst schlängelte sich an einem Kamm entlang, und das Gelände fiel zu beiden Seiten steil ab. Vorbeifahrende mussten schon anhalten, aussteigen und sich an das oberste Ende der Zufahrt stellen, um zu Wendeplatz und Carport hinunterschauen und Augenzeuge werden zu können. Nachbarn gab es auch keine. Aber verdammt noch mal, warum hatte er keinen Wagen geklaut ,wie Vyner gesagt hatte?
    Gent schaute zu, wie Vyner auf die Frau, die sich nun neben die Scheune kauerte, zielte und zweimal schoss. Es knallte nur leise, gedämpft von Nebel und Schalldämpfer. Dann kehrte Vyner eilig zum Wagen der Frau zurück.
    Das Kind wusste, was los war. Ein kleines Mädchen, vielleicht sechs oder sieben, sprang in seinem roten Parka aus dem Wagen, rannte los, die Locken hüpften, Vyner verfolgte sie mit der Pistole. Gent sah, wie er schoss und sie verfehlte. Sie rannte auf den Commodore zu, Gent dachte: Nein, verpiss dich, ich kann dir nicht helfen. Er streckte die Hand aus dem Fenster und scheuchte sie davon. Sie starrte ihn lange mit offenem Mund an und rannte dann in Richtung einer Reihe von Pappeln davon, die am Rande des Gartens standen. Gent sah, wie Vyner zielte und abdrückte. Nichts. Vyner glotzte die Waffe angewidert an und kehrte dann auf der Suche nach den ausgeworfenen Patronenhülsen zum Schuppen zurück. Einen Augenblick später stieg er in den Commodore und brüllte: »Na los.«
    Ich muss das Arschloch bei Laune halten, dachte Vyner. Gent hatte zu lange da rumgesessen – aber eigentlich waren es höchstens zwei Minuten gewesen. Er hoffte, dass sich der Typ nicht als Risiko herausstellte. Gent war erst Anfang zwanzig, aber er ging vor lauter Bier und Drogen schnell vor die Hunde. Ein aufgeschwemmter Kerl mit Hängeschultern, der behauptete, jede Seitenstraße auf der Halbinsel zu kennen – und wahrscheinlich auch jeden Hinterhof und jede Hintertür, dachte Vyner.
    Gent kriegte fünftausend Dollar für seinen Job und wusste, was ihn erwartete, wenn er die Schnauze nicht hielt.
    Sie kamen ans obere Ende der Zufahrt, Vyner zog das Magazin aus seiner Browning und verfluchte die Waffe. Man sollte doch annehmen, dass die Navy zuverlässige Handfeuerwaffen besitzt, schon aus Gründen der Landesverteidigung und all dem. Nicht, dass er vorgehabt hätte, diese Waffe zu behalten und als Beweisstück mit sich herumzuschleppen. Er würde das tun, was er immer getan hatte, er würde sie in einen Betonblock eingießen und ihn auf den Müllplatz einer Baustelle werfen. In dem Wandsafe in seiner Wohnung in Melbourne lagen noch zwei Browning-Pistolen von der Navy, die würde er sich heute Abend erst einmal genau anschauen und reinigen. Er wollte nicht, dass sie wieder versagten, vor allem nicht, wenn er sich selbst verteidigen musste. Beschissene Waffe. Unglücklicherweise war es zu spät, sich seine fünfhundert Dollar pro Stück zurückzuholen, der Waffenmeister bei der Navy, der sie ihm verkauft hatte, war nämlich tot. Hatte sich eine Kugel durch den Kopf gejagt.
    Vyner schraubte den Schalldämpfer ab – wenigstens der hatte funktioniert – und ließ ihn in die Innentasche seiner Jacke gleiten, dann stopfte er die Browning in eine andere Tasche, der Abzugshahn verfing sich im Stoff und riss ein Loch. Beschissenes nutzloses Teil. Vyner hatte etwas Ausgefeilteres haben wollen, eine Glock Automatik oder einen kurzläufigen

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