Schnapsdrosseln - Kriminalroman
stammelte er. Er versuchte, sich darüber klar zu werden, ob dieser stechende Brandgeruch von unten vom Dorf kam oder von Elsa Nolden ausging. Obwohl das nicht die geringste Rolle spielte.
Sie lächelte ihn an. »Nein danke, ich habe keine Zeit. Maxi wird bald aufwachen. Sie wird Hunger haben. Sie muss doch etwas essen, wissen Sie, sie hat so viel durchgemacht, das arme tapfere Mädchen!«
Jupp nickte blöd.
Elsas Blick fiel auf Pollux. »Du«, sagte sie. Eine Augenbraue hob sich. »Braver Hund. Du bist ein braver Hund. Es ist so schön, einen Hund zu haben. Ich hatte auch einen Hund. Fipsi, ein niedlicher Hund, ganz reinrassig, meine Fipsi. Sie hat die ganze Wurst gegessen. Sie mag ja Wurst so gern.« Sie lächelte versonnen, dann schien ihr etwas einzufallen. »Ich muss noch sauber machen«, sagte sie ein wenig atemlos. »Es war eine Sauerei. Aber das kommt eben vor mit Hunden. Es ist schön, einen Hund zu haben, wenn man allein lebt. Ich lebe ja nicht allein, eigentlich. Ich wohne bei meinem Sohn und bei meiner Schwiegertochter. Die Noldens? Kennen Sie Bernd Nolden, den Bauunternehmer? Er ist mein Sohn. Seine Frau ist eine geborene Hottbender. Juristin. Eine brillante Juristin. Sie arbeitet viel, sie ist so fleißig, Maxi …«
»Natürlich«, sagte er. »Frau Nolden, natürlich, ich … wir kennen uns doch.«
»Ich muss wirklich …« Elsa Nolden setzte sich in Bewegung. Ihre Schritte waren schleppend, sie konnte sich kaum auf den Beinen halten. Jupp widerstand dem Impuls, sie ziehen zu lassen. Das war mehr, als er seinem Gewissen zumuten konnte.
»Ich bringe Sie ein Stück«, sagte er, folgte ihr. Wie ein Hündchen, dachte er, denn sie nahm ihn gar nicht zur Kenntnis. Es schien sie Mühe zu kosten, zu gehen, aber sie setzte eisern Fuß vor Fuß. Jupp war heilfroh, als sie endlich am Haus ankamen.
»Sie sind ja noch da.« Sie sah Jupp an, als habe sie ihn noch nie gesehen. »Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten? Ich habe nicht viel Zeit, aber für einen Kaffee wird es reichen, nicht wahr?«
»Frau Nolden, wir müssen jetzt einen Arzt anrufen.« Nun sah er doch auf die Arme. Hautlappen begannen sich zu lösen. Ihm wurde übel. Er wollte weg, weit, weit weg. Aber er folgte ihr durch den Garten, den Weg ums Haus herum. Sie schloss die Tür auf.
Eine atemberaubende Wolke schlug ihm entgegen. Urin und Kot und etwas Saures.
»Was ist hier los?«, hörte Jupp eine Stimme hinter sich. Er fuhr herum wie ertappt. Da stand Dieter Hottbender und sah ihn vorwurfsvoll an. Sein Blick fiel auf Elsa. »Was zum Teufel …«, ächzte er. »Um Gottes willen!«
»Wir brauchen einen Krankenwagen. Sie ist nicht bei Sinnen«, sagte Jupp.
»Was für ein Unsinn!« Elsa Noldens Stimme klang erstaunlich scharf. »Ich habe nicht aufgeräumt, das ist alles. Ich hatte keine Zeit. Es war viel zu tun. Aber eine Tasse Kaffee werden Sie mit mir trinken, Herr …« Sie sah ihn fragend an, fast als wisse sie wirklich nicht, wer er war. »Fipsi wird sich freuen«, plapperte sie weiter und machte einen Schritt in den Flur.
»Elsa, hast du den Verstand verloren?« Dieter Hottbender klang eher verärgert als besorgt.
Elsa Nolden hielt inne, drehte sich um. »Entschuldigung«, sagte sie, lächelte süß. »Ich dachte, ihr kennt euch. Das ist der Vater meiner Schwiegertochter. Dieter Hottbender.« Sie trat einen Schritt auf Jupp zu, kam zu dicht. Er widerstand dem Impuls, zurückzuweichen. Pollux hingegen gab einen sonderbaren Laut von sich und entfernte sich ein Stück von der Gruppe.
»Er ist manchmal ein bisschen ruppig«, raunte Elsa. »Aber er hatte es nicht leicht. Wissen Sie, er hat sie ganz allein erzogen, Maxi. Und so einem Mädchen die Mutter zu ersetzen, das ist schwer. Ich weiß das. Ich kenne das. Bernds Vater ist auch früh von uns gegangen. Aber ich habe ihm alles beigebracht. Worauf es ankommt im Leben. Er wusste genau, was richtig und was falsch ist. Darum sind sie auch sehr glücklich, Maxi und Bernd. Aber es ist halt nicht immer einfach. Mit Kindern. Und wenn einem mal die Hand ausrutscht, dann schreien heute alle gleich Misshandlung! Dabei hat das noch keinem geschadet, wenn Sie mich fragen. Und wenn er sich so aufführt! Wie ein bockiges Kleinkind. Widerworte und dann diese Dinge … so spricht man doch nicht mit seiner Mutter! Das wird einem irgendwann zu viel, und dann rutscht einem die Hand aus, das kann wirklich mal passieren!« Sie schüttelte empört den Kopf.
»Elsa, was faselst du denn da?«, blaffte Dieter
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