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Schnapsdrosseln - Kriminalroman

Schnapsdrosseln - Kriminalroman

Titel: Schnapsdrosseln - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Trinkaus
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ihm.
    Sie gingen schnell, zu schnell für ihren Bewegungsapparat, aber sie ignorierte das Reißen in Knie und Hüfte. Der Weg zog sich endlos, das mit Graffiti beschmierte Schild, das die wundersame Welt des Naturschutzgebiets illustrieren sollte, Pferdeweide an Pferdeweide, nummerierte Apfelbäume am Wegesrand, ihr aufgeregter Geist speicherte wild und völlig beliebig Details. Um sich abzulenken von dem, was ihre Augen sahen, als Lengsdorf in Sichtweite kam. Ein unheimlicher Schein, eine dichte Rauchwolke.
    Margot begann zu rennen.
    Vor dem Hof hatte sich schon eine beachtliche Menge Schaulustiger zusammengefunden, beleuchtet vom unheilvollen Flackern. Die ersten Löschzüge standen da, Feuerwehrleute rannten hektisch umher. Die freiwillige Feuerwehr, vermutete Margot, hoffte, dass die Jungs noch kein Bier getrunken hatten.
    »Britta«, rief sie und spürte, dass Till ihren Arm packte.
    »Fall mir jetzt nicht um«, sagte er. »Bist du sicher, dass sie da drin ist?«
    Margot schüttelte stumm den Kopf.
    »Ruhig«, sagte Till. »Ganz ruhig.« Dann sagte er noch etwas, aber Margot konnte ihn nicht hören, denn es ertönten immer mehr Sirenen, mehr Einsatzwagen erschienen, kamen aus allen Richtungen. Hektische Rufe, scheinbar chaotisches Treiben, das sich dann doch zu etwas Planmäßigem entwickelte. Es ging schnell, und doch dauerte es viel zu lange.
    »Nicht weinen«, sagte Till. »Du weißt nicht, ob sie da drin ist. Ruf sie an. Los, ruf sie an!«
    Margot kramte hektisch nach dem Handy, verfluchte sich, dass sie nicht selbst auf diese naheliegende Idee gekommen war. Es tutete. Und tutete. Es tutete immer weiter.
    »Da oben«, rief ein Mann neben ihr, deutete aufs Dach. Jemand hatte das Dachfenster geöffnet, ein Kopf war zu sehen, dann schlug plötzlich eine Flamme aus dem Dach, und der Kopf verschwand. Es tutete und tutete, und Margot wehrte den Gedanken ab, dass es klingelte, da oben unter dem brennenden Dach, in diesem Moment.
    »Britta, verdammte Scheiße, wo bist du?«
    »Hier.«
    Margot fuhr zusammen, kreischte auf. Da stand sie, schräg hinter ihr, Britta, als könnte sie kein Wässerchen trüben, neben Wörner und seiner bescheuerten Kollegin. Sie wollte ihrer Freundin um den Hals fallen, griff aber ins Leere, denn Britta rannte bereits auf das brennende Gebäude zu, dicht gefolgt von Wörner. Zwei Feuerwehrleute hielten sie auf.
    »Ich muss da rein«, keuchte Britta und versuchte sich loszumachen. »Stefanie, oh Gott, Stefanie ist da drin und Louis, mein Hund, ich muss …«
    Der Feuerwehrmann packte sie an den Schultern. »Ganz ruhig«, sagte er. »Wer ist da drin. Wie viele Personen?«
    »Stefanie«, wiederholte Britta. »Stefanie und Norbert.« Sie hörte Wörners wütenden Fluch kaum. »Und zwei Hunde, Karl und Louis …« Sie sprach bereits ins Leere. Der Feuerwehrmann stürmte davon.
    Jupp war mit Pollux im Wald gewesen, als er die Sirenen gehört hatte. Zunächst hatte er sich nicht weiter gewundert, denn obwohl es sich hier im Wald nicht so anfühlte, war Bonn doch immerhin eine Großstadt. Krankenhäuser überall in der Nähe, Sirenen waren an der Tagesordnung. Allerdings verhielten diese sich anders als sonst. Sie verklangen nicht langsam, und es wurden immer mehr. Sirenen, die zu abrupt verstummten.
    Er nahm Pollux an die Leine, zerrte ihn eilig den Waldweg entlang. Der Dackel hielt wenig von der Idee, seinen Lieblingsort so überstürzt zu verlassen, und leistete wacker Widerstand. Jupp schimpfte leise auf ihn ein.
    Er dachte an Stefanie, die ihn auslachen, ihm einmal mehr sagen würde, dass es keinen Sinn hatte, einen Hund vollzureden. Er hörte auf, an sie zu denken, als er den Waldrand erreichte und die schwarze Rauchsäule sah, die mitten im Ort aufstieg.
    Die Kirche, dachte er, hoffentlich nicht die Kirche, denn obwohl er nicht sonderlich religiös oder baugeschichtlich interessiert war, hing sein Herz an dem alten trutzigen Bau, in dem er getauft worden war, zur Erstkommunion gegangen, in dem er und Hilde getraut worden waren.
    Pollux kläffte und hob die Nase. Jetzt roch Jupp den Rauch auch, giftig irgendwie.
    Es war nicht die Kirche, er sah den Turm; nicht die Kirche, aber mitten im Ort. Stefanie! Ihr Hof, das musste der Hof sein oder eines der Nachbargebäude.
    Er beschleunigte seine Schritte, rannte fast in Richtung Ort, lief am Park vorbei, weiter geradeaus, den Berg hinunter. Er nahm die Gestalt, die ihm entgegenkam, zunächst nur am Rande zur Kenntnis, registrierte, dass etwas

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