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Schnapsdrosseln

Schnapsdrosseln

Titel: Schnapsdrosseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Trinkaus
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Sprechstundenhilfe gefragt, ohne Termin könne sie leider nur akute Notfälle annehmen. Dann hatte sie ihren dicken Hintern vom Stuhl erhoben und über den Tresen geschaut. Hatte in theatralischem Erschrecken nach Luft geschnappt und Elsa dann ins Wartezimmer geschickt.
    Elsa hasste die Tierarztpraxis. Die Viecher und die Warterei, der Geruch, die ganze Stimmung. Sie rutschte nervös auf dem Stuhl herum. Wenn man bedachte, was jeder Besuch hier kostete, hätte man wirklich ein bisschen mehr Komfort erwarten können. Und diese Warterei war eine Zumutung. Sie hatte ihre Zeit schließlich nicht gestohlen!
    Der Boxer nieste, und zwei lange Schleimfäden zogen sich von seinem Maul zum Boden. Elsa verzog angewidert das Gesicht.
    Fipsi winselte leise. »Halt die Klappe«, zischte Elsa, ignorierte den strafenden Blick des Boxer-Herrchens. Der säuselte seinem Ekelvieh sicher nur Liebenswürdigkeiten in die hässlichen Schlabberohren.
    »Frau Nolden?« Die fette Sprechstundenhilfe stand in der Tür. »Sie können dann rein.«
    Elsa zerrte die widerstrebende Fipsi über den Flur ins Behandlungszimmer, nickte Frau Dr. Frings zu. Die hielt sich nicht groß mit Höflichkeiten auf, sondern ging sofort in die Hocke, um Fipsi zu begrüßen. Der Köter hechelte und japste, schien sich tatsächlich zu freuen, die Tierärztin zu sehen. Ein weiteres Indiz für seine Dummheit. Aber vielleicht benahm sich das Tier auch nur so, um Elsa zu demütigen.
    Als die Ärztin Fipsi kraulte, jaulte sie allerdings auf. Dr. Frings zog die Hand zurück, packte den Hund vorsichtig und hob ihn auf den Untersuchungstisch.
    »Um Himmels willen«, sagte sie. »Was ist denn passiert?« Sie begann vorsichtig, Fipsis Rücken zu untersuchen.
    »Sie hat ein Kind gebissen!«, sagte Elsa.
    Dr. Frings sah hoch. »Ach du liebe Zeit! Schlimm?«
    »Die Mutter will mich verklagen«, sagte Elsa. Sie wollte so schnell wie möglich erledigen, was zu erledigen war, und diesen schrecklichen Ort verlassen.
    »Hat das Kind sie so misshandelt? Gute Güte, das hat doch kein Kind getan, das kann doch nicht …«
    »Das Kind hatte einen Stock. Sie hat sich bedroht gefühlt.«
    Dr. Frings hob den Kopf. Sie kniff die Augen zusammen und sah Elsa an. »Sie waren das. Sie haben sie geschlagen.«
    Es klang nicht wie eine Frage. Elsa gefiel der anklagende Ton nicht. »Sie hat ein Kind gebissen«, wiederholte sie. »Das kann ich ihr ja nicht durchgehen lassen.«
    »Womit haben Sie sie geschlagen?« Die Stimme der Ärztin war beherrscht. Sie wandte sich kurz ab, holte eine Tube Salbe und eine Sprühflasche aus einem der Schränke. »Halten Sie sie bitte kurz fest? Ich muss die Wunden erst mal desinfizieren. Das wird ein bisschen brennen, und wir wissen ja, dass sie empfindlich ist.«
    »Sie müssen gar nichts desinfizieren«, sagte Elsa.
    »Doch, das muss ich. Ich bin Tierärztin. Ich muss den Rücken behandeln. Fipsi ist verletzt und hat Schmerzen. Deshalb sind Sie ja hier –«
    »Verdammt!«, unterbrach Elsa. Laut, zu laut. Unbeherrscht. Aber sie konnte nicht mehr. »Sie brauchen gar nichts zu desinfizieren. Es reicht mir!«
    Der Blick der Ärztin war verständnislos. Das überraschte Elsa nicht. Die Frau war noch nie besonders helle gewesen. Sie atmete konzentriert, gewann die Fassung zurück. Frau Dr. Frings begriff es offenbar tatsächlich nicht. Also musste Elsa es ihr erklären.
    Einfach erklären.
    Ganz in Ruhe.
    Der Dorfplatz war voll. Britta lenkte ihren Wagen durch die enge Uhlgasse, den Hügel hinauf und fand schließlich einen Parkplatz, der ihr und hoffentlich auch vorbeischlendernden Politessen korrekt erschien. Louis schien zu ahnen, wohin die Reise ging, denn er sprang freudig vom Rücksitz und ließ sich brav anleinen. Gemeinsam schlenderten sie den Berg hinunter.
    Links und rechts reihten sich Reste alter Höfe neben Mehrfamilienhäuser. Manche waren bunt und freundlich gestrichen, andere mit garstigen Fassadenfliesen verschandelt. Aber Britta hatte kaum einen Blick für die architektonischen Feinheiten. Noch immer verfolgte sie das leise Unbehagen. Dabei hatte sie im Grunde nie ermitteln wollen, erinnerte sie sich. Sie spielte jetzt mit offenen Karten. Nein, sie spielte überhaupt nicht mehr. Sie spielte nicht mehr mit. Sie war Britta, die ihre neue Freundin Stefanie besuchte. Sie würde mit ihr einen schönen Spaziergang machen und sich unterhalten, ganz privat. Weder Margot noch tote Hühner noch gar tote Nolden oder lebendige Wörner spielten eine Rolle.
    Dass sie

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